Nachbehaltefrist bei Übertragung von Grundstücken auf eine Gesamthand – Änderung der Rechtsprechung?

Geht ein Grundstück von einer Gesamthand in das Miteigentum mehrerer an der Gesamthand beteiligter Personen über, so wird die Steuer nicht erhoben, soweit der Bruchteil, den der einzelne Erwerber erhält, dem Anteil entspricht, zu dem er am Vermögen der Gesamthand beteiligt ist. Dies gilt entsprechend beim Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand.

Personengesellschaften sind weder zivilrechtlich noch grunderwerbsteuerrechtlich uneingeschränkt als selbstständig anzusehen. Eigentümer des Vermögens einer Personengesellschaft sind die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit. Die besondere Rechtsnatur der Personengesellschaften rechtfertigt es daher auch, persönliche Eigenschaften der Gesellschafter im Grundstücksverkehr mit der Gesellschaft, d.h. mit der Gesamtheit der Gesellschafter, zu berücksichtigen. So wird es wegen der Besonderheit der Vermögensbindung bei einer Gesamthand, bei der das Vermögen das gesamthänderisch gebundene Eigentum der Gesamthänder ist, für gerechtfertigt gehalten, personenbezogene Beziehungen von grunderwerbsteuerlicher Bedeutung (§ 3 Nr. 2-7 GrEStG) zwischen dem Übertragenden und dem Gesamthänder der erwerbenden Gesamthand zu dem Anteil zuzurechnen, zu dem der betreffende Gesamthänder an dem Vermögen der Gesamthand beteiligt ist.

Im einem Streitfall vor dem Finanzgericht Köln (Urteil vom 27.03.2019 – 5 K 1953/16) (www.nrwe.de) waren Gesellschafter der veräußernden Personengesellschaft zu 100 % die Kinder des Gesellschafters der erwerbenden Personengesellschaft. Für den an sich grunderwerbsteuerpflichtigen Verkauf von der „Kinder-Personengesellschaft“ an die „Vater-Personengesellschaft“ führt dies dazu, den Rechtsgedanken des § 3 Nr. 6 GrEStG in der Weise auf die Vergünstigungsvorschrift des § 6 GrEStG zu übertragen, dass bei einer Verwandtschaft in gerader Linie zwischen dem an der veräußernden Gesamthand beteiligten Gesamthänder und dem an der erwerbenden Gesamthand beteiligten Gesamthänder das Nichtbeteiligtsein an der jeweils anderen Gesamthand der Gewährung der Vergünstigung nach § 6 GrEStG nicht entgegensteht.

Die Nichterhebung der Steuer im Falle der Übertragung von einer Gesamthand auf eine Gesamthand steht jedoch unter der Voraussetzung, dass sich der Anteil des Gesamthänders am Vermögen der erwerbenden Gesamthand innerhalb von fünf Jahren nach dem Übergang des Grundstücks von der einen auf die andere Gesamthand nicht vermindert. Allerdings wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass trotz Aufgabe der gesamthänderischen Mitberechtigung oder Verminderung der vermögensmäßigen Beteiligung des an der erwerbenden Gesamthand beteiligten Gesamthänders die Vergünstigung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG dann nicht entfällt, wenn die Aufgabe oder Verringerung der Gesellschafterstellung durch einen steuerbaren Rechtsvorgang entfällt.

Dem hat das FG Köln jedoch nach meinem Verständnis eine Absage erteilt. Im Urteilsfall hatte der Gesellschafter der erwerbenden Gesamthand seine Beteiligung nach Feststellung des Gerichts grunderwerbsteuerlich vollständig an einen Dritten übertragen. Hierzu heißt es vom Gericht jedoch nur lapidar: „Denn eine eventuelle Besteuerung des Überganges der Anteile […] nach § 1 Abs. 2 a Satz 1 GrEStG schließt eine Besteuerung des ursprünglich nicht besteuerten Verkaufs der Grundstücke […] nach § 6 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG nicht aus.

In der vom BFH zugelassen Revision II R 4/20 geht es nun um die Rechtsfrage: Ist § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG einschränkend dahingehend auszulegen, dass –trotz der Aufgabe der gesamthänderischen Mitberechtigung oder Verminderung der vermögensmäßigen Beteiligung des grundstückseinbringenden Gesamthänders innerhalb der Fünfjahresfrist– die Vergünstigung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG nicht entfällt, wenn der grundstückseinbringende Gesamthänder seine gesamthänderische Mitberechtigung durch einen einheitlichen Rechtsakt verliert oder mindert, der seinerseits nach § 1 Abs. 2a GrEStG grunderwerbsteuerbar ist und somit die vom Gesetz geforderte Steuerumgehung objektiv ausscheidet?

Zur Parallelvorschrift des § 5 Abs. 3 GrEStG hatte der BFH im Urteil vom 07.10.2009 – II R 58/08 schon entschieden, dass im Sinne der Missbrauchsverhinderung § 5 Abs. 3 GrEStG die objektive Möglichkeit einer Steuerumgehung voraussetzt. Die Vorschrift ist daher einschränkend dahingehend auszulegen, dass – trotz der Aufgabe der gesamthänderischen Mitberechtigung oder der Verminderung der vermögensmäßigen Beteiligung des grundstückseinbringenden Gesamthänders – die Vergünstigung nach § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG nicht entfällt, wenn die vom Gesetz geforderte Steuerumgehung objektiv ausscheidet.

Die vom BFH zugelassene Revision heißt für mich, dass der BFH entweder das Urteil des FG Köln ganz dringend abändern muss, weil es gegen seine bisherige Rechtsprechung läuft oder dass der BFH seine Rechtsprechung ändern will. Letzteres glaube ich zwar nicht, aber man weiß ja nie.

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