Kosten des „social freezing“ von Eizellen trotz PCO-Syndrom nicht abziehbar

Fälle, in denen es um die Zulässigkeit und um die Kosten im Zusammenhang mit Kinderwunschbehandlungen geht, beschäftigen immer wieder die Zivil-, Sozial- und Finanzgerichte. Nun hat das Schleswig-Holsteinische FG entschieden, dass die medizinische Empfehlung zur Entnahme und Lagerung von Eizellen, um gegebenenfalls später einen Kinderwunsch zu ermöglichen, das so genannte „social freezing“, allein nicht ausreicht, um die Kosten als außergewöhnliche Belastungen abziehen zu können. Dies gilt auch bei einem zuvor diagnostiziertem PCO-Syndrom (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 19.3.2025, 2 K 80/24).

Der Sachverhalt:

Die Klägerin machte Aufwendungen für die Kryokonservierung als außergewöhnliche Belastungen geltend. Sie sei am PCO-Syndrom erkrankt. Je weiter ihre Erkrankung voranschreite, desto geringer sei die Wahrscheinlichkeit einer Befruchtung der Eierstöcke. Aus diesem Grunde sei ihr von ihrer Ärztin dringend empfohlen worden, ihre Eizellen zur späteren Verwendung für eine künstliche Befruchtung einzufrieren. Es handele sich nicht um ein „social freezing“, das heißt einem Einfrieren der Eizellen ohne medizinischen Grund. Bei ihr sei das Einfrieren der Eizellen medizinisch indiziert, da sie bereits heute eine stark eingeschränkte Fertilität habe. Dennoch wurden die Aufwendungen weder vom Finanzamt noch vom Finanzgericht anerkannt.

Die Begründung:

Aufwendungen für die künstliche Befruchtung bei Sterilität sind als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, wenn diese in Übereinstimmung mit den Richtlinien der Berufsordnungen für Ärzte vorgenommen wird (BFH-Urteil vom 5.10.2017, VI R 47/15). Hier sei bei der Klägerin aufgrund eines vorliegenden PCO-Syndroms aber „lediglich“ die Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer Schwangerschaft verringert gewesen. Somit habe bei der Klägerin keine ärztlich diagnostizierte Sterilität vorgelegen. Die behandelnde Ärztin habe im Übrigen nur eine Empfehlung zur Lagerung von Eizellen zur späteren Verwendung für eine künstliche Befruchtung ausgesprochen. Der ärztlichen Bescheinigung sei auch nicht zu entnehmen, dass bei der Klägerin eine künstliche Befruchtung zur Erfüllung eines späteren Kinderwunsches erforderlich sein wird, so dass die Entnahme der Eizellen nicht in einen entsprechenden Zusammenhang gestellt werden kann und sich eine medizinische Indikation hierfür nicht ergibt. Auch die Tatsache, dass die von der behandelnden Ärztin ausgestellten Rechnungen auf „social freezing“ lauten, spreche dafür, dass eine medizinische Indikation für die Entnahme der Eizellen nicht vorlag.

Denkanstoß:

Schon vor über 20 Jahren hat das FG München Aufwendungen für eine Kryokonservierung des Spermas des Ehemannes als außergewöhnliche Belastungen anerkannt. Die Richter sehen die Kryokonservierung als Teil der medizinischen Gesamtbehandlung der künstlichen Befruchtung an, auch wenn die Kosten hierfür von der gesetzlichen Krankenkasse nicht übernommen worden sind. „Ob die künstliche Befruchtung durch die Empfängnisunfähigkeit der Ehefrau oder durch die Zeugungsunfähigkeit des Ehemannes veranlasst ist, spielt einkommensteuerrechtlich keine Rolle, weil die medizinische Maßnahme in jedem Fall der Zeugung genetischer Nachkommen dient“ (FG München vom 14.3.2002, 15 K 4531/99). Ausweislich der Bescheinigung des behandelnden Arztes lag die einzige therapeutische Möglichkeit zur Erreichung einer Schwangerschaft in der Hodenbiopsie mit Kryokonservierung des Hodengewebes und anschließender Spermainjektion.

Ein Beitrag von:

  • Christian Herold

    • Steuerberater in Herten/Westf. (www.herold-steuerrat.de)
    • Autor zahlreicher Fachbeiträge
    • Mitglied im Steuerrechtsausschuss des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe

    Warum blogge ich hier?
    Als verantwortlicher Redakteur und Programmleiter zahlreicher Steuerfachzeitschriften, meiner früheren Tätigkeit in der Finanzverwaltung und meiner über 25-jährigen Arbeit als Steuerberater lerne ich das Steuerrecht sowohl aus theoretischer als auch aus praktischer Sicht kennen. Es reizt mich, die Erfahrungen, die sich aus dieser Kombination ergeben, mit den Nutzern des Blogs zu teilen und freue mich auf viele Rückmeldungen.

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