Lehren aus Wirecard (Teil 2) – Stärkung des Aufsichtsrates

Bei Bilanzskandalen gerät auch immer wieder der Aufsichtsrat in die Kritik: Ist er seinen Pflichten als Beratungs- und Kontrollorgan nachgekommen? Ein Blick in die Struktur des Aufsichtsrates bei Wirecard zeigt: Offenbar war zu viel Kritik seitens des Aufsichtsrates eher nicht gewünscht.

Eines kann an Wirecard jedoch kaum vorwerfen: Bei der Zusammensetzung des Aufsichtsrates ist die Diversität gegeben. Zumindest hinsichtlich einer Frauenquote, unterschiedlicher Nationalitäten und der Altersstruktur im Gremium.

Ein paar Fakten…

  1. Die Anzahl der Mitglieder des Aufsichtsrates war für die Unternehmensgröße sehr klein. Dies galt nicht erst beim Aufstieg in den DAX im Jahr 2018, schon bereits davor.
  2. Ausschüsse wie beispielsweise ein Prüfungsausschuss wurden erst nach zunehmender Kritik in der ersten Jahreshälfte 2019 installiert.
  3. Sowohl bei Wirecard als auch bei der Wirecard Bank gab es quasi eine Stamm-Mannschaft, die lange Zeit zusammenarbeitete bzw. noch immer im Gremium ist.
  4. Zwei Damen wurden in den letzten Jahren in den Aufsichtsrat gewählt und haben jedoch noch kurzer Zeit ihr Mandat niedergelegt.
  5. Die größte Sorge eines Aufsichtsrates ist ein Imageverlust aufgrund mangelhafter Arbeit bei einem Mandat. Der frühere Aufsichtsratsvorsitzende Matthias Wulf – einer der drei „Stamm-Aufsichtsräte“ bei Wirecard und der Wirecard Bank – braucht dies anders als sein Nachfolger Thomas Eichelmann nicht mehr zu befürchten.

Was jetzt zu tun ist – Vorschläge

Ein kompetenter, kritischer und diverser Aufsichtsrat ist gerade in Krisenzeiten besonders wichtig. Doch auch durch weitere größere Herausforderungen für Unternehmen – Brexit, zunehmender Protektionismus, Klimawandel, Corona-Pandemie – bedarf es einer Stärkung des Gremiums. Mittlerweile wird der Aufsichtsrat immer mehr zum Sparring-Partner für den Vorstand. Anbei einige Vorschläge, über die diskutiert werden sollte:

  1. Die Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder bei Unternehmen sollte gerade für schnell wachsende Unternehmen auf den Prüfstand gestellt werden.
  2. Um eine „Stamm-Mannschaft“ zu vermeiden, sollte der Aufsichtsrat regelmäßig durchmischt werden. Hier ist zu diskutieren, wie dies zielführend erfolgen kann. Wichtig ist auf jeden Fall, dass Nachfolger an ihre Aufgabe herangeführt werden können und so von ihren erfahrenen Kollegen lernen können. Doch können erfahrene Aufsichtsräte möglicherweise auch von ihren jüngeren Kollegen profitieren, da diese auf einzelne Themen möglicherweise einen anderen Blick haben.
  3. Die regelmäßige Weiterbildung von Aufsichtsräten sollte nicht nur als Empfehlung ausgesprochen werden. Als erster Schritt wäre eine Ergänzung über die Schulungen der Aufsichtsräte in ihrem Bericht im Geschäftsbericht denkbar. Insbesondere durch die großen Herausforderungen für Unternehmen steigen die Anforderungen an Aufsichtsräte immer weiter an.
  4. Neben fachlichen Kompetenzen bei der Neubesetzung und Wiederwahl von Aufsichtsräten sollten auch ethische Grundsätze mehr in den Fokus gerückt werden. Hier ist zu diskutieren, wie dies implementiert werden kann.

Der dritte Teil der Serie beschäftigt sich mit dem Thema Wirtschaftsprüfer und mögliche Reformvorschläge.

Weitere Informationen:

https://www.steuerbar-podcast.de/ (Bilanzskandale)

Forderungen der Initiative „Neues Wirtschaftswunder“:
https://neues-wirtschaftswunder.de/publikationen/wirecard

Meine Interviews in Radio, TV und Zeitung zum Bilanzskandal bei Wirecard finden Sie hier:
https://www.carolarinker.de/presse/

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