Im Steuerrecht ist Vater nicht gleich Vater – Karlsruhe muss entscheiden

Man lernt nie aus. Wie ich erst kürzlich durch den BFH erfahren durfte, ist im Steuerrecht Vater nicht gleich Vater. Es muss zwischen dem biologischen und dem rechtlichen Vater unterschieden werden. Nur der rechtliche Vater habe gegenüber dem Kind Pflichten, wie zum Beispiel zur Zahlung von Unterhalt. Außerdem sei das Kind nur gegenüber seinem rechtlichen, nicht aber seinem biologischen Vater erb- und pflichtteilsberechtigt. Dies rechtfertige es, den rechtlichen Vater auch für die Erbschaft- und Schenkungsteuer finanziell besser zu stellen.

Bei einem Erbe oder einer Schenkung des biologischen Vaters findet folglich nicht die für Kinder günstige Steuerklasse I Anwendung, sondern es wird nach der Steuerklasse III besteuert. Mithin wird nur ein Freibetrag von 20.000 EUR gewährt (BFH-Urteil vom 5.12.2019, II R 5/17).

Es ging um folgenden Sachverhalt:

Der Kläger war der biologische Vater seiner Tochter. Der rechtliche Vater war ein anderer Mann, mit dem die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes verheiratet war. Der Kläger schenkte seiner leiblichen Tochter 30.000 EUR und beantragte beim Finanzamt die Anwendung der günstigen Steuerklasse I. Das Finanzamt lehnte dies ab. Der BFH gab dem Finanzamt recht.

Hier die Begründung in aller Kürze:

Könnte ein Kind von seinem rechtlichen und zugleich von seinem biologischen Vater nach der Steuerklasse I erwerben, wäre dies eine Besserstellung gegenüber Kindern, die, wie in den allermeisten Fällen, nur „einen einzigen“ Vater haben und nur von diesem steuergünstig erwerben können.

Bewertung:

Nun ja, man konnte es auch anders sehen. Immerhin gab die Vorinstanz der Klage statt. Eine einschränkende zivilrechtliche Auslegung des Kindsbegriffs sei weder nach dem Wortlaut noch nach dem Sinn und Zweck des § 15 ErbStG zwingend. Sie trage der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der mit Rücksicht auf Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) eingefügten Vorschrift des § 1686a BGB auch nicht hinreichend Rechnung.

Nunmehr ist die Sache jedenfalls beim Bundesverfassungsgericht unter dem Az. 1 BvR 1880/20 anhängig ist. Karlsruhe muss entscheiden. Bis dahin sollten Bescheide in ähnlichen Fällen offengehalten werden.

Weitere Informationen:

BFH, Urteil v. 05.12.2019 – II R 5/17
Verfahrensverlauf | BVerfG – 1 BvR 1880/20 – anhängig seit 25.11.2020

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

66 − 61 =