Gar nicht mehr so leicht einen Abschlussprüfer zu finden (Teil 1)

Die jüngste Reform der Abschlussprüfung erfolgt auf zwei Ebenen. Zum einen sind für sämtliche gesetzliche Abschlussprüfungen die Vorgaben der europäischen „Abschlussprüfungs-Richtlinie“ in deutsches Recht umgesetzt worden. Zum anderen ist bei der Prüfung von Unternehmen von öffentlichem Interesse die europäische „Abschlussprüfungs-Verordnung“ (AP-VO) direkt zu beachten. Hier haben sich einige Neuerungen gerade für die Übernahme des Mandats ergeben. In einem früheren Blog war diesbezüglich schon zur Frage der Vereinbarkeit von Prüfung und Steuerberatung berichtet worden. Zahlreiche weitere Fragen ergeben sich gerade im Hinblick auf den Auswahlprozess und die Übernahme eines neuen Mandats.

Nach der AP-VO legt der Prüfungsausschuss dem Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan des geprüften Unternehmens bei Neuausschreibungen bzw. Prüferwechsel eine Empfehlung für die Bestellung von Abschlussprüfern oder Prüfungsgesellschaften vor (Art. 16 Abs. 2 AP-VO). Die Empfehlung muss begründet werden, mindestens zwei Vorschläge enthalten und eine Präferenz muss ebenfalls begründet werden. Die AP-VO verlangt für das Auswahlverfahren die Beachtung folgender Anforderungen:

  • Es können zwar grundsätzlich beliebige Prüfungsgesellschaften zur Angebotsabgabe aufgefordert werden. Jedoch dürfen keine Prüfungsgesellschaften berücksichtigt werden, bei denen die Höchstlaufzeit für ein Mandat erreicht ist.
  • Um kleinere Prüfer in den Auswahlprozess einzubeziehen darf die Teilnahme von Prüfungsgesellschaften, die im vorausgegangenen Kalenderjahr in dem betreffenden Mitgliedstaat weniger als 15 % der von Unternehmen von öffentlichem Interesse gezahlten Gesamthonorare erhalten haben, an dem Ausschreibungsverfahren nicht ausgeschlossen werden.
  • Die Ausschreibungsunterlagen müssen die Geschäftstätigkeit des geprüften Unternehmens und die Art der durchzuführenden Abschlussprüfung verdeutlichen und transparente, diskriminierungsfreie Auswahlkriterien für die Bewertung der Angebote enthalten.
  • Etwaig von der zuständigen Behörde verlangte Qualitätsstandards sind in die Ausschreibungsunterlagen aufzunehmen.
  • Die Angebote sind anhand der in den Ausschreibungsunterlagen festgelegten Auswahlkriterien zu beurteilen. Das zu prüfende Unternehmen erstellt einen Bericht über die im Auswahlverfahren gezogenen Schlussfolgerungen, der vom Prüfungsausschuss zu validieren ist. Zu berücksichtigen sind auch alle Erkenntnisse oder Schlussfolgerungen aus veröffentlichten Kontrollberichten zu Inspektionen der Bieter.
  • Das geprüfte Unternehmen kann das Auswahlverfahren zwar frei gestalten und im Laufe des Verfahrens direkte Verhandlungen mit interessierten Bietern führen. Der zuständigen Behörde muss jedoch die faire Durchführung des Auswahlverfahrens dargelegt werden können.

Soll die Laufzeit eines Mandatsverhältnisses über 10 Jahre hinaus auf bis zu 20 Jahre verlängert werden, ist ein öffentliches Ausschreibungsverfahren durchzuführen, das den Anforderungen genügen muss. Für diesen Blog soll es erst einmal gut sein, um Sie nicht mit Brüsseler Vorstellungen eines regulierten Abschlussprüfungsmarktes zu überfordern. Konkrete Auslegungsfragen werden im nächsten Blog adressiert werden.

Weitere Hinweise:

Abschlussprüfung und Steuerberatung

VERORDNUNG (EU) Nr. 537/2014 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 16. April 2014 über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse und zur Aufhebung des Beschlusses 2005/909/EG der Kommission, Amtsblatt der Europäischen Union v. 27.5.2014, L 158/77

EU-Regulierung der Abschlussprüfung – IDW Positionspapier zur Ausschreibung der Abschlussprüfung für Unternehmen von öffentlichem Interesse (Stand: 30.05.2016)

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