Restaurantschecks und die Ein-Stunden-Regel

Jedes Mal, wenn ich Urteile zu lohnsteuerlichen Begünstigungen lese, frage ich mich, warum Arbeitgeber und Arbeitgeber unbedingt die Grenzen des Machbaren ausloten müssen. Warum müssen es bei Sachbezügen händeringend 44 Euro sein? Warum streitet man sich, ob eine Zahlung wirklich „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ geleistet wird? Und seit Neuestem: Muss der Restaurantscheck eines Arbeitgebers wirklich in der Mittagspause in einer nahe gelegenen Gaststätte eingelöst werden? Oder kann er nicht auch für den Einkauf in einem 50 Km entfernten (!) Supermarkt genutzt werden?

So war es jedenfalls in einem Fall, über den das FG Sachsen-Anhalt zu entscheiden hatte. Einige Arbeitnehmer haben ihre Restaurantschecks nämlich nicht arbeitstäglich in der Nähe des Arbeitsorts eingelöst, sondern auch in Lebensmittelmärkten, die 30 km oder gar 50 km entfernt lagen. Da kam seitens des Finanzamts die Vermutung auf, dass die Gutscheine eben nicht zum Verzehr in der Mittagspause bestimmt waren. Die Schecks seien wie Warengutscheine oder gar wie Barlohn mit ihrem tatsächlichen Wert zu versteuern.

Zumindest für mich überraschend deutlich haben die Finanzrichter hingegen entschieden, dass eine überregionale Einreichung der Restaurantschecks unschädlich ist (Urteil vom 14.11.2019, 2 K 768/16). Das heißt, es bleibt bei der Besteuerung des Sachbezugswerts. Nur in besonders gelagerten Einzelfällen mag das anders zu beurteilen sein. Dieses könnte etwa bei Fahrzeiten von mehr als einer Stunde zum Restaurant oder zum Lebensmittelgeschäft gegeben sein.

Es existieren keine gesetzlichen Kontroll- und/oder Dokumentationspflichten des Arbeitgebers dahingehend, dass die Lebensmittel etwa innerhalb eines gewissen Zeitraums – in der Mittagspause – erworben und sofort verzehrt werden müssten. Insbesondere könne dies nicht aus dem Mahlzeitenbegriff hergeleitet werden. Dass eine Mahlzeit innerhalb einer Mittagspause von 30 Minuten am selben Tage beschafft und verzehrt werden muss, könne selbst den Lohnsteuer-Richtlinien nicht entnommen werden.

Hinweis

Das Urteil ist für den Arbeitgeber und die betroffenen Arbeitnehmer positiv. Dennoch kann ich mich nicht so recht darüber freuen, denn letztlich führen solche Fälle dazu, dass gut gemeinte Vergünstigungen – wie hier die Restaurantschecks – auf lange Sicht gesehen ins Blickfeld des Gesetzgebers gelangen und irgendwann eingeschränkt werden. Ich befürchte, dass die Dokumentationspflichten der Arbeitgeber ausgeweitet werden, wenn das Urteil Schule macht und Arbeitnehmer zunehmend hingehen und ihre Restaurantschecks zum Einkauf „in irgendeinem Supermarkt“ verwenden.


Für weitere Einzelheiten lesen Sie unsere NWB Online-Nachricht vom 07.08.2020

 

 

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