Scheidung? – Wie gewöhnlich…

Stellen Prozesskosten wegen einer Scheidung außergewöhnliche Belastungen dar? Einen Beitrag zur aktuellen Diskussion lieferte kürzlich das Niedersächsische Finanzgericht. Neben der allgemein strittigen Frage nach der Zwangsläufigkeit verneint das FG – soweit ersichtlich in Pionierrolle – auch die Außergewöhnlichkeit solcher Kosten. Dabei war ein solches Urteil schon lange überfällig.

Von den verschiedenen Voraussetzungen für den Abzug von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen sind zwei Merkmale meist entscheidend: die Außergewöhnlichkeit und die Zwangsläufigkeit. Letzteres wird den BFH bei Scheidungskosten demnächst wohl beschäftigen (Az. VI R 66/14 und VI R 81/14). Nicht weniger interessant ist die Frage, ob Scheidungskosten ein außergewöhnliches Ereignis darstellen. Das Niedersächsische FG hat dies nun verneint (Urteil vom 18. 2. 2015, 3 K 297/14).

Im Detail gehen die statischen Belege im Urteil aus meiner Sicht zwar fehl. Denn die Vergleichsgruppe für die Beurteilung sind nicht Geschiedene, sondern Verheiratete. Und zur Abbildung des gesellschaftlichen Wandels müsste die Vergleichsgruppe eigentlich aus den Steuerpflichtigen bestehen, die im gleichen Jahr wie die jeweiligen Streitparteien geheiratet haben. Dies ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass eine Scheidung heutzutage derart viele Steuerpflichtige (absolut und relativ) betrifft, dass man keineswegs von einem außergewöhnlichen Ereignis ausgehen kann. Denn für die Außergewöhnlichkeit ist es eben nicht ausreichend, dass (wohl?) die Minderheit der geschlossen Ehen geschieden wird. Vielmehr dürfte nur eine ganz geringe Minderheit der Ehen geschieden werden. Das erscheint für mich derart klar, dass es rückblickend schon verwunderlich ist, hier nicht bereits früher einmal etwas von Verwaltung oder Gerichten vernommen zu haben.

Sollte sich der BFH der Frage nach der Außergewöhnlichkeit annehmen und zum gleichen Ergebnis kommen, eröffnen sich der Finanzverwaltung ganz neue Handlungsspielräume. Denn kritisch zu hinterfragen ist dann vor allem die Abzugsfähigkeit von Krankheitskosten. Hier geht die Rechtsprechung bei medizinischer Indikation grundsätzlich von außergewöhnlichen Belastungen aus.  Das gilt dann zwar weiterhin für die Zwangsläufigkeit, allerdings nicht zwingend für die Außergewöhnlichkeit. Vor allem Brillen wären dann wohl vom Abzug ausgeschlossen.

Aber nochmal zurück zu den Scheidungskosten. Hält der BFH an seiner alten Rechtsprechung fest, wird die Frage nach der Zwangsläufigkeit „kriegsentscheidend“.  Hier wage ich keine Prognose. Etwas ausführlicher wird immerhin Gerauer in NWB 35/2014 (siehe unten).

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