Kryptowährungswinter und die Frage der steuerlichen Verlustberücksichtigung?!

Momentan scheint kein Tag zu vergehen, an welchem nicht neue (schlechte) Nachrichten aus dem Kryptowährungssektor zum Vorschein treten. Nach dem Zusammenbruch von FTX stehen nun offenkundig auch die Kryptowährungsbank „BlockFi“ und die Kryptoplattform „Bitfront“ vor einem solchen Zusammenbruch.

Die damit zusammenhängenden Kursturbulenzen bieten Investoren einerseits neue Einstiegsmöglichkeiten. Auf der anderen Seite dürfte sich eine Vielzahl von Anlegern mit der Frage beschäftigen, ob und in welchem Umfang Kursverluste und/oder ein Komplettausfall wie bei einer nicht mehr gegebenen Zugriffsmöglichkeit auf die entsprechenden Kryptowährungen steuerlich zu behandeln sind.

Für im Privatvermögen gehaltene Kryptowährungen kann der Grundsatz ausgerufen werden, dass diese nur dann steuerlich relevant sind, wenn Verluste innerhalb der einjährigen Spekulationsfrist tatsächlich realisiert werden (z.B. durch Verkauf). Für die Verwendungsreihenfolge dürfte in Ansehung an das BMF-Schreiben „Einzelfragen zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung von virtuellen Währungen und von sonstigen Token“ vom 10. Mai 2022 in erster Linie auf die Einzelbetrachtung bzw. auf das FiFo abzustellen sein (vgl. Rn. 61 f.). Hierbei gilt eine walletbezogene Betrachtung. Ferner besteht beim Halten von Einheiten mehrerer virtueller Währungen für jede virtuelle Währung in einer Wallet ein gesondertes Wahlrecht (vgl. Rn. 62).

Übersteigen die realisierten Verluste die erzielten Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften, können diese nicht mit anderen positiven Einkünften anderer Einkunftsarten verrechnet werden. Die Verlustberücksichtigung ist nur innerhalb der Schedule der privaten Veräußerungsgeschäfte i.S.d. § 23 EStG gestattet. Ein darüberhinausgehender realisierter Verlust kann in das Vorjahr zurückgetragen oder in künftigen Veranlagungszeiträumen vorgetragen werden. Erzielt der Steuerpflichtige hingegen noch sonstige Einkünfte i.S.v. § 22 Nr. 3 EStG (z.B. Staking-Einkünfte, vgl. vorgenanntes BMF-Schreiben, Rn. 48), so können die damit erzielten positiven Einkünfte grundsätzlich nicht mit den negativen Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften ausgeglichen werden. Dies ergibt sich aus der Verlustverrechnungseinschränkung des § 23 Abs. 3 S. 7 f. EStG – ob und inwieweit dies sachgerecht ist, darf an dieser Stelle offenbleiben.

Vor dem Hintergrund der eingangs erwähnten aktuellen Entwicklungen und Geschehnisse wird des Öfteren auch die Frage adressiert, ob Verluste im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch von Kryptoplattformen im Sinne einer nicht mehr gegebenen Dispositionsbefugnis über die gehaltenen Kryptowährungen steuerlich berücksichtigt werden können. Dies käme doch einem Totalausfall gleich. Hierbei ist beachten, dass der Begriff der Veräußerung i.S.d. § 23 EStG allgemeinhin eng ausgelegt wird. Dies bedeutet, dass der Verlust eines Wirtschaftsguts, ob Kryptowährungen dies erfüllen, ist weiterhin höchstrichterlich noch nicht entschieden (vgl. das anhängige Verfahren beim BFH unter dem Az. IX R 3/22; Vorinstanz: FG Köln, Urteil vom 25. November 2021 (Az. 14 K 1178/20), keine steuerliche Beachtung finden dürfte.

Diese enge Auslegung erscheint indes insbesondere dann mehr als fraglich, wenn der Fiskus zuvor bereitwillig an den Gewinnen aus Kryptowährungen partizipierte. Ungeachtet dessen drängt sich eine analoge Verfahrensweise wie zur Behandlung der Ausbuchung von wertlosen Kapitalanlagen auf.

Nach § 20 Abs. 6 S. 6 EStG dürfen Verluste aus Kapitalvermögen aus der ganzen oder teilweisen Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung, aus der Ausbuchung wertloser Wirtschaftsgüter (…) oder aus einem sonstigen Ausfall von Wirtschaftsgütern (…) nur in Höhe von 20 000 Euro mit Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden. Unabhängig davon, dass die Kryptowährungen respektive deren Kurse (noch) nicht wertlos sind, ist nachvollziehbar, dass sich ein Anleger im Zuge des Zusammenbruchs einer Kryptoplattform bei wirtschaftlicher Betrachtung mit einem „sonstigen Ausfall“ konfrontiert sieht – für ihn ist seine zuvor gehaltene Kryptowährung unabhängig etwaiger Kursentwicklungen mangels Dispositionsbefugnis/-möglichkeit wertlos.

Angesichts dessen erscheint es auch vertretbar, eine solche Argumentationslinie im Rahmen der Steuerdeklaration offen und transparent gegenüber dem Finanzamt anzubringen und zu vertreten, obgleich die Praxis zeigt, dass sich Finanzämter im Kontext der Kryptowährungen immer noch nicht positionieren wollen … somit bleibt es auch hier weiterhin spannend.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

60 − 57 =