Geschäftsveräußerung im Ganzen bei Hotelimmobilien – viele, viele Stolpersteine

Fälle, in denen zu beurteilen ist, ob eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt, erinnern mich ein beliebtes Ratespiel, das zumeist samstags auf meinem „Haussender“ WDR 2 zu hören ist: Es wird eine Radioreportage eines Fußballspiels aus der Vergangenheit abgespielt und beim Torschuss eines Spielers angehalten. Der Hörer muss dann raten, ob der Schuss zu einem Tor geführt hat oder nicht. Zumeist wird tatsächlich nur geraten und eher selten ist sich ein Hörer sicher. Mir geht es bei Abgrenzungsfragen rund um § 1 Abs. 1a UStG ähnlich.

Ich möchte Ihnen kurz ein aktuelles Urteil des FG Köln vorstellen, das kürzlich rechtskräftig geworden ist. Die Lösung gibt es aber erst später. Zuerst dürfen Sie raten. Hier ist der Sachverhalt etwas verkürzt und leicht abgewandelt:

Ein Geschäftsgrundstück inklusive Hotelinventar wurde bis Ende 2014 zum Zwecke eines Hotelbetriebs verpachtet. Nach Kündigung durch die Pächterin stand die Immobilie leer. Rund eineinhalb Jahre später wird die Immobilie verkauft, und zwar an die M-GmbH. Das Inventar wird zeitgleich an die Betreibergesellschaft M1-GmbH veräußert. Die M-GmbH schließt unmittelbar nach dem Eigentumsübergang einen Mietvertrag mit der M1-GmbH, die den Hotelbetrieb wieder aufnimmt. Der Vorgang dürfte in dieser oder einer ähnlichen Form durchaus häufiger vorkommen.

Nun, was meinen Sie? Liegt eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor? Ich spanne Sie noch ein wenig auf die Folter und weise Sie auf das BFH-Urteil vom 6.5.2010 (V R 25/09) hin, wonach ein Grundstücksverkauf „ohne Mietvertrag“ bei sofortigem Abschluss eines neuen Mietvertrags durchaus als Geschäftsveräußerung im Ganzen gewertet werden kann. Voraussetzung ist das Vorliegen eines Gesamtplans.

Hier kommt die Auflösung des Kölner Falles: Das FG verneinte im Urteilsfall – ebenso wie das Finanzamt – eine Geschäftsveräußerung im Ganzen. Entscheidend war, dass die M-GmbH im Veräußerungszeitpunkt letztlich nur ein Hotelgrundstück ohne vorhandene Miet- oder Pachtverträge erworben hat. Die M1-GmbH wiederum war im Zeitpunkt des Erwerbs des Hotelinventars nicht Mieterin oder Pächterin des Hotelgrundstücks nebst Gebäude. Eine Gesamtbetrachtung des Vorgangs, also eine Zusammenrechnung der Aktivitäten der M-GmbH und der M1-GmbH, schied aus. Die Nichtanerkennung als Geschäftsveräußerung im Ganzen führte zu einer Vorsteuerberichtigung gemäß § 15a UStG (FG Köln, Urteil vom 15.9.2020, 8 K 2974/18).

Ganz sicher waren sich die Richter aus Köln allerdings nicht, denn da die Gesamtplanrechtsprechung des BFH weitere Fragen aufgeworfen hätte, sei die Revision zuzulassen. Diese wurde aber nicht eingelegt.

Das Urteil zeigt meines Erachtens erneut, wie schwierig die Unterscheidung zwischen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen und einem reinen Grundstücks- oder Inventarverkauf sein kann. Deshalb ist in ähnlichen Fällen zu empfehlen, im notariellen Kaufvertrag vorsorglich eine – bedingungslose – Option zur Steuerpflicht für den Fall vorzusehen, dass das Finanzamt den Vorgang nicht als Geschäftsveräußerung im Ganzen beurteilt.

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