Vermögensverwaltende Personengesellschaft: Gesellschafterdarlehen sind steuerlich (zum Teil) unbeachtlich

Ein einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft gewährtes Gesellschafterdarlehen ist steuerrechtlich insoweit nicht anzuerkennen, als die Darlehensverbindlichkeit der Gesellschaft ihrem Gesellschafter nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO steuerrechtlich zuzurechnen ist. Das Darlehensverhältnis führt in diesem Umfang weder beim Darlehensnehmer zu abzugsfähigen Werbungskosten noch beim Darlehensgeber zu Einnahmen aus Kapitalvermögen, sondern ist als eine steuerneutrale Einlage zu behandeln – so lautet der Tenor des BFH-Urteils vom 27.11.2024 (I R 19/21)

Der Sachverhalt in aller Kürze:

Eine GmbH & Co KG, erwarb eine Immobilie und erzielte anschließend Mieteinnahmen. Zur Finanzierung des Kaufpreises gewährte ihr Kommanditist der Personengesellschaft ein verzinsliches Darlehen. Er selbst hielt 100 Prozent der Kommanditanteile. Das Finanzamt berücksichtigte die Darlehenszinsen jedoch nicht als Werbungskosten, weil das Darlehen steuerrechtlich nicht anzuerkennen sei. Dies beruhe auf der Rechtsprechung des BFH zur Nichtanerkennung von Mietverträgen zwischen einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft und ihrem Gesellschafter. Diese gelte hier sinngemäß (z.B. BFH-Urteil vom 18.5.2004, IX R 83/00). Klage und Revision blieben erfolglos.

Ein Hinweis noch zum Sachverhalt: Zur Geschäftsführung war nicht nur die GmbH, sondern auch ihr Kommanditist befugt. Daher lag keine gewerbliche Prägung der GmbH & Co. KG vor.

Die Begründung:

Die Klägerin hat als vermögensverwaltende Personengesellschaft Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Eine Personengesellschaft ist zwar zivilrechtlich als selbstständiges Rechtssubjekt und in begrenztem Umfang auch als Steuerrechtssubjekt anerkannt. Bei der Anerkennung von schuldrechtlichen Beziehungen zwischen der Personengesellschaft und ihren Gesellschaftern differenziert das Steuerrecht allerdings zwischen Mitunternehmerschaften und rein vermögensverwaltenden Personengesellschaften. Bei Mitunternehmerschaften ist § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG maßgebend, der für vermögensverwaltenden Personengesellschaften nicht gilt. Hier bleibt es vielmehr bei der Vorschrift des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO, wonach Wirtschaftsgüter den Gesellschaftern steuerlich anteilig zuzurechnen sind.

Daraus folgt wiederum: Bei einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft sind Mietverträge zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern steuerrechtlich nicht anzuerkennen, wenn und soweit diesen das Grundstück bzw. das Nutzungsrecht an dem Grundstück nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anteilig zuzurechnen ist. Denn insoweit fehlt es zur steuerrechtlichen Anerkennung eines entsprechenden Schuldverhältnisses an der erforderlichen Personenverschiedenheit von Gläubiger und Schuldner. Gleiches gilt schließlich für passive Wirtschaftsgüter wie Darlehensverträge zwischen der vermögensverwaltenden Personengesellschaft und ihrem Gesellschafter. Soweit dem Gesellschafter eine Forderung oder eine Verbindlichkeit aus einem Darlehensvertrag mit seiner Gesellschaft nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO steuerrechtlich zuzurechnen ist, fallen Gläubiger und Schuldner des Vertrags zusammen, so dass die Forderung bei Maßgabe der steuerrechtlichen Betrachtung für Besteuerungszwecke erlischt (so genannte Konfusion).

In diesem Umfang ist die schuldrechtlich wirksame Vereinbarung steuerrechtlich nicht anzuerkennen mit der Folge, dass entsprechende Zinsen beim Darlehensnehmer keine abzugsfähigen Werbungskosten darstellen und beim Darlehensgeber nicht zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zählen. Fazit: Da der Kommanditist 100 Prozent der Anteile hielt, kam ein Abzug der Darlehenszinsen im Urteilsfall nicht in Betracht.

Denkanstoß:

Die Vorinstanz hatte die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Die Frage, ob ein Darlehensverhältnis zwischen einem Gesellschafter und einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft auf Grund der Bruchteilsbetrachtung nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO steuerrechtlich nicht anzuerkennen ist, soweit der darlehensgebende Gesellschafter selbst an der Gesellschaft beteiligt ist, war bislang höchstrichterlich nicht geklärt. Die Klägerin hatte im Übrigen argumentiert: Eine Verbindlichkeit sei auf Ebene der Klägerin nicht zu passivieren, da die Bruchteilsgemeinschaft nicht bilanzierungspflichtig sei. Es entstehe daher kein Wirtschaftsgut, das zur Anwendung des § 39 AO führe. Doch der BFH hat sich dieser Argumentation nicht angeschlossen.

 

Ein Beitrag von:

  • Christian Herold

    • Steuerberater in Herten/Westf. (www.herold-steuerrat.de)
    • Autor zahlreicher Fachbeiträge
    • Mitglied im Steuerrechtsausschuss des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe

    Warum blogge ich hier?

    Als verantwortlicher Redakteur und Programmleiter zahlreicher Steuerfachzeitschriften, meiner früheren Tätigkeit in der Finanzverwaltung und meiner über 25-jährigen Arbeit als Steuerberater lerne ich das Steuerrecht sowohl aus theoretischer als auch aus praktischer Sicht kennen. Es reizt mich, die Erfahrungen, die sich aus dieser Kombination ergeben, mit den Nutzern des Blogs zu teilen und freue mich auf viele Rückmeldungen.

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