Mehrere Fotovoltaikanlagen gelten als einheitlicher Gewerbebetrieb

„Teilbetrieb oder kein Teilbetrieb? Das ist hier die Frage.“ So habe ich vor einiger Zeit einen Blog-Beitrag betitelt und dabei unter anderem einige Urteile vorgestellt, in denen es darum ging, ob Fotovoltaik- oder Windkraftanlagen als eigenständige (Teil-)Betriebe gelten können. Zur Erinnerung:

  • Das FG Nürnberg hat einen Elektromeisterbetrieb und den Betrieb einer Windkraftanlage nicht als einheitlichen Gewerbebetrieb angesehen, da die Windkraftanlage an einem anderen Ort betrieben worden ist. Daher wurde der Ansatz eines Investitionsabzugsbetrages für die Windkraftanlage beim Elektromeisterbetrieb versagt (Urteil vom 7.10.2015, 3 K 1631/14).
  • Der BFH hat in dem Betrieb eines Einzelhandelsgeschäfts für Zeitungen, Tabakwaren, Bücher und ähnlichem und dem Betrieb einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach des Hauses ungleichartige Betätigungen gesehen, die einander auch nicht fördern oder ergänzen und daher auf zwei selbstständige Gewerbebetriebe entschieden (BFH-Urteil vom 24.10.2012 – X R 36/10, BFH/NV 2013, S. 252). Auch die BFH-Entscheidungen vom 25.2.2016 (X B 130, 131/15) gehen in diese Richtung.
  • Anders wiederum das BFH-Urteil vom 15.9.2010 (X R 21/08): Danach ergänzen sich das Betreiben einer Fotovoltaikanlage und das Betreiben eines Elektroinstallationsunternehmens wechselseitig. Die Fotovoltaikanlage befand sich in diesem Fall auf dem Nachbargebäude.

Kürzlich war der BFH wieder an der Reihe, wenn auch „nur“ im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde, bei der er die Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz nicht näher prüfen musste. Dennoch ist der Beschluss von Interesse, denn der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass selbst ortsverschieden belegene Fotovoltaikanlagen nicht jeweils als eigenständiger Betrieb oder Teilbetrieb gelten (BFH-Beschluss vom 13.6.2022, X B 148/21).

Der Sachverhalt in aller Kürze:

Der Kläger erzielte aus dem Betrieb mehrerer Fotovoltaikanlagen Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Drei Anlagen sind auf dem Dach eines Mietshauses installiert. Fünf Anlagen befinden sich auf dem Dach einer etwa vier Kilometer entfernten Hofstelle des Klägers. Für die Anlagen bestehen jeweils gesonderte Stromlieferverträge. Sie werden getrennt gewartet und sind separat versichert. Die Anschaffungskosten wurden je für sich finanziert. Der Kläger erstellte einheitliche Gewinnermittlungen, verbuchte die Einnahmen aus den Anlagen aber auf getrennten Erlöskonten. Im Streitjahr veräußerte er die auf dem Dach des Mietwohngrundstücks befindlichen Fotovoltaikanlagen an seinen Sohn. Für den hieraus resultierenden Gewinn beantragte der Kläger den Freibetrag für Veräußerungsgewinne gemäß § 16 Abs. 4 EStG. Zudem ging er davon aus, dass der Gewinn aus der Veräußerung der Fotovoltaikanlagen nicht als Gewerbeertrag der Gewerbesteuer unterliege. Beides begründete er damit, dass es sich bei den veräußerten Fotovoltaikanlagen um einen eigenständigen Teilbetrieb gehandelt habe, der neben demjenigen auf der Hofstelle existiert habe.

Das Finanzamt sah die Betätigungen des Klägers dagegen als einheitlichen gewerblichen Betrieb an und qualifizierte den aus der Veräußerung erzielten Gewinn daher als laufende – und der Gewerbesteuer unterliegende – Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Einspruch, Klage und auch die Nichtzulassungsbeschwerde blieben erfolglos. Die Begründung: Der Kläger hat mit allen Fotovoltaikanlagen eine gleichartige – sogar identische – Tätigkeit ausgeübt. Die veräußerte Anlage verfügte weder über einen eigenen Wirkungskreis noch war dieser eigenes Personal zugeordnet. Ebenso fehlten eine separierte Buchführung sowie eine eigene Verwaltungs- und Organisationsstruktur und – was besonders ausschlaggebend sein dürfte – ein eigener Kundenstamm.

Denkanstoß

Der BFH-Entscheidung ist wohl zuzustimmen, denn allein die Tatsache, dass eine Anlage „für sich“ betrieben werden kann, qualifiziert sie noch nicht als (Teil-)Betrieb.

Ich frage mich übrigens, wie der Fall zu lösen gewesen wäre, wenn es sich um eine kleine Fotovoltaikanlage gehandelt, der Betreiber sein Liebhaberei-Wahlrecht ausgeübt und die Anlage aus dem Privatvermögen heraus veräußert hätte. Meine Auffassung: Die Ausübung des Liebhaberei-Wahlrechts stellt zwar keine Betriebsaufgabe dar, dennoch ist der spätere Veräußerungsgewinn steuerpflichtig, soweit er auf die einkommensteuerlich relevante Phase des Betriebs entfällt. Maßgebend dürfte das BFH-Urteil vom 11.5.2016 (X R 15/15, BStBl 2017 II S. 112) sein. Allerdings haben sich – soweit erkennbar – zu dem speziellen Fall der Fotovoltaikanlagen bislang weder die Finanzverwaltung geäußert.

Noch ein weiterer Hinweis:

Auch wenn der Verkauf eines Teils der Anlagen ertragsteuerlich nicht als (Teil-)Betriebsveräußerung gilt, so kann umsatzsteuerlich dennoch eine Geschäftsveräußerung im Ganzen gegeben sein. Hier ist nämlich nicht auf die Sicht des Veräußerers, sondern des Erwerbers abzustellen. Und dieser kann die erworbenen Anlagen natürlich ohne Probleme weiterbetreiben.

 


 

 

 

 

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

− 3 = 1