Geschäftsführeranstellung und Ruhegehalt: Würden auch Richter auf die Pension verzichten?

In der Praxis sind die Fälle relativ häufig anzutreffen, in denen ein GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer auch bei Eintritt des Pensionsalters noch weiter tätig sein möchte. Hier stellt sich regelmäßig die Frage, ob und inwieweit dann das Ruhegehalt neben den aktiven Bezügen gezahlt werden darf.

Insoweit gelten nach wie vor das BMF-Schreiben vom 18.09.2017 (IV C 6 – S 2176/074/10006, BStBl 2017 I S. 1293) und das BFH-Urteil vom 23.10.2013 (I R 60/12, BStBl 2015 II S. 413): „In der Auszahlungsphase der Pension führt die parallele Zahlung von Geschäftsführergehalt und Pension – sowohl bei einem beherrschenden als auch bei einem nicht beherrschenden – Gesellschafter-Geschäftsführer zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, soweit das Aktivgehalt nicht auf die Pensionsleistung angerechnet wird.“

Ich habe mir das Urteil, das wiederum eine ältere Entscheidung aus dem Jahre 2008 bestätigt (BFH 05.03.2008, BStBl 2015 II, 409) kürzlich noch einmal anschauen „müssen.“ Aus meiner Sicht handelt es sich – auch – hier um ein Urteil, bei dem der BFH die wirtschaftliche Realität nicht hinreichend berücksichtigt oder aber – um es vorsichtig auszudrücken – seine Hypothesen zum ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführer nicht hinreichend empirisch untermauert.

Hier zwei Zitate aus dem Urteil:

„Denn auch wenn die Altersrente Teil des Entgelts für die geleistete Arbeit und sie als solche, was die Vergangenheit anbelangt, „erdient” worden ist, so soll sie doch gleichwohl in erster Linie zur Deckung des Versorgungsbedarfs beitragen, regelmäßig also erst beim Wegfall der Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis einsetzen.“

Und weiter:

„Der Senat hält daran fest, dass sich der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter an dieser typischen Sichtweise im Rahmen des hier anzustellenden hypothetischen Fremdvergleichs orientieren und dadurch verhindern wird, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer die GmbH als beliebige Quelle sowohl einer Altersversorgung als auch einer laufenden Tätigkeit „benützt”.“

Ich frage mich: Wer ist denn eigentlich der hypothetische Geschäftsführer? Wo finde ich ihn und wo kann ich ihn befragen? Welche Studien liegen der Annahme des I. Senats zugrunde? Nun bin ich zudem etwas ketzerisch: Viele Richter sind im Ruhestand noch weiter tätig und beziehen durchaus üppige Honorare als Rechtsanwälte, Referenten oder Gutachter. Ziel der Beamten- und Richterpensionen ist die Alimentierung, also in erster Linie die Deckung des Versorgungsbedarfs (Erkennen Sie die Parallelität?).

Nach der Lesart des I. Senats des BFH müsste der (ehemalige) Dienstherr die Beamten- und Richterpensionen gleichermaßen kürzen, wenn diese aufgrund der (Neben-)Einkünfte im Ruhestand für die Versorgung nicht „benötigt“ werden. Das verlangt natürlich niemand. Warum aber soll der „ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter“ anders handeln? Mir jedenfalls erschließt es sich nicht.

Pensionen – auch der GmbH-Geschäftsführer – sind erdient. Es besteht aus meiner Sicht kein Anlass, diese zu kürzen, wenn der Geschäftsführer auch im Pensionsalter weiter tätig ist. Der I. Senat des BFH und das BMF sind aber – wie erwähnt – anderer Meinung. Ich bin gespannt, ob die für diese Haltung Verantwortlichen auch einer Kürzung der eigenen Pensionsansprüche zustimmen würden.

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Ein Kommentar zu “Geschäftsführeranstellung und Ruhegehalt: Würden auch Richter auf die Pension verzichten?

  1. 1. Der Vergleich mit den Richtern passt nicht, denn wenngleich es bei Ruhestandsbeamten keine Ablieferungspflicht hinsichtlich der Einkommen aus Nebentätigkeiten gibt, so findet eine Anrechnung auf die Versorgungsbezüge statt.

    2. Spontan wollte ich Schreiben: die Rechtsprechung widerspricht zudem der Wertung in der GRV, in der neben einer Altersrente ebenfalls unbegrenzt hinzuverdient werden kann.
    Aber: das gilt erst ab der Regelaltersgrenze. Diese stellt in der GRV typisiert den Zeitpunkt dar, an dem die Erwerbsfähigkeit entfällt und stattdessen der Einkommensersatz Rente geleistet wird. Typisiert deshalb, weil bei der großen Anzahl von Rentenübertritten eine Einzelfallprüfung unmöglich ist.
    Ich weiß nicht, wie es sich denn bei besagten geschäftsführenden Gesellschaftern verhält. Einen typisierten Stichtag dürfte es da doch wohl nicht geben, sondern eine Einzelvereinbarung im GF-Vertrag? Dann könnte man tatsächlich vorhalten: entweder ist er noch erwerbsfähig (dann Aktivgehalt) oder eben nicht (dann Pension); beides gleichzeitig erscheint widersprüchlich.

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