Steuerermäßigung für energetische Sanierung: BMF-Schreiben konkretisiert „eigene Wohnzwecke“

Aktuell hat das BMF mit Schreiben vom 14.01.2021 zu Anwendungsfragen hinsichtlich der neuen Steuerermäßigung für die energetische Sanierung in § 35c EStG Stellung genommen. Das BMF-Schreiben beantwortet viele Einzelfragen, die im vergangenen Jahr bereits in der Literatur aufgeworfen wurden. Lobenswert ist auch, dass die Verwaltungsanweisung viele Fallbeispiele enthält.

In einige Passagen des BMF-Schreibens lohnt sich dennoch ein kritischer Blick:

Nutzung zu eigenen Wohnzwecken – energetische Sanierung vor Einzug (Rz. 9 und 18)

Die Steuerermäßigung nach § 35c EStG kann nur für Maßnahmen der energetischen Sanierung an Objekten beansprucht werden, die zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden.

Nach dem BMF-Schreiben wird eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn sie zumindest zeitweise vom Eigentümer tatsächlich genutzt wird (z. B. auch Ferienhäuser). Ausreichend ist, wenn die Wohnung im Zusammenhang mit der energetischen Maßnahme nutzbar gemacht wird. Im Bereithalten einer tatsächlich leerstehenden Wohnung liegt grundsätzlich keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken. Ein Leerstand vor Beginn der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken sei jedoch unschädlich, wenn er mit der beabsichtigten Nutzung des begünstigten Objekts zu eigenen Wohnzwecken zusammenhängt. Ein Zusammenhang ist gegeben, wenn die energetischen Maßnahmen unmittelbar vor Beginn der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken erfolgen (z. B. zwischen dem Erwerb und dem Einzug). Dies gilt nach dem BMF auch für mehrjährige Sanierungsmaßnahmen, wenn der Leerstand zwischen dem Beginn der energetischen Sanierungsmaßnahme und dem Einzug durch die Gesamtbaumaßnahme bedingt ist.

§ 35c EStG anders als „Schwestervorschrift“ § 35a EStG

Die Regelung zum Leerstand ist besonders zur Unterscheidung gegenüber der (bereits erprobten) „Schwester-Vorschrift“, der Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen im Privathaushalt gem. § 35a Abs. 3 EStG, hervorzuheben. Nach dem Anwendungsschreiben zu § 35a EStG vom 09.11.2016, BStBl. I S. 1213, Rz. 21, wird der erforderliche Haushalt erst mit der Fertigstellung des Gebäudes begründet. Dies betrifft zwar originär Neubaumaßnahmen, aber ist meines Erachtens auch auf die Kernsanierung inkl. energetischer Aufwertung eines zuvor nicht bezugsfähigen Objekts übertragbar. Monatelange Sanierungsmaßnahmen in einer erworbenen Immobilie zur Herstellung eines bewohnbaren Zustandes wären demnach nicht von der Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 3 EStG begünstigt. Eine Ausnahme sieht das BMF-Schreiben vom 09.11.2016 in Rz. 3 nur für Umzugskosten und (kleine) Renovierungsarbeiten in der alten bzw. neuen Wohnung vor. Eine umfangreiche energetische Sanierung wäre hiervon nicht umfasst.

Daher sind die klarstellenden Ausführungen im Anwendungsschreiben zu § 35c EStG zu begrüßen, um Streitigkeiten in Leerstandsfällen während der Sanierung über mehrere Veranlagungszeiträume bis zum tatsächlichen Einzug im Vorhinein zu vermeiden. Gegebenenfalls wird die Steuerermäßigung nach § 35c EStG in entsprechenden Fällen ohnehin vorläufig gem. § 165 AO festgesetzt, bis eindeutig geklärt ist, dass nach der Sanierung auch zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird.

Häusliches Arbeitszimmer oder Homeoffice im begünstigten Objekt

Werden Teile einer Wohnung nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt (z. B. ein häusliches Arbeitszimmer, das ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt wird, andere beruflich genutzte oder vermietete Räume), ist dies für die Gewährung der Steuerermäßigung nach § 35c EStG dem Grunde nach unschädlich.

Die Aufwendungen für die energetischen Maßnahmen sind jedoch um den Teil der Aufwendungen zu kürzen, der auf den nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzten Teil der Wohnung entfällt. Der Anteil der Aufwendungen, der das häusliche Arbeitszimmer betrifft, führt (ggf. eingeschränkt) zu abzugsfähigen Werbungskosten. Der Restbetrag der Aufwendungen für die Sanierung fließt in die Steuerermäßigung nach § 35c EStG ein. Die Aufteilung ist in der Regel nach dem Nutzflächenverhältnis vorzunehmen. Für die Kürzung ist es unerheblich, ob die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer in voller Höhe nur begrenzt auf den Höchstbetrag von 1.250 € berücksichtigt werden.

Durch das JStG 2020 werden nunmehr aber auch die Sachverhalte steuerlich berücksichtigt, in denen der Arbeitnehmer bzw. Selbständige zwar nicht über ein räumlich abgegrenztes und ausschließlich beruflich genutztes Arbeitszimmer verfügt, aber im Homeoffice, z. B. im zu eigenen Wohnzwecken genutzten Einfamilienhaus, beruflich tätig wird. Hierfür wird für 2020 und 2021 eine Pauschale von 5 € pro Homeoffice-Tag als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben gewährt.

Im Ergebnis könnte dies für das Tatbestandsmerkmal der eigenen Wohnzwecke in § 35c EStG bedeuten, dass bei Gewährung der Homeoffice-Pauschale für Zwecke der Steuerermäßigung eine flächenmäßige Kürzung der begünstigten Aufwendungen erforderlich ist. Denn eine Steuerermäßigung und ein Werbungskostenabzug dürfen nicht gleichzeitig für dieselben Aufwendungen berücksichtigt werden. Daher kommt bei Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers nur für den Rest der Wohnung eine Steuerermäßigung für energetische Sanierungsmaßnahmen in Betracht. Auch sofern eine Deckelung der für das Arbeitszimmer abziehbaren Kosten auf 1.250 € erfolgt. Warum sollte das Homeoffice bessergestellt werden?

Trotz Homeoffice volle Steuerermäßigung für energetische Sanierung möglich

Gegen diese – zugegebenermaßen kleinteilige – Begrenzung der Steuerermäßigung nach § 35c EStG spricht, dass mit der Homeoffice-Pauschale (auch wegen ihrer überschaubaren Höhe) wohl nur regelmäßige Aufwendungen, insbesondere die Betriebskosten abgedeckt werden. Für Kosten einer energetischen Sanierung bleibt in den täglichen 5 € Pauschale wenig Raum. Daher ist meines Erachtens auch bei Gewährung der Homeoffice-Pauschale und begünstigten Maßnahmen der energetischen Sanierung im gleichen Kalenderjahr die Steuerermäßigung nach § 35c EStG ungekürzt für die gesamten Aufwendungen zu gewähren. Homeoffice und (formelles) häuslichen Arbeitszimmer werden dann aus dem Blickwinkel des § 35c EStG zwar vollkommen unterschiedlich gewürdigt – aber meines Erachtens aus guten Gründen.

Lesen Sie hierzu auch:

Heine, Steuerermäßigung für energetische Sanierung – zum Begriff der eigenen Wohnzwecke, NWB 17/2020, S. 1244-1247 (für Abonnenten kostenfrei)


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