Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung

Am 27.4.2023 hat der Deutsche Bundestag in erster Lesung den von der Bundesregierung beschlossenen Regierungsentwurf zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung. Die kontroverse Debatte zeigt: Weiter könnten die politischen Positionen nicht auseinanderliegen. Hat das Gesetz eine Umsetzungschance?

Hintergrund

Der Fachkräfte-, ja auch Arbeitskräftemangel, zählt im Urteil der deutschen Unternehmen zu den wesentlichen Wachstums- und damit Wohlstandsrisiken in Deutschland. Schon heute fehlen in vielen Regionen und Branchen gut ausgebildete Fachkräfte – und nicht nur diese. Die Zahl der offenen Stellen für Fachkräfte lag 2022 bei rund 1,98 Millionen. Im Rahmen der Fachkräftestrategie soll die Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älteren erhöht und die Aus- und Weiterbildung gestärkt werden. Zusätzlich braucht Deutschland aber auch qualifizierte Einwanderung, damit die Unternehmen ihre Fachkräftebasis sichern und erweitern können.

Fachkräfteeinwanderung schon seit August 2019 gesetzlich geregelt

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz vom 15.8.2019 (BGBl 2019 I S. 1307), im Wesentlichen in Kraft seit 1.3.2020, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21.12.2022, ist Teil des sog. Migrationspakets der deutschen Bundesregierung ist und der Umsetzung verschiedener EU-Richtlinien über die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen dient. Durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz können Fachkräfte mit beruflicher, nicht-akademischer Ausbildung zu Arbeitszwecken leichter nach Deutschland einwandern. Bereits bestehende Regelungen für Fachkräfte mit Hochschulabschluss werden fortgeführt und teilweise weiter erleichtert. Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz wird der Rahmen für die Einwanderung von qualifizierten Fachkräften aus Ländern außerhalb der EU nach Deutschland erweitert.

Bundeskabinett will Modernisierung der Zuwanderung

Die vom Kabinett am 29.3.2023 beschlossenen Entwürfe für ein modernisiertes Gesetz sowie eine Verordnung zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung, die am 27.4.2023 erstmals beraten wurden, zielen darauf ab, noch mehr Fachkräfte im Ausland zu gewinnen: Weniger bürokratische Hürden, Abbau von Zugangshemmnissen wie Deutschkenntnissen oder Berufsqualifikation – dies alles soll helfen, mehr Zuwanderung zu ermöglichen. Die Bundesregierung plant die Einführung eines Punktesystems nach kanadischem Vorbild, das Kriterien wie Qualifikation, Berufserfahrung oder Sprachkenntnisse berücksichtigt.

Ausblick und Bewertung

Richtig ist: Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) beziffert die Zahl der offenen Stellen in Deutschland auf 1,8 Millionen. 80 Prozent der Stellen benötigen hiervon einen Berufsschulabschluss oder ein Hochschulstudium, nur 20 Prozent der Stellen sind hiernach für Ungelernte und Minderqualifizierte geeignet. Dies erklärt die Kritik der Unionsparteien an einer „Zuwanderung von Minderqualifizierten“.

Und dennoch: Wir haben längst keinen bloßen Mangel an Fachkräften in Deutschland, sondern einen Arbeitskräftemangel, nachdem auch geringer qualifizierte Arbeitskräfte seit Jahren händeringend gesucht werden. Eine weitere Abschottung des Zuwanderungs- und Arbeitsmarktes mit zu hohen bürokratischen Hürden gefährdet deshalb die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen über alle Wirtschaftsbranchen hinweg. Deswegen braucht die Fachkräfte- und Zuwanderungspolitik einen Paradigmenwechsel.

Die kontroverse Diskussion des Regierungsentwurfs in der ersten parlamentarischen Lesung am 27.4.2023 lässt allerdings befürchten, dass es ein langer und zäher Kampf wird auf dem, Weg zu mehr Zuwanderung. Jetzt wird der Entwurf im federführenden Innenausschuss weiter beraten. Wir bleiben dran…

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