Befreiungsschlag für Unternehmen: Am 16.12.2025 hat das EU-Parlament final Erleichterungen bei Nachhaltigkeitsberichtspflichten und Sorgfaltspflichten in Lieferketten beschlossen, die nach Zustimmung des Ministerrats Anfang 2026 in Kraft treten. Wie ist das zu bewerten?
Hintergrund
Ich hatte wiederholt im Blog zu den bürokratischen Pflichten von Unternehmen nach den EU-Richtlinien CSRD und der CSDDD berichtet. Am 13.11.2025 gelang dann im EU-Parlament der Durchbruch für eine nachhaltige inhaltliche Bürokratieentlastung der Unternehmen und für die Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten. Jetzt hat das EU-Parlament am 16.12.2025 die bisherigen Pflichten für Unternehmen deutlich zugunsten von Bürokratieabbau und Wettbewerbsfähigkeit vereinfacht.
Was ändert sich?
Die künftig einfachere Nachhaltigkeitsberichterstattung nach CSRD beinhaltet:
- Adressatenkreis: Nur Unternehmen aus der EU mit durchschnittlich mehr als 1.000 Beschäftigtenund einem Jahresumsatz von mehr als 450 Mio. EUR müssen den Berichtspflichten Die Vorschriften gelten auch für Unternehmen aus Drittstaaten, die in der EU einen Nettoumsatz von mehr als 450 Mio. EUR erzielen, sowie für ihre Tochtergesellschaften und Zweigniederlassungen, die in der EU einen Umsatz von mehr als 200 Mio. EUR erzielen.
- Reduzierung der Berichtspflichten: Die Berichtspflichten werden erheblich vereinfacht, die branchenspezifische Berichterstattung wird freiwillig. Unternehmen, die Nachhaltigkeitsberichte erstellen müssen, dürfen diese Verantwortung nicht auf ihre kleineren Geschäftspartner abwälzen. Unternehmen mit weniger als 1.000 Beschäftigten müssen deshalb ihren größeren Geschäftspartnern keine Informationen zur Verfügung stellen, die über das hinausgehen, was in den Normen für die freiwillige Berichterstattung vorgesehen ist.
- Digitales Portal der EU-Kommission: Damit es leichter wird, die Vorschriften einzuhalten, richtet die Kommission ein digitales Portal ein, auf dem Vorlagen und Leitlinien für die Berichterstattungspflichten der EU und der Mitgliedstaaten abrufbar sind.
Reduzierung Sorgfaltspflichten in Lieferketten nach CSDDD
- Adressatenkreis: Weniger Unternehmen müssen Sorgfaltspflichten hinsichtlich der negativen Folgen ihrer Geschäftstätigkeit für Menschheit und Erde nachkommen. Nach den überarbeiteten Vorschriften gilt diese Pflicht nur noch für große Unternehmen aus der EU mit mehr als 5.000 Beschäftigten und einem Nettojahresumsatz von mehr als 1,5 Mrd. EUR sowie für Unternehmen aus Drittstaaten, die in der EU denselben Umsatz erzielen. Sie müssen Vorstudien durchführen, um Risiken in ihrer Tätigkeitskette zu ermitteln, und sie sollen nur dann Informationen von Geschäftspartnern mit weniger als 5.000 Beschäftigten anfordern, wenn dies für eine eingehende Bewertung nötig ist.
- Pläne entfallen: Übergangspläne, mit denen sichergestellt wird, dass das Geschäftsmodell eines Unternehmens mit dem Übergang zur nachhaltigen Wirtschaft vereinbar ist, müssen nicht mehr erstellt werden. Die Pflicht zur Implementierung eines Klimatransitionsplans entfällt vollständig.
- Sanktion und Haftung: Die Unternehmen haften auf einzelstaatlicher Ebene für Vorstöße gegen die Vorschriften und können mit Geldbußen belegt werden, die bis zu 3 % des weltweiten Nettoumsatzes des Unternehmens betragen. Auch die ursprünglich EU-weit vorgesehene einheitliche zivilrechtliche Haftungsregelung wird gestrichen
Bewertung: Entlastung war dringend nötig!
Mit dem jetzt beschlossenen Omnibus-I-Paket vollzieht die EU einen klaren Paradigmenwechsel in der Nachhaltigkeitsregulierung der EU. Die Pflichten werden zwar nicht abgeschafft, aber deutlich fokussierter, risikobasierter und auf (sehr) große Unternehmen konzentriert. Für viele Unternehmen bedeutet dies kurzfristig eine spürbare Entlastung – endlich. Mittel- und langfristig bleibt Nachhaltigkeit allerdings ein entscheidender Faktor für Finanzierung, Lieferkettensteuerung und Marktzugang auch angesichts reduzierter Berichtspflichten. Und schließlich hat sich das EU-Parlament vorbehalten, im Bedarfsfalle die CSRD- und CSDDD-Pflichten später auch wieder zu modifizieren.
Die Entlastungsmaßnahmen waren aber zur Herstellung internationaler Wettbewerbsfähigkeit auf Weltmärkten unerlässlich. Das gilt insbesondere auch für deutsche Unternehmen. Jetzt ist der Bundestag gefordert, das EU-Paket innerstaatlich umzusetzen – aber bitte mit Augenmaß und keinesfalls über eine 1:1 Umsetzung hinaus ..!
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