Die (Un-)Endlichkeit der Ewigkeitsstundung nach § 6 AStG a.F.

Bekanntermaßen hat jedes Handeln einen steuerlichen Schatten. Mit dem heutigen Blog-Beitrag darf ich Sie auf eine grenzüberschreitende Reise mitnehmen. Diese begann vor einigen Jahren, als § 6 AStG noch einen Wegzug von Deutschland ins EU-/EWR-Ausland mit einer zinslosen, dauerhaften Stundung gestattete (sog. Ewigkeitsstundung, § 6 Abs. 5 AStG a.F. vor ATADUmsG). Hauptakteurin des Sachverhalts soll eine Frau sein, die seit ihrer Geburt in Deutschland ansässig und unbeschränkt steuerpflichtig war. Zudem kam diese auch aus gutem Hause. Über ihre eigene GmbH war sie am Familienunternehmen beteiligt. Wie es der Zufall wollte, verliebte sie sich in einen jungen und gutaussehenden Mann.

Sie ahnen es: Die Liebe verführte unsere Akteurin letztendlich ins EU-Ausland und die Ewigkeitsstundung war seit dem kompletten Wegzug von Deutschland ins EU-Ausland mit im Gepäck. Und damit auch die verbundenen Restriktionen, welche mit wechselnder Intensität immer wieder auch ihre steuerlichen Berater beschäftigte.

Zwischenzeitlich sind einige Jahre vergangen und das Traumpaar hat Kinder bekommen. Wie kann es auch anders sei, die fürsorgliche Mutter denkt bereits früh an die Nachfolge. Sonach sollen auch die Kinder an dem Familienunternehmen bzw. über Ihre GmbH-Beteiligung beteiligt werden, jedoch ohne die Wegzugsteuerstundung und die damit verbundenen Restriktionen auferlegt zu bekommen.

Nun stellt sich die Frage, was der Mutter zu raten sei? Weiterlesen

BFH beendet den Traum vom steuerfreien Paradies für Kryptowährungen (Bitcoin, Ether und Monero)

Auf das am 28.02.2023 veröffentlichte Urteil des Bundesfinanzhofs (Az. IX R 3/22/Vorinstanz FG Köln v. 25.11.2021 – 14 K 1178/20) dürften sicherlich viele Anhänger der Kryptowährungen lange gewartet haben; siehe auch mein Blog-Beitrag hierzu: FG Köln bestätigt Steuerpflicht beim Handel mit Kryptowährungen.  Mithin bestand oftmals die Hoffnung, der BFH würde Kryptowährungen (im Urteilsfall: Bitcoin, Ether und Monero) eine Wirtschaftsgutqualität absprechen und sonach daraus erzielte Gewinne steuerfrei stellen.

Jedoch hat der BFH mit seinem Urteil vom 28.02.2023 eine andere Richtung eingeschlagen, die bei realistischer sowie pro-fiskalischer Betrachtung zu erwarten war: Kryptowährungen (currency token gem. Leitsatz 1) zählen zu den anderen Wirtschaftsgütern i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG, die Gegenstand eines privaten Veräußerungsgeschäfts i.S.v. § 23 EStG sein können. Die damit im Zusammenhang stehenden Einkünfte sind grundsätzlich steuerlich relevant. Der steuerlichen Relevanz kann auch nicht entgegengehalten werden, dass bei der Erfassung und Besteuerung der entsprechenden Veräußerungsgeschäfte ein normatives Vollzugsdefizit vorläge (Leitsatz 2). Weiterlesen

Relevanz des steuerlichen Korrekturbedarfs und einer Selbstanzeige im Spiegel von Kryptowährungsaktivitäten

In den vergangenen Jahren haben viele Akteure im Bereich der Kryptowährungen nicht nur erste Erfahrungen gemacht, sondern oftmals auch erhebliche Gewinne erzielt. Während zu Beginn des Hypes um Bitcoin und Co. die Frage der steuerlichen Relevanz zumeist (wenn überhaupt) erst (sehr) spät gestellt wurde, dürfte in der jüngsten Vergangenheit klar geworden sein, dass die Welt der Kryptowährungen kein steuerfreies Paradies ist. Vielmehr möchte auch der Fiskus an den Gewinnen partizipieren.

Mit dem im Jahr 2021 veröffentlichten Entwurf eines BMF-Schreibens zur ertragsteuerlichen Behandlung von virtuellen Währungen und sonstigen Token wurde dies offenkundig bzw. mit dem finalen Schreiben vom 10. Mai 2022 deutlich. Während in der Praxis Steuerdeklarationsleistungen im Zusammenhang mit Kryptowährungsaktivitäten längst keine Seltenheit mehr darstellen, kommt nun vermehrt neue und zum Teil auch sehr unangenehme Bewegung ins Spiel, und zwar:

Wie ist mit solchen Fällen umzugehen, in welchen der Steuerpflichtige keine oder eine nur unzureichende Deklaration und Offenlegung seiner steuerpflichtigen Einkünfte im Zusammenhang mit Kryptowährungen vorgenommen hat?

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Kryptowährungswinter und die Frage der steuerlichen Verlustberücksichtigung?!

Momentan scheint kein Tag zu vergehen, an welchem nicht neue (schlechte) Nachrichten aus dem Kryptowährungssektor zum Vorschein treten. Nach dem Zusammenbruch von FTX stehen nun offenkundig auch die Kryptowährungsbank „BlockFi“ und die Kryptoplattform „Bitfront“ vor einem solchen Zusammenbruch.

Die damit zusammenhängenden Kursturbulenzen bieten Investoren einerseits neue Einstiegsmöglichkeiten. Auf der anderen Seite dürfte sich eine Vielzahl von Anlegern mit der Frage beschäftigen, ob und in welchem Umfang Kursverluste und/oder ein Komplettausfall wie bei einer nicht mehr gegebenen Zugriffsmöglichkeit auf die entsprechenden Kryptowährungen steuerlich zu behandeln sind. Weiterlesen

BMF-Entwurfsschreiben zu Aufzeichnungspflichten bei virtuellen Währungen und von sonstigen Token liegt vor

Bereits mit dem am 10. Mai 2022 veröffentlichten Schreiben zu „Einzelfragen zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung von virtuellen Währungen und von sonstigen Token“ (vgl. Blog-Beiträge Endlich liegt das finale BMF-Schreiben „zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung von virtuellen Währungen und von sonstigen Token“ vor! und Das Ende des steuerfreien Paradieses für selbst hergestellte Kryptowährungseinheiten im Bereich der privaten Veräußerungsgeschäfte gem. § 23 EStG? gab das BMF bekannt, zeitnah ein Ergänzungsschreiben veröffentlichen zu wollen, das sich mit den für die Steuerpflichtigen und für die Praxis relevanten Fragestellungen hinsichtlich den Mitwirkungs- und Auszeichnungspflichten auseinandersetzt.

Dieses Ergänzungsschreiben hat das BMF nunmehr (Stand: 18. Juli 2022) zur Kommentierung (bis zum 29. August 2022) an die Verbände gesendet. Das Ergänzungsschreiben gliedert sich hierbei in drei Abschnitte. Weiterlesen

Das Ende des steuerfreien Paradieses für selbst hergestellte Kryptowährungseinheiten im Bereich der privaten Veräußerungsgeschäfte gem. § 23 EStG?

Mit dem am 10. Mai 2022 veröffentlichten Anwendungsschreiben zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung von virtuellen Währungen und sonstiger Token hat sich das BMF zu seiner steuerlichen Sichtweise in Bezug auf die Kryptowährungen und deren steuerlichen Relevanz positioniert. In meinem NWB-Blog-Beitrag vom 1. Juni 2022 bin ich bereits überblicksmäßig auf das Schreiben eingegangen. Im Folgenden wird v.a. der steuerliche Aspekt des Mining thematisiert, wobei die Grundthematik und Relevanz u.a. auch auf Staking-Sachverhalte übertragen werden kann.

Nach Auffassung des BMF gelten selbst hergestellte Einheiten von Kryptowährungen (wie Bitcoins) als angeschafft und nicht als hergestellt. Dies mag zuerst eine begriffliche Feinheit sein, doch wie im wahren Leben steckt der Teufel im Detail und die Nuance kann eine extreme Reichweite haben. Weiterlesen

Endlich liegt das finale BMF-Schreiben „zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung von virtuellen Währungen und von sonstigen Token“ vor!

Vor fast einem Jahr (17. Juni 2021) hatte sich das BMF erstmals mit dem Entwurfsschreiben zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung von virtuellen Währungen und von sonstigen Token geäußert Bis zu diesem Zeitpunkt bzw. bis zu dem nunmehr finalen BMF-Schreiben lagen nur vereinzelte und sehr übersichtliche Äußerungen zur steuerlichen Behandlung von Kryptowährungen (im Privatvermögen) vor, welche die einzigen Ansatzpunkte für die Praxis zum steuerlich adäquaten Umgang mit „Kryptowährungssachverhalten“ darstellten.

Zum einen die Verlautbarung des Finanzministeriums der Freien Hansestadt Hamburg vom 11. Dezember 2017 und zum anderen die Kurzinformation von der OFD Nordrhein-Westfalen vom 20. April 2018.

Beide Verfügungen (Hamburg/OFD NRW) äußerten sich zur ertragsteuerlichen Behandlung von Bitcoins bzw. von virtuellen Währungen im Privatvermögen und waren insbesondere mit folgenden beiden Aspekten für die Praxis sowie den steuerberatenden Berufsstand relevant:

  • In beiden Verfügungen wurde die FiFo-Methode als Verbrauchsfolgeverfahren vorgesehen.
  • Selbst generierte virtuelle Währungen (Mining) wurden nicht unter den Anwendungsbereich des privaten Veräußerungsgeschäfts subsumiert, da es am „Erwerb“ fehle – diese Auffassung dürfte auch weiterhin im Schrifttum die herrschende Meinung darstellen.

Mit dem nunmehr vorliegenden finalen BMF-Schreiben vom 10. Mai 2022 wird der erste Punkt, die FiFo-Methode, für den Privatvermögensbereich bundeseinheitlich vorgesehen, sofern der Grundsatz der Einzelbetrachtung nicht möglich ist (Rn. 61).

Demgegenüber konnte sich das BMF offenkundig nicht final dazu durchringen, Mining (und Forging) nicht als Anschaffungsvorgang anzusehen (Rn. 33). Damit ist die in den beiden vorgenannten Verfügungen bislang vertretene Ansicht (keine Anschaffung) als überholt anzusehen. Im Ergebnis werden damit selbst hergestellte virtuelle Währungen der Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft zugänglich sein, sofern keine gewerbliche Tätigkeit vorliegt.

Abseits dessen erläutert das BMF-Schreiben sein Verständnis der im Kontext der virtuellen Währungen vorherrschenden technischen Aspekte und Begrifflichkeiten. Diese Ausführungen dürften in Zukunft noch zu erweitern sein, da es mitunter an den jüngst immer mehr im Fokus stehenden NFTs mangelt. Weshalb das BMF diese Entwicklungen nicht schon proaktiv aufgenommen hat, mag den technikaffinen Leser erstaunen lassen.

Des Weiteren nimmt das BMF auch zur Frage des Wirtschaftsgutcharakters von virtuellen Währungen Stellung, wobei an dieser Stelle darauf hinzuweisen ist, dass mit dem jüngsten Urteil des FG Köln vom 25. November 2021 (14 K 1178/20) sich der BFH hierzu bald bekennen dürfte (Az. des anhängigen Verfahrens: IX R 3/22).

Ferner positioniert sich das BMF zum klassischen Kauf und Verkauf (Trading) sowie zur Besteuerung von Sachverhalten wie Mining/Forging, Lending, Hard Forks und Airdrops. Auch die verbilligte/unentgeltliche Überlassung von Token an Arbeitnehmer und den daraus resultierenden Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit thematisiert das BMF in seinem Schreiben. Hinweis: Zu diesen Aspekten wird nochmals in einem gesonderten Beitrag Stellung genommen.

Eine der zentralen Änderungen gegenüber dem Entwurfsschreiben ist sicherlich im Zusammenhang mit der Frage zu sehen, ob sich die Haltefrist von einem Jahr auf zehn Jahre im Falle der Nutzung von Kryptowährungen als Einkunftsquelle verlängert (Lending- und Staking-Fälle). Erfreulicherweise nahm das BMF von einer zunächst präferierten Verlängerung der Haltefrist abstand, sodass Lending- und Staking-Vorgänge nicht zu einer Verlängerung der Haltefrist führen. Damit bleibt es für den Bereich des Privatvermögens bei der Ein-Jahres-Frist.

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass der im Entwurfsschreiben noch vorgesehene Platzhalter für Ausführungen zu den Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten keine Nennung mehr erfahren hat im vorliegenden Schreiben. Vielmehr soll dem Vernehmen nach ein gesondertes Schreiben hierzu ergehen.


Lesen Sie hierzu auch meinen Beitrag:
Das Ende des steuerfreien Paradieses für selbst hergestellte Kryptowährungseinheiten im Bereich der privaten Veräußerungsgeschäfte gem. § 23 EStG?


Illegales Mining im Unternehmen und potenzielle steuerliche Relevanz

Kryptowährungen haben nach wie vor eine hohe Anziehungskraft. Dies dürfte zum einen daran liegen, dass für viele die Anziehungskraft in dem nebulös erscheinenden Umfeld liegt. Zum anderen wecken die zum Teil immensen Kurssteigerungen sowie -schwankungen das Interesse und die Hoffnung auf schnelle Gewinne. Vor diesem Hintergrund ist es nicht überraschend, wenn neben dem klassischen Trading auch das sog. Mining betrieben wird, um an dem Hype der Kryptowährungen mitzuverdienen.

Bekanntermaßen bedarf jedoch das Mining, insbesondere das Proof-of-Work-Verfahren, wie dies bei der Erzeugung von Bitcoins zur Anwendung gelangt, erhebliche Ressourcen – und zwar in Form von Rechenleistung und Energie. Ausgehend davon sehen sich Unternehmen mit Fällen konfrontiert, in welchen Mitarbeiter offenkundig Mining mit Verwendung der Unternehmensressourcen betreiben. Weiterlesen

FG Köln bestätigt Steuerpflicht beim Handel mit Kryptowährungen

Mit dem Urteil vom 25. November 2021 bestätigt das FG Köln (14 K 1178/20) die bereits vom FG Berlin-Brandenburg (und vom FG Baden-Württemberg vertretene Ansicht), dass der Handel mit Kryptowährungen ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft darstellen kann, Kryptowährungen als Wirtschaftsgüter anzusehen sind und kein strukturelles Vollzugsdefizit gegeben ist, welches einer Besteuerung entgegen stehen könnte.

Damit scheint sich – entgegen dem Beschluss des FG Nürnberg vom 8. April 2020– eine klare finanzgerichtliche Meinung zur Besteuerung von Kryptowährungen herauszustellen: der Handelt mit Kryptowährungen ist im privaten Bereich steuerlich relevant! Angesichts dessen ist ferner zu konstatieren, dass hiermit auch der Vorstellung des BMF gefolgt wird, welches im Entwurfsschreiben vom 17. Juni 2021 zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung von virtuellen Währungen und von Token die gleiche Sichtweise vertritt. (Hinweis: das finale BMF-Schreiben ist bislang noch nicht in Sicht). Weiterlesen

Die Einlagelösung naht – und damit eine drohende Steuerbelastung?!

Neben dem viel in der Literatur diskutierten Körperschaftsteuer-Optionsmodell wurde im Rahmen des Körperschaftsteuer-Modernisierungsgesetzes (KöMoG) auch die sog. „Einlagelösung“ verabschiedet. Dadurch findet eine Abkehr von dem bisherigen System der Ausgleichspostenmethode, die erst mit dem JStG 2008 gesetzlich kodifiziert wurde, statt.

Die Neuregelung gilt erstmals für die Minder- und Mehrabführungen, die nach Ablauf des 31. Dezember 2021 erfolgen. Für diesen Zeitpunkt ist auf das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft abzustellen. Die meisten Unternehmen dürften damit in der Regel ab 2022 mit der Neuregelung und den Auswirkungen und Details konfrontiert sein – bei abweichendem Wirtschaftsjahr 2021/2022 ebenfalls in 2022 (nicht in 2023).

Gleichwohl sollte bereits jetzt eine Analyse der Höhe der bestehenden aktiven und passiven Ausgleichsposten sowie der Höhe der Beteiligungsbuchwerte erfolgen, wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen! Weiterlesen