Es gibt eine Amtsermittlungspflicht und ein Verstoß hat Folgen!

An vielen Stellen gibt es eine Amtsermittlungspflicht. Doch was, wenn der einzelne Beamte dagegen verstößt? Zumindest hat man hier den Eindruck, dass die Folgen in Sachen Steuerfestsetzung oder Steuererhebung maximal marginal, wenn überhaupt vorhanden sind. Dies ist aber nicht immer so! 

In einem aktuellen Streitfall aus dem Gerichtsbezirk Berlin-Brandenburg ging es um eine solche Verletzung der Amtsermittlungspflicht und das Gericht hat sie auch geahndet. Im Streitfall hatte ein Steuerpflichtiger die gebildete Ansparrücklage (der Vorgänger des Investitionsabzugsbetrags) trotz unterbliebener Investition nicht aufgelöst. Dem Finanzamt ist dies augenscheinlich nicht aufgefallen, denn hat den Bescheid rechtskräftig werden lassen. Irgendwann bemerkte der Sachbearbeiter jedoch seinen Fehler und suchte nach der passenden Änderungsvorschrift um das Missgeschick wieder zu korrigieren. Der Beamte plädierte für § 173 der Abgabenordnung. Danach können Bescheide geändert werden, soweit dem Finanzamt Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Die Argumentation des Beamten daher: Er wusste ja schließlich nicht, dass eine Investition unterblieben ist. Dies hat er erst nachträglich erfahren.

So einfach sah es aber das Finanzgericht (Az: 10 K 10167/11) nicht! Es entschied: Wusste das Finanzamt um die Bildung der Ansparrücklage und konnte es aus den vorgelegten Anlagenverzeichnissen erkennen, dass keine Anschaffungen in der Größenordnung der gebildeten Rücklage vorgenommen worden waren, so bestand Anlass, zumindest Rückfrage wegen der Auflösung der Rücklage beim Steuerpflichtigen zu nehmen. Unterlässt es dies, so überwiegt das Verschulden des Finanzamts an einem nachträglichen Bekanntwerden der unterbliebenen Auflösung ein etwaiges Mitverschulden des Steuerpflichtigen mit der Folge, dass eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ausgeschlossen ist.

Ganz so einfach kann es sich der Fiskus also nicht machen. Er muss auch selber tätig werden und kann sich nicht auf den Standpunkt stellen, von nichts gewusst zu haben.

Zugegebener Maßen ist das Urteil noch zur früheren Ansparabschreibung ergangen. Dennoch: Die Grundsätze der Entscheidung dürften nicht nur auf den Investitionsabzugsbetrag übertragbar sein, sondern auch auf andere steuerliche Gegebenheiten, bei denen sich aus dem Akteninhalt des Finanzamtes weitere Ermittlungsmaßnahmen aufgedrängt haben. Leider hat jedoch der BFH noch das letzte Wort, denn nun ist der Fiskus tätig geworden und hat Revision (Az: X R 21/15) eingelegt. Es muss also noch gehofft werden, dass der BFH die Amtsermittlungspflicht nicht aushöhlt.

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