Vorschlag des Bundesrates setzt sich nicht durch
Der Bundesrat hatte im Gesetzgebungsverfahren des soeben zum Abschluss gebrachten JStG 2020 vorgeschlagen, die Einnahmen aus dem Betrieb von kleinen Solaranlagen, die ausschließlich auf der Erzeugung und Vermarktung von Strom aus einer auf, an oder in einem Gebäude angebrachten Solaranlage bis zu einer installierten Leistung von 10 kWp beruhen, von der Einkommensteuer zu befreien. Zur Begründung führte der Bundesrat aus, dass solche kleinen Solaranlagen typischerweise von Eigenheimbesitzern betrieben würden. Dabei stünden vielfach nicht ökonomische Gründe der Gewinnerzielung im Vordergrund, sondern insbesondere ökologische Überlegungen.
Damit ergäben sich bei einer vollständigen Einspeisung von 10.000 kW pro Jahr in das Netz über 20 Jahre durchschnittlich Gewinne von weniger als 100 € pro Jahr. Mit der Steuerbefreiung solle ein Hindernis zur Errichtung kleiner Anlagen bei der Steigerung des Anteils an regenerativen Energien im Gebäudesektor beseitigt werden. Denn die Erklärungspflichten in der Einkommensteuererklärung einschließlich der Anlage EÜR erschienen angesichts der geringen zu erwartenden Gewinne aus diesen Anlagen nicht angemessen. In der vom Finanzausschuss geänderte Fassung des JStG 2020 ist neue Steuerbefreiung aber nicht übernommen worden.
Für die Gewerbesteuer ist eine inhaltsgleiche Befreiung bereits vor Jahresfrist in § 3 Nr. 32 GewStG mit Geltung ab Erhebungszeitraum 2019 aufgenommen worden.
Steuerbefreiung nur für „neue“ Solaranlagen vorgesehen
Die vorgeschlagene Regelung in § 3 Nr. 72 EStG – neu sollte aber nur Solaranlagen erfassen, die nach dem 31. Dezember 2019 errichtet wurden bzw. werden, da Altanlagen zum Teil noch wesentlich höhere Einspeisungsvergütungen erzielen. Zudem sollte die zeitliche Anwendungsregelung vermeiden, dass Anlagen in eine Steuerbefreiung überführt werden, die Anlaufverluste aufgewiesen – und zur Verrechnung genutzt haben.
Die Steuerbefreiung nur für „neue“ Solaranlagen hätte (bzw. wird, da der Vorschlag in kommenden Gesetzesvorhaben erneut auftauchen könnte) eine zentrale Abgrenzungsfrage aufgeworfen: Wann ist eine Solaranlage „neu“?
Dies ist unproblematisch, wenn die Solaranlage erstmalig auf einem Eigenheim errichtet wird, auf dem zuvor noch keine Anlage installiert gewesen ist. Wesentlich diffiziler ist die Sachlage in den Fällen, in denen eine alte Solaranlage durch eine neue Anlage ausgetauscht wird oder an einer bestehenden Solaranlage wesentliche Teile erneuert werden. Derartige Fälle werden sich gerade in den kommenden Kalenderjahren ergeben, da für die „erste Reihe“ der Solaranlagenbetreiber auf dem Eigenheim in 2020 ff. die für 20 Jahre garantierte Einspeisevergütung ausläuft (siehe hierzu mein Beitrag: Auslaufen der Einspeisevergütung: Neuorientierung für „alte“ Photovoltaikanlagen). Die technische Generalüberholung der alten Solarmodule oder der Austausch durch neue Solarmodule sind dabei zwei denkbare Alternativen für den Anlagenbetreiber, um seine Solaranlage weiter bzw. wieder rentabel zu erhalten. Hier wäre daher ggf. noch eine gesetzliche Präzisierung des Begriffs der neuen Solaranlagen anzustreben.
In der Gewerbesteuer keine ähnliche Problematik
Gewerbesteuerlich stellt sich das Problem in vergleichbarer Weise nicht, da insoweit die Übertragung der Verluste in andere gewerbliche Aktivitäten des gleichen Steuerpflichtigen durch das Merkmal der Unternehmensidentität in § 10a GewStG gehindert ist und die Gewinne kleiner Solaranlagen wegen des Freibetrags in Höhe von 24.500 € ohnehin nicht mit Gewerbesteuer belastet wurden. Aus der bestehenden Steuerbefreiung in § 3 Nr. 32 GewStG können daher kaum Erfahrungen für die zielgenaue Ausgestaltung einer Schwester-Befreiungsvorschrift im EStG gesammelt werden.
Fazit:
Ob die Freistellung der Gewinne kleiner Solaranlagen von der Einkommensteuer noch kommt, bleibt abzuwarten. Die Wahrscheinlichkeit würde ich nicht als gering einschätzen. Dabei sollte dem sachlichen Anwendungsbereich der Vorschrift besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden, damit nicht Anlagenbetreiber in den Genuss der Steuerbefreiung kommen, die der Gesetzgeber nicht vorgesehen hatte.