Serie Bilanzskandale: Das Drittpartnergeschäft von Wirecard und verzweifelte Versuche, die Umsätze nachzuweisen

Was war der Grund für das Geschäft mit den Drittpartnern (TPA-Partner)? Dies ist eine von unzähligen Fragen, die der Fall Wirecard aufwirft. Das Geschäft mit diesen sog. TPA-Partnern wurde vor einigen Jahren eingeführt. Die Begründung von Wirecard war die folgende: In Ländern, in denen Wirecard nicht über die erforderlichen Lizenzen verfügt, wird mit den Drittpartnern zusammengearbeitet.

Die Financial Times hatte mehrfach über die drei Drittpartner von Wirecard berichtet, mit denen ein Großteil des Konzernumsatzes erwirtschaftet wurde. Diese Drittpartner waren in Dubai, auf den Philippinen und Singapur ansässig. Der Bericht der Sonderuntersuchung von KPMG bezieht sich ebenso auf mehrere Artikel in der Financial Times. Denn Dan McCrum und seine Kollegen hatten den hohen Umsatzanteil mit lediglich drei Drittpartnern aufgedeckt.

KPMG hatte die Aufgabe, sowohl die Höhe als auch die Existenz der Umsatzerlöse nachzuweisen. Bei lediglich drei Geschäftspartnern denkt man, sollte dies möglich sein. Doch die Realität sah leider anders aus.

Die verzweifelte Suche der KPMG-Prüfer

Trotz großer Bemühungen seitens der Prüfer von KPMG gelang es diesen nicht, die Existenz der Umsatzerlöse sowie deren Höhe in den Jahren 2016 bis 2018 nachzuweisen. Mangels Kooperationsbereitschaft der Drittpartner von Wirecard erhielt KPMG keine Transaktionsdaten oder sonstige Nachweise. Folglich kann KPMG keinerlei Aussagen über die Höhe und Existenz der Umsatzerlöse treffen.

Den Prüfern wurden weder Verträge zwischen den einzelnen Parteien noch Kontoauszüge oder Bankbestätigungen der Treuhandkonten vorgelegt. KPMG erachtete unter anderem die vorgelegten Saldenbestätigungen der TPA-Partner und Screenshots über Transaktionsvolumina nicht als ausreichende Nachweise im Rahmen der forensischen Untersuchung.

Versteckte Aussage zu den Treuhandkonten im KPMG-Bericht

Im KPMG-Bericht gibt es einen bedeutenden Satz, auf den ich an dieser Stelle hinweisen möchte. Er betrifft die Frage der Treuhandkonten. Durch die Satzkonstruktion ist der Inhalt etwas versteckt – das Osterei haben offenbar viele nicht gefunden. Ansonsten wäre die Reaktion des Kapitalmarktes nach der Veröffentlichung des KPMG-Gutachtens eine andere gewesen. Hier nun endlich der entscheidende Satz auf Seite 16 des KPMG-Berichtes:

„Neben diesen nicht hinreichend nachgewiesenen Einzahlungen auf Treuhandkonten im Umfang von rund EUR einer Mrd.  sind im Untersuchungszeitraum ausweislich der Buchungsjournale Einzahlungen auf Bankkonten, die für die Wirecard Technologies und die Cardsystems Middle East bei der Wirecard Bank geführt werden, i.H.v. EUR 85 Mio durch die TPA-Partner 1 und TPA-Partner 3 erfolgt.“

Kurz gesagt konnte KPMG für die Existenz einer Milliarde Euro keine ausreichenden Nachweise erbringen. Ein Summe, die auch für Wirecard kein Kleinbetrag ist, sondern ein beachtlicher Teil der Bilanzsumme. Durch die Satzkonstruktion kann dies schon einmal überlesen werden, das stimmt. Kritiker wurden von Wirecard massiv bekämpft, wie beispielsweise die Anzeige des Redakteurs Michael Hedtstück vom FINANCE-Magazin im Januar 2020 gezeigt hat. Dies dürfte sicherlich andere Journalisten abgeschreckt haben. Eine Beschattung wünscht sich kein Journalist – vor allem nicht in dem Ausmaß, wie dies bei Dan McCrum und seinen Kollegen lange Zeit der Fall gewesen ist.

Die KPMG-Prüfer suchten nicht nur nach Umsatzerlösen, sondern vor allem auch nach den Kunden von Wirecard. Welche Geschichten Wirecard auftischte und mit welchen Schwierigkeiten die Forensiker zu kämpfen hatten, lesen Sie Anfang März.

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