Die 14 Milliarden Euro Frage

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat dem Gesetzgeber vorgegeben bis zum 31.12.2019 ein Gesetz zur Neuregelung der Grundsteuer zu verabschieden. Dazu hat Bundesfinanzminister Scholz im November 2018 zwei Vorschläge vorgelegt. Zum einen ein wertunabhängiges Modell (Bayern-Modell WUM – auch Flächenmodell genannt) und zum anderen ein wertabhängiges Modell. Am 01.02. sollte nun eine Entscheidung für ein Modell fallen, damit die weiteren Arbeiten zu einem Gesetzentwurf zügig in Angriff genommen werden können.

Das wertunabhängige Modell basiert in seinen Grundzügen auf einem von Bayern und Hessen entwickelten Modell WUM. Die Weiterverfolgung dieses Modells hat Hessen längst aufgegeben (s.a. Gesetzentwurf zur Neuregelung der Grundsteuer BR-Drs. 515/16). Ob Bayern noch daran festhält kann nur Herr Söder beantworten. Einen Gesetzentwurf für das Modell WUM wurde jedoch weder vorgelegt noch angekündigt.

Scholz speckte das Modell WUM aus dem Jahr 2013 noch einmal ab und legte einen Entwurf vor, der den Kollegen in den Ländern vor Augen führen sollte, dass eine solche Wertermittlung die Vorgaben des BVerfG nicht erfüllen kann. Zur Darstellung des wertunabhängigen Modells s. mein Beitrag in NWB 10/2019 S. 652 ff. (für Abonnenten kostenfrei)

Was aber wollte Scholz wirklich: Sein wertorientiertes Modell umsetzen. Natürlich fanden alle Seiten etwas daran auszusetzen. Häufig war zu hören, es sei zu bürokratisch und zu umständlich. Die politischen Fronten waren dabei immer klar. Die meisten Länder, die SPD, Grüne und Linke und die Kommunalverbände bevorzugten ein stärker wertorientiertes Modell. Bayern und die Immobilienverbände hängen am Modell WUM (Flächenmodell). Die Gründe sind vielfältig, jede Seite bejammert eine höhere Belastung mit Grundsteuer und dies, obwohl weder ein detaillierter Modellentwurf geschweige denn ein Gesetzentwurf vorliegt. Keine Seite vermag einen begründeten, allseits verständlichen Nachweis vorzulegen. Eine Reform ist nicht ohne Belastungsverschiebungen durchführbar,

Diese sollten jedoch so gering als möglich gehalten werden. Dies ist eine Frage der Qualität des Modells.

Verständigung auf Eckpunkte zum wertabhängigen Modell?

Am 01.02.2019 hat Bundesfinanzminister Scholz nun ein überarbeitetes wertabhängiges Modell vorgelegt. Verständigen konnte man sich jedoch nur auf ein Eckpunktepapier zur Reform der Grundsteuer (Das Eckpunktepapier sieht u.a. vor, den Kommunen die Option zu erteilen, eine Grundsteuer C auf unbebaute baureife Grundstücke zu erheben. Soll eine solche Option ins Gesetz zur Neuregelung der Grundsteuer aufgenommen werden? Wie wird das unbebaute Grundstück für die Grundsteuer C definiert? (s. hierzu mein Beitrag „Grundsteuer C zur Mobilisierung von Bauland“, NWB 20/2018 S. 1450). Ferner soll die Grundsteuer A (Land- und Forstwirtschaft), wie bereits von 14 Ländern im Grundsteuergesetzentwurf 2016 (Br.-Drs. 515/16) vorgesehen, ermittelt werden. Zum weiteren Inhalt der Eckpunkte bzw. auf Kritikpunkte s. mein Beitrag in NWB 10/2019 S. 652 ff.

Der bayerische Ministerpräsident Söder hatte bereits am 31.01. angekündigt, er werde ein eigenes Modell vorlegen, weil der Vorschlag von Finanzminister Scholz nicht nur zu bürokratisch sei, sondern auch die Grundsteuer – und über die Umlage auf die Betriebskosten auch die Mieten – in Metropolen mit hohen Immobilienwerten wie München nach oben treiben würde.

Leider sagt er nicht welches Modell er vorlegen möchte. Es darf spekuliert werden: Ein ganz neues Modell, eine Neuauflage von WUM (2013) oder das Nomenklaturmodell, das von Bayern, Rheinland-Pfalz, dem Bundesfinanzministerium und Thüringen bereits 2007  (einschließlich Gesetzentwurf) erarbeitet und nie abschließend behandelt wurde?

Bundesgesetz oder Landesgesetze ?

Fast ausnahmslos (nicht nur beim BVerfG) bestand Einigkeit darüber, dass eine Neuregelung der Grundsteuer bundeseinheitlich erfolgen solle. Mit einer Ausnahme: Die bayerische Staatsregierung liebäugelt damit, die Grundsteuer – die allein den Kommunen zufließt – in die Landesgesetzgebung zu bekommen und nimmt billigend in Kauf, dass 16 unterschiedliche Grundsteuergesetze entstehen.

Wird die Grundsteuer bis 31.12.2019 reformiert?

Dass der CSU-Chef selbst in die Debatte eingriff, hat für Irritationen gesorgt. Aber so war es auch bei der Erbschaftsteuer-Intervention Seehofers. Auch damals herrschte Zeitdruck (die Grundsteuer muss bis zum Jahresende 2019 neu geregelt sein) und die Unternehmerlobby fachte ein Bedenkenfeuerwerk, wie in den vergangenen Tagen, an. Seit 1991 hat die jeweilige Bundesregierung alle Reformbestrebungen zur Grundsteuer negiert.

Auch das Erbschaftsteuerreformgesetz wurde erst am 24.12.2008 – also auf den letzten Drücker verabschiedet. Bei der Grundsteuer droht nun das Gleiche.

Dazu ist zu bemerken, dass noch niemand einen Plan für die Umsetzung in der  Bewertungspraxis (bis Ende 2024) und für die Gemeinden (Neuregelung soll aufkommensneutral gestaltet werden) vorgelegt hat.

Sollte man sich auf ein Verfahren einigen, dass zu einfach, zu pauschal gestaltet ist, wird die Grundsteuer, wie die Bedarfsbewertung für Zwecke der Erbschaftsteuer wieder beim Verfassungsgericht landen.

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