Steuermodell “Prepaid-Karten” – Gesetzgeber will handeln, kommt aber zu spät

Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln – so oder so ähnlich kann man wohl das derzeitige Gezerre um die Steuerbegünstigung – oder um die Abschaffung eben jener Steuervorteile – für Prepaidkarten bezeichnen. Aktuell ist wohl davon auszugehen, dass die Begünstigung nach dem Willen des Gesetzgebers in bestimmten Fällen entfallen soll (also nun doch Annahme einer Geldleistung statt einer Sachleistung). Allerdings steht – je nach Sichtweise – zu hoffen oder zu befürchten, dass die geplante gesetzgeberische Umsetzung bereits heute durch die jüngste BFH-Rechtsprechung so gut wie obsolet ist.

Doch zunächst zu dem Gesetzgeber: Mit einer neuen gesetzlichen Definition in § 8 Absatz 1 EStG soll gesetzlich festgeschrieben werden, dass zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate, die regelmäßig als Zahlungsdienste gelten, und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten, grundsätzlich keine Sachbezüge, sondern Geldleistungen sind. Andererseits sollen bestimmte zweckgebundene Gutscheine und Geldkarten, die die Kriterien des § 2 Absatz 1 Nummer 10 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz erfüllen und damit nicht als Zahlungsdienste gelten, (weiterhin) als Sachbezug gelten.

Hierzu sollen regelmäßig sog. Closed-Loop-Karten (z.B. aufladbare Geschenkkarten für den Einzelhandel) und sog. Controlled-Loop-Karten (z B. Centergutschein, „City-Cards“) gehören. Closed-Loop-Karten berechtigen, Waren oder Dienstleistungen vom Aussteller des Gutscheins zu beziehen. Controlled-Loop-Karten berechtigen, Waren oder Dienstleistungen nicht nur beim Aussteller, sondern bei einem begrenzten Kreis von Akzeptanzstellen zu beziehen. In dieser Form sollen speziell kleine und mittelständische Unternehmen vor Ort gefördert werden.

Die begünstigende Regelung soll jedoch regelmäßig nicht anzuwenden sein bei Geldkarten (z.B. bestimmte Open-Loop-Karten), die als Geldsurrogate im Rahmen unabhängiger Systeme des unbaren Zahlungsverkehrs eingesetzt werden können. Als Geldleistung zu behandeln sollen daher insbesondere bestimmte Geldkarten sein, die über eine Barauszahlungsfunktion oder über eine eigene IBAN verfügen, die für Überweisungen (z.B. PayPal) oder für den Erwerb von Devisen (z.B. Pfund, US-Dollar, Franken) verwendet sowie als generelles Zahlungsinstrument hinterlegt werden können.

Eine Ergänzung des § 8 Absatz 2 Satz 11 EStG soll sicherstellen, dass Gutscheine und Geldkarten nur dann unter die 44-Euro-Freigrenze fallen, wenn sie vom Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Der steuerliche Vorteil soll damit insbesondere im Rahmen von Gehaltsumwandlungen ausgeschlossen werden.

Doch nun kommt es: Aktuell hat der BFH entschieden, dass „ohnehin geschuldeter Arbeitslohn“ (nur) derjenige Lohn ist, den der Arbeitgeber verwendungsfrei und ohne eine bestimmte Zweckbindung (ohnehin) erbringt. Wird Arbeitslohn hingegen verwendungs- bzw. zweckgebunden neben dem ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet, wie es bei Fahrtkosten-, Kindergarten- oder Internetzuschüssen der Fall ist, liegt insoweit „zusätzlicher Arbeitslohn“ vor. Damit kommt eine – steuergünstige – Lohnsteuerpauschalierung oder eine Steuerfreiheit selbst dann in Betracht, wenn Arbeitnehmer auf Teile ihres bisherigen Arbeitslohns zugunsten von zweckgebundenen Zuschüssen verzichten (BFH-Urteile vom 1.8.2019, VI R 32/18, VI R 21/17, VI R 40/17). Der BFH stellt dies unter das Motto „Unschädlicher Wechsel der Lohnform“.

Das heißt also: Die im aktuellen Gesetzesvorhaben vorgesehene Voraussetzung „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ kann ohne Weiteres leicht erfüllt werden, indem ein „Wechsel der Lohnform“ vereinbart wird. Es muss also nicht erst eine Gehaltserhöhung abgewartet werden, um eine Prepaidkarte (weiterhin) steuerbegünstigt zu erhalten. Die Neuregelung in § 8 Abs. 2 EStG macht also wenig Sinn.

Weitere Informationen:
BFH-Urteile vom 1.8.2019, VI R 32/18, VI R 21/17 -nv-, VI R 40/17 -nv-

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