„OK-Vermerk“ eines Faxgerätes hat (nur) Indizwirkung

Wer hat nicht schon einmal über sein Faxgerät geschimpft? Oder über das Faxgerät einer Behörde oder eines Gerichts? Es ist halt ärgerlich, wenn ein wichtiges Schriftstück, das fristgebunden ist, einfach nicht übermittelt werden kann. Und die Gerichte haben auch kein Einsehen, wenn die Übermittlungsversuche irgendwann abgebrochen werden, weil man keine „Aussicht auf Erfolg sieht.“ Selbst nach 54-maliger – erfolgloser – Wiederholung darf ein Steuerberater oder Rechtsanwalt nicht aufgeben. Nein, er muss bis 23.59 Uhr vor seinem Gerät ausharren und es immer wieder versuchen (BGH 20.8.2019; VIII ZB 19/18, vgl. dazu den Blog-Beitrag „Probleme bei der Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes?“).

Doch selbst wenn er im guten Glauben ist, sein Dokument sei übermittelt worden, weil sein Faxgerät einen „OK-Vermerk“ anzeigt, ist er noch nicht aus dem Schneider. Vielmehr muss er den Zugang auch noch beweisen, denn dem „OK-Vermerk“ eines Faxgerätes kommt lediglich Indizwirkung zu. Wie ein Steuerberater oder Rechtsanwalt einen solchen Beweis antreten kann, ist mir allerdings nicht geläufig. Es bleibt eigentlich nur die Möglichkeit, dass dieser seinerseits die Behörden oder Gerichte auffordert, den Zugang zu bestätigen. Viel Spaß dabei! Das wäre doch einmal eine echte Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Aber Spaß beiseite: Immerhin hat der BFH aktuell entschieden, dass dem „OK-Vermerk“ die besagte Indizwirkung zukommt und ein Finanzamt nicht einfach den Zugang des Faxes bestreiten darf (BFH-Beschluss vom 22.6.2020, VI B 117/19).

In Fällen, in denen der Steuerberater einen „OK-Vermerk“ in Händen hält, müssen das Finanzamt und gegebenenfalls das Finanzgericht in die Sachaufklärung eintreten, um zu prüfen, ob das Schriftstück nicht doch eingegangen sein könnte. So müssen dienstliche Erklärungen des mit der Bedienung des Telefaxgeräts betrauten Bediensteten eingeholt werden, um aufzuklären, wie beim Finanzamt eingegangene Telefaxschreiben im Geschäftsgang erfasst werden. Auch etwaige Dokumentationen zum Posteingang am fraglichen Tag sind einzuholen. Dies gelte nicht zuletzt deshalb, weil die Wahrscheinlichkeit, dass ein Schriftstück trotz eines mit einem „OK-Vermerk“ versehenen Sendeprotokolls den Empfänger nicht erreicht, jedenfalls so gering ist, dass sich der Absender auf den „OK-Vermerk“ regelmäßig verlassen darf.

Wer die Entscheidung des BFH liest, wird feststellen, dass dieser der Vorinstanz (FG Berlin-Brandenburg) ordentlich die Leviten liest. Dieses hatte lapidar geurteilt:  Der Kläger trägt die Feststellungslast für den Eingang des Einspruchsschreibens. Dazu der BFH: Der Vorinstanz hätte sich die Notwendigkeit einer weiteren Sachverhaltsermittlung auch ohne einen diesbezüglichen (Beweis-)Antrag des Klägers aufdrängen müssen. Hierzu hätte im Streitfall auch deshalb Anlass bestanden, weil das Finanzamt im finanzgerichtlichen Verfahren selbst eingeräumt hat, es habe den Zugang des Einspruchsschreibens (nur) deshalb nicht feststellen können, weil sich das Einspruchsschreiben nicht in der Steuerakte befunden habe.

Es ist schon seltsam, dass das FG bei seinem Urteil offenbar selbst die ständige Rechtsprechung des BGH außer Acht gelassen oder zumindest nicht für einschlägig hatte. Bemerkenswerterweise hatte es nicht einmal die Revision zugelassen. Vielleicht sollten Kolleginnen und Kollegen aus dem Raum Berlin-Brandenburg doch auf meine Empfehlung zurückkommen, sich den Eingang von Schriftstücken stets bestätigen zu lassen. Sicher ist sicher.

Weitere Informationen:
BFH-Beschluss vom 22.6.2020, VI B 117/19

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

60 − = 55