Habe ich jetzt ein Schwarzbrot gekauft? Praktische Skurrilitäten rund um die Kassenbonpflicht

Seit 1.1.2020 gilt für Gewerbetreibende mit elektronischen Kassensystemen eine Kassenbonpflicht. In der Anwendungspraxis zeigt sich allerdings schon nach wenigen Wochen ein Chaos ab. Gewerbetreibende beklagen den Aufwand und vermeidbaren Abfall, Verbraucher legen keinen Wert auf einen Kassenbon. Zeit, dass der Gesetzgeber umgehend das Gesetz nachbessert!

Hintergrund

Mit der bereits Ende 2016 beschlossenen Kassenbonpflicht will der Gesetzgeber Steuerbetrug über Mogelkassen verhindern. Vor allem im Handel und in der Gastronomie gilt: Der Staat verliert Jahr für Jahr hohe Steuereinnahmen, weil Unternehmen ihre Umsätze mit manipulierten Kassen, manipulierter Software oder auch fingierten Rechnungen gar nicht oder jedenfalls falsch erfassen.

Mit dem Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen (Kassenmanipulationsschutzgesetz vom 28.12.2016, BGBl 2016 I S. 3152) wurde u.a. eine Belegausgabepflicht (§ 146a Abs. 2 S.1 der Abgabenordnung (AO) ab dem 1.1.2020 eingeführt. Einzelheiten ergeben sich aus der Kassensicherungsverordnung – KassenSichV (i.d.F vom 26.9.2017, veröffentlicht am 6.10.2017, BGBl 2017 I S. 3515). Die KassenSichV regelt im Einzelnen die Anforderungen an elektronische Aufzeichnungssysteme, die Protokollierung und Speicherung digitaler Grundaufzeichnungen, Anforderungen an die technischen Sicherheitseinrichtungen. § 6 KassenSichV enthält die Pflichtangaben für einen Kassenbeleg, etwa Name und Anschrift des leistenden Unternehmers, Belegdatum, Art und Menge der Lieferung oder Dienstleistung, Entgelt und Umsatzsteuerbetrag sowie die Seriennummer des elektronischen Aufzeichnungssystems.

Ein Beleg kann in Papierform oder mit Zustimmung des Belegempfängers auch elektronisch in einem standardisierten Datenformat ausgegeben werden (§ 6 S. 3 KassenSichV); der Beleg als solcher ist aber Pflicht.

Kassenbonpflicht in der Praxis

In der Anwendungspraxis der neuen Kassenbonpflicht zeigt sich allerdings schon nach wenigen Wochen Widerstand. Die Gewerbetreibenden beklagen eine Kostenexplosion für Belege, die keiner will. Elektronische Kassensysteme erfordern den Einsatz von kostspieligem Thermopapier, das überdies nur als Sondermüll entsorgt werden kann – Müllberge statt nachhaltigem Beitrag zum Schutz von Ressourcen und Umwelt.

Die Verbände beklagen einen immensen Kostenanstieg und einen Milliardenberg an ungewollten Belegen allein im Bäckereihandwerk. Ein Rentner, der in der Bäckerei ein Weißbrot kauft, jedoch die Mitnahme des Belegs verweigert, fragt verzweifelt, ob denn nun ein „Schwarzbrot“ gekauft und der Steuerhinterziehung Vorschub geleistet habe.

Neue Gesetzesinitiative im Bundestag

Auf die heftige Kritik von Verbänden, Gewerbetreibenden und Verbrauchern hat die FDP bereits im Dezember 2019 mit einer Gesetzesinitiative im Bundestag reagiert (BT-Drs. 19/15768 vom 19.12.2019). Ziel des Antrags ist eine Änderung von § 146a Abs. 2 AO. Danach soll rückwirkend zum 1.1.2020 eine Erleichterung bei Befreiungsanträgen von der Kassenbonpflicht eingeführt werden, die Gewerbetreibende beim Finanzamt beantragen müssen. An diesem Donnerstag nun (30.1.2020) steht der FDP-Antrag im Bundestag zur Abstimmung.

Warten wir gespannt ab, ob der Gesetzgeber Einsicht und Nachsicht zeigt – ich melde mich am Freitag wieder.

Weitere Informationen:

Weitere Materialien zur Kassenführung finden Sie auf unserer Themenseite (nwb.de)

 

 

3 Gedanken zu “Habe ich jetzt ein Schwarzbrot gekauft? Praktische Skurrilitäten rund um die Kassenbonpflicht

  1. Mir ist der Sinn und Zweck der Bonpflicht nicht ganz klar. Die Finanzverwaltung könnten doch ebensogut im Rahmen einer Kassennachschau einen verdeckten Kauf tätigen und am selben Tag im Kassensystem prüfen, ob selbiger auch ordnungsgemäß aufgezeichnet wurde. Unter der Kunde kann je nach bedarf einen Kassenzettel anfordern, wenn er diesen beispielsweise für seine Steuer oder seine Buchhaltung benötigt. Wo ist der Mehrwert der aktuell laufenden Vorgehensweise?

    • Hallo Herr Deschner,

      Ich stimme Ihnen zu: auch mir erschließt sich der zusätzliche Mehrwert der Kassenbonpflicht nicht. 6 ABS. 3 der KassensicherungsV ordnet ja die Pflicht des Gewerbetreibenden zur Bonausgabe an – entweder haptisch auf Thermopapier oder digital aufs Handy des Kunden wenn dieser zustimmt. Im Ausland ist‘s ja noch schlimmer: in Italien muss der Kunde den Bon mitführen und kann auf der Straße kontrolliert werden – was für ein Quatsch!

      Morgen ist das Thema ja im Bundestag. Mal sehen ob sich die FDP mit dem Vorschlag durchsetzt, Erleichterungen bei der Befreiung von der Kassenbonpflicht unmittelbar in 146a AO zu verankern. Das wäre wenigstens ein Anfang…

      Wir bleiben dran!

      Viele Grüße
      Prof. Dr. jur. Ralf Jahn

  2. Leider michts draus geworden,

    „FDP-Entwurf zur Bon-Pflicht abgesetzt

    Finanzen/Ausschuss – 29.01.2020 (hib 112/2020)

    Berlin: (hib/PST) Eine für Donnerstag geplante Abstimmung des Bundestages über einen Gesetzentwurf der FDP-Fraktion zur Lockerung der Bon-Pflicht findet nicht statt. Der Finanzausschuss hat am Mittwoch die Beratung darüber von der Tagesordnung abgesetzt. Die Koalitionsfraktionen begründeten dies mit neuen technischen Möglichkeiten, über die sie sich zunächst genauer informieren wollten. Alle Oppositionsfraktionen stimmten gegen die Absetzung.

    Die FDP-Fraktion sieht in ihrem „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung – Gesetz zur Verhinderung einer Bon-Pflicht für Bäcker“ (19/15768) vor, dass die Finanzbehörden im Fall der Nutzung einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung beim Verkauf von Waren und der Erbringung von Dienstleistungen an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen eine Befreiung von der Pflicht zur generellen Ausgabe von Belegen aussprechen können.“

    https://www.bundestag.de/presse/hib/679722-679722

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