Falscher Mehrwertsteuerausweis – Muss die Differenz zurückgezahlt werden?

Wird in einer Rechnung zu viel Mehrwertsteuer ausgewiesen, kann der Steuerbetrag berichtigt werden. Die bis dahin geschuldete Extra-Steuer wird dann vom Finanzamt erlassen bzw. erstattet. Doch muss dem Kunden diese Differenz zurückgezahlt werden? Ein Beitrag in der aktuellen NWB-Ausgabe gibt Anlass zur Klarstellung.

Die typische Fallkonstellation ist in der Praxis häufiger zu beobachten: der Unternehmer erbringt eine Leistung zum Preis von 119 € inkl. 19 % Mehrwertsteuer, welchen der Kunde auch entrichtet. Später stellt sich heraus, dass die Leistung tatsächlich steuerbefreit war. Der Unternehmer berichtigt den Steuerbetrag von 19 € und erhält diese vom Finanzamt erstattet. Bleibt die Frage: müssen jetzt – ggf. schon vor der Erstattung durch das Finanzamt – dem Kunden 19 € zurückgezahlt werden?

Entgegen einer weit verbreiteten Meinung ist die Frage im Grundsatz klar zu verneinen. Der Kunde hat bei geänderten steuerlichen Verhältnissen generell keinen Erstattungsanspruch. Denn zivilrechtlich sind Preise – vorbehaltlich einer besonderen Vereinbarung – stets Bruttopreise. Sie schließen die Mehrwertsteuer in der gesetzlichen Höhe. Ob diese 0 % oder 19 % beträgt, ändert am vereinbarten Bruttopreis nichts. Auch die Finanzverwaltung erkennt das an, wenn es im Umsatzsteuer-Anwendungserlass heißt:

„Wurde ein zu hoch ausgewiesener Rechnungsbetrag bereits vereinnahmt und steht dem Leistungsempfänger aus der Rechnungsberichtigung ein Rückforderungsanspruch zu, ist die Berichtigung des geschuldeten Mehrbetrags erst nach einer entsprechenden Rückzahlung an den Leistungsempfänger zulässig.“

Anderenfalls wäre es für den Unternehmer auch überaus unzweckmäßig, rückwirkend zu einer Steuerbefreiung überzugehen. Denn dann würde er den Steuervorteil auf der Ausgangsseite an den Kunden verlieren und den Vorteil auf der Eingangsseite (Vorsteuerabzug) an das Finanzamt. Daher sei es nochmal in aller Deutlichkeit gesagt: Ein überhöhter Steuerausweis muss grundsätzlich nicht an den Kunden erstattet werden. Voraussichtlich erhält der Bundesfinanzhof demnächst Gelegenheit zur Stellungnahme (Aktenzeichen des anhängigen Verfahrens: XI R 28/16).

Weitere Informationen:

 

Ein Beitrag von:

  • Matthias Trinks

    • Rechtsanwalt, Partner der txt AG Rechtsanwaltsgesellschaft (txt.de)
    • Lehrbeauftragter für Steuerrecht an öffentlichen und privaten Hochschulen
    • Mehrere hundert Veröffentlichungen in der Fach- und Tagespresse
    • Fokus: Umsatzsteuer und Internationales Steuerrecht

    Warum blogge ich hier?
    Egal wie lange und tief man in eine juristische Materie eintaucht – so richtig durchdringen wird man das Thema wohl nie. Und da bietet dieser Blog genau den richtigen Ort zum anregen, austauschen, loben, kritisieren und nachfragen. Gesprächsstoff ist bereits reichlich vorhanden. Und das ein oder andere interessante Thema haben Gesetzgeber, Gerichte und Verwaltung vermutlich auch schon in der Hinterhand.

Kommentare zu diesem Beitrag:

  • Christian Herold

    Danke für den Hinweis. Ich war nach der Lektüre des Beitrages etwas verunsichert.

  • Verwirrend ist allenfalls, was ein verwirrter Finanzbeamter in einem ungewöhnlichen Einzelfall von sich gibt. Die Rechtslage an sich ist äußerst klar, vom FG Münster (Vorinstanz zu BFH XI R 28/16) in aller Deutlichkeit erläutert worden und wird sogar von der Finanzverwaltung im allgemeinen anerkannt (Abschnitt 14c.1 Abs. 5 Beispiel: „Diese Rechnungsberichtigung ist für Zwecke der Berichtigung des Steuerbetrags auch ohne Rückgewähr des Entgelts anzuerkennen.“)

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