Gewerbemiete: Schließung wegen Corona-Pandemie rechtfertigt fristlose Kündigung!

Ein Mieter/Pächter von Gewerberäumen, der durch eine zwangsweise Schließung seines Betriebs durch Pandemiebekämpfungsmaßnahmen betroffen ist, kann außerordentlich kündigen, hat das LG Kaiserslautern ganz aktuell entschieden (v. 3.4.2021 – 4 O 284/20).

Was bedeutet diese Entscheidung, die über den Einzelfall hinaus bundesweit für Miete und Pacht von Gewerberäumen in der Corona-Krise von Bedeutung hat, in der Praxis?

Sachverhalt und Entscheidung

Ein Vermieter eines Restaurants hatte seinen Mieter auf Zahlung von rückständiger Miete verklagt, weil der Mieter im April 2020 fristlos gekündigt hatte. Der Mieter gab als Kündigungsgrund an, dass er seinen Betrieb wegen der Corona-Pandemie schließen musste. Der Vermieter wollte dies nicht hinnehmen: Der Mieter habe die Möglichkeit des Straßenverkaufs oder der Inanspruchnahme staatlicher Corona-Hilfen gehabt.

Das LG Kaiserslautern hat geurteilt, dass nach § 543 Abs. 1 BGB jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen kann. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen, die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Die außerordentliche Kündigung war gemäß §§ 581 Abs. 2, 543 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 BGB durch die wegen der Corona-Pandemie erfolgte Untersagung des Gaststättenbetriebs gerechtfertigt: Denn auch behördliche Gebrauchshindernisse und -beschränkungen des vertragsgemäßen Gebrauchs können einen Mietmangel begründen.

Diese Voraussetzung ist regelmäßig erfüllt, wenn die zuständige Behörde die Nutzung der Mieträume durch ein rechtswirksames und unanfechtbares Verbot untersagt hat. Jedenfalls teilweise war der vertragsgemäße Gebrauch aufgehoben (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB), weil der Gaststättenbetrieb mit Beginn der Corona-Pandemie zunächst nur eingeschränkt möglich, seit November 2020 dann vollständig untersagt war und bis heute nicht absehbar ist, wann die Einschränkungen wieder wegfallen.

Einordnung und Bedeutung für die Praxis

Wie bereits eingangs erwähnt, ist diese Entscheidung bundesweit für Miete und Pacht von Gewerberäumen in der Corona-Krise von Bedeutung. Durch die Lockdown-Beschlüsse auf Bundesebene wurden ab dem 2.11.2020 durch Verordnungen auf Länderebene alle Gastronomiebetriebe geschlossen, und nicht nur diese. Die Entscheidung ist deshalb nicht nur für das Gastgewerbe wichtig, sondern auch für alle anderen von behördlichen Schließungsanordnungen betroffenen Wirtschaftszweige, bei denen Geschäftsräume gemietet bzw. gepachtet sind.

Behördliche Gebrauchshindernisse und -beschränkungen können bei Gewerberäumen die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch in einer Weise aufheben, dass sie einen Mangel begründen (BGH v. 02.12.2016 – XII ZR 153/15). Ein Mangel liegt dabei nur dann vor, wenn der Mieter durch die öffentlich-rechtliche Beschränkung in seinem vertragsgemäßen Gebrauch auch tatsächlich eingeschränkt wird (BGH v. 16.9.2009 – VIII ZR 275/08). Diese Voraussetzung ist aber regelmäßig  erfüllt, wenn die zuständige Behörde die Nutzung des Mietobjekts durch ein rechtswirksames und unanfechtbares Verbot bereits untersagt hat (BGH v. 20.11.2013 – XII ZR 77/12).

Hieran ändert auch die Möglichkeit der Inanspruchnahme staatlicher Corona-Hilfen nichts. Denn diese sind eine staatliche Billigkeitsleistung, auf die kein klagbarer Rechtsanspruch besteht. Im Übrigen fallen bei der Bemessung der Wirtschaftshilfen Miet- und Pachtkosten nach erfolgter außerordentlicher Kündigung als berücksichtigungsfähiger Fixkostenblock weg, berühren also das Kündigungsrecht nicht.

Das außerordentliche Kündigungsrecht wird auch nicht durch Art. 240 § 7 EGBGB (Gesetz vom 22.12.2020 (BGBl 2020 I S. 3328, 3332) ausgeschlossen, der rückwirkend für alle Miet-/Pachtverhältnisse gilt, die seit Frühjahr 2020 von Corona-Schließungsanordnungen betroffen sind. Danach wird durch Corona-Bekämpfungsmaßnahmen eine Störung der Geschäftsgrundlage von Gewerberaummietverhältnissen begründet wird mit der Folge, dass eine Anpassung des Mietzinses in Betracht kommt (OLG Dresden v. 24.2.2021 – 5 U 1782/20; a.A. OLG Karlsruhe v. 24.02.2021 – 7 U 109/20). Die Rechtsinstitute der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) und der außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund (§ 543 BGB) haben aber jeweils eigene Voraussetzungen und schließen sich nicht gegenseitig aus.

Fazit

Mieter/Pächter von Gewerberäumen, die wegen coronabedingter längerer Schließungsmaßnahmen in wirtschaftliche Bedrängnis kommen, sollten also (mit anwaltlicher Hilfe) prüfen, ob eine Reduzierung des Miet-/Pachtzinses in Betracht kommt oder aber gar eine außerordentliche (fristlose) Beendigung des Miet-/Pachtverhältnisses.

Quellen

LG Kaiserlautern v. 3.4.2021 – 4 O 284/20: ibr-online: LG Kaiserslautern, 03.04.2021 – 4 O 284/20 (ibr-online.de)


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