Verkürzter AfA-Zeitraum? Nicht bei wirtschaftlich vertretbarem Sanierungsaufwand

Liegt die tatsächliche Nutzungsdauer eines Gebäudes unter der typisierten Nutzungsdauer des § 7 Abs. 4 EStG (zumeist 33, 40 oder 50 Jahre), so kann die AfA statt mit den pauschalierten AfA-Sätzen nach der tatsächlichen Nutzungsdauer vorgenommen werden (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG). Die Gerichte haben mehrfach geurteilt, dass den Steuerpflichtigen keine zu hohen Anforderungen an den Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer aufgebürdet werden dürfen. Im Rahmen des NWB-Expertenblogs wurde darüber schon des Öfteren berichtet (vgl. zuletzt „Verkürzter AfA-Zeitraum: Erneute Schlappen für die Finanzverwaltung„).

Nun hat das FG München allerdings zu Ungunsten eines Immobilienbesitzers entschieden, dass eine Verkürzung des AfA-Zeitraums nicht in Betracht kommt, wenn ein Gebäude mit vertretbarem Aufwand saniert und im Anschluss doch langfristig – wirtschaftlich erfolgreich – genutzt werden kann (FG München, Urteil vom 10.4.2025, 10 K 1531/21).

Der Sachverhalt – Finanzamt kürzt AfA auf zwei Prozent

Eine GbR erwarb ein Gebäude, das vormals als Hotel genutzt wurde. Im Anschluss wurde dieses an die Bezirksregierung zur Nutzung als Asylbewerberheim für zehn Jahre vermietet. Die GbR legte dem Finanzamt ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für das Gebäude vor. Der Gutachter hat dabei die Restnutzungsdauer auf zehn Jahre geschätzt. Dementsprechend machte die GbR einen AfA-Satz von zehn Prozent geltend. Das Finanzamt hingegen setzte die AfA nur mit zwei Prozent an. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Die Begründung – ebenfalls in aller Kürze:

Der vom Gericht seinerseits beauftragte Gutachter habe festgestellt, dass es nicht auszuschließen sei, dass die öffentliche Hand auch nach Ablauf des Mietvertrages ein Interesse an einer weiteren Nutzung als Unterkunft für Asylbewerber haben könne. Eine solche – weitere – Anmietung könne aus Sicht des Immobilieneigentümers auch zu wirtschaftlich sinnvollen Bedingungen erfolgen. Doch unabhängig davon sei eine Rückumwandlung in ein Hotel (hier in ein Hotel Garni) am ehesten umsetzbar. Es sei wirtschaftlicher, die dabei entstehenden Umbau- und Sanierungskosten zu tragen als das Gebäude abzureißen und das Grundstück neu zu bebauen. Der Brandschutz sei bei Asylbewerberheimen sogar höher als bei einer Nutzung als Hotel Garni und Stellplätze stellten ebenfalls kein Problem dar.

Denkanstoß:

Das Gericht hat die Revision nicht zugelassen, doch es wurde die Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (Az. IV B 21/25). Ich bin gespannt, wie der BFH entscheiden wird, sollte er die Revision zulassen. Nach derzeit noch geltender – wenn auch „in die Jahre gekommener“ – Rechtsprechung des BFH dürfte eine eventuelle Revision zwar nur wenig Aussicht auf Erfolg haben (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15.12.1981, VIII R 116/79, BStBl 1982 II S. 385).

Doch wer weiß: Vielleicht ändert der BFH seine Auffassung.

Ein Beitrag von:

  • Christian Herold

    • Steuerberater in Herten/Westf. (www.herold-steuerrat.de)
    • Autor zahlreicher Fachbeiträge
    • Mitglied im Steuerrechtsausschuss des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe

    Warum blogge ich hier?
    Als verantwortlicher Redakteur und Programmleiter zahlreicher Steuerfachzeitschriften, meiner früheren Tätigkeit in der Finanzverwaltung und meiner über 25-jährigen Arbeit als Steuerberater lerne ich das Steuerrecht sowohl aus theoretischer als auch aus praktischer Sicht kennen. Es reizt mich, die Erfahrungen, die sich aus dieser Kombination ergeben, mit den Nutzern des Blogs zu teilen und freue mich auf viele Rückmeldungen.

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