Wenn der Geschäftsbericht zur Bühne wird – Knaus Tabbert und der Korruptionsfall im Vorstand

Eigentlich soll ein Geschäftsbericht vor allem Erfolge feiern – doch manchmal sieht die Realität anders aus. Bei der Knaus Tabbert AG wurde 2024 nicht nur über Umsatzzahlen und Strategien berichtet, sondern auch über Ermittlungen gegen zwei ehemalige Vorstandsmitglieder. Plötzlich tauchen Begriffe wie „Korruption“ und „strafrechtlich relevante Handlungen“ auf. Wie geht ein Unternehmen mit so einem Fall um – und was verrät das über seine Haltung zu Transparenz?

Was zwei ehemaligen Vorstandsmitgliedern vorgeworfen wird

Den ehemaligen Vorstandsmitgliedern Werner Vaterl und Gerd Adamietzki werden strafrechtlich relevante Handlungen vorgeworfen. Konkret geht es unter anderem um die mutmaßliche Überschreitung des technisch zulässigen Gesamtgewichts bei bestimmten Fahrzeugen – ein Thema, das auch zu internen und externen Untersuchungen führte. Weitere Vorwürfe, die nicht näher ausgeführt werden, scheinen im Bereich Compliance-Verstöße mit möglichem strafrechtlichem Hintergrund zu liegen – so jedenfalls lässt sich die entschlossene Reaktion des Aufsichtsrats deuten, der die sofortige Abberufung beider Vorstände beschloss.

Wie Knaus Tabbert den Fall kommuniziert

Im Bericht des Aufsichtsrats wird der Fall ohne Umschweife benannt: Es wird offen kommuniziert, dass strafrechtliche Vorwürfe im Raum stehen. Das Unternehmen stellt zugleich klar, selbst nicht Beschuldigter zu sein und verweist auf die enge Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft.

Knaus Tabbert setzte unmittelbar einen Sonderausschuss ein, der sich mit internen Untersuchungen und der Überwachung der Liquiditätslage befasst. Bereits im Dezember 2024 beschloss der Aufsichtsrat zudem, externe Berater mit der Aufklärung sowie mit der möglichen Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen zu beauftragen – ein Schritt, den viele Unternehmen aus Sorge vor Reputationsverlust eher meiden.

Und es blieb nicht bei Worten:

„Unrechtmäßiges Verhalten von Einzelpersonen hat die Reputation unseres Unternehmens ernsthaft beschädigt und Knaus Tabbert erheblichen Schaden zugefügt.“
(Geschäftsbericht 2024, S. 18)

Auch finanziell ist die Angelegenheit spürbar: 3,9 Mio. Euro fielen 2024 allein für Rechts- und Beratungsleistungen an. Zudem mussten geleistete Anzahlungen in Höhe von 1,5 Mio. Euro ausgebucht werden (vgl. Geschäftsbericht 2024, S. 33). Das ist deutlich – und vor allem: öffentlich.

Und mein Senf dazu

Knaus Tabbert berichtet deutlich über den Vorwurf gegen die beiden ehemaligen Vorstandsmitglieder. Bei strafrechtlichen Ermittlungen ist auch nichts anderes denkbar. Die Vorwürfe, die im Raum stehen, sind alles andere als Kleinigkeiten. Die Vorwürfe wurden am 27. November 2024 erhoben, am 28. November 2024 hat sich das Unternehmen von den zwei betroffenen Vorstandsmitgliedern getrennt.

Und das ist gut so. Denn Geschäftsberichte sind nicht nur Zahlenwerke, sondern auch Ausdruck von Haltung und Unternehmenskultur. Wer in schwierigen Zeiten Klartext spricht, beweist nicht nur ein gewisses Maß an Reife, sondern stärkt am Ende sogar das Vertrauen der Stakeholder – auch wenn der Weg dorthin unangenehm ist.

Wichtig wird nun sein, was dem klaren Bericht folgen wird: Konsequenzen, Konsequenz und eine echte Compliance-Kultur – nicht nur auf dem Papier. Allein den Vorstand auszutauschen ist nicht ausreichend. Die Veränderungen im Bereich Compliance zur Prävention eines erneuten Falls wie diesem müssen vor allem auch von den Führungskräften gelebt werden. Anders als im Fall von Hugo Boss – bei dem die Bafin gegen den Vorstand Daniel Grieder ermittelt hatte – reicht hier eine Entschuldigung nicht aus.

Was es mit dem Fall von Hugo Boss auf sich hat? Dazu werde ich auch bald berichten. Denn Mitte Mai nehme ich an der Hauptversammlung von Hugo Boss teil. Sie brauchen also noch etwas Geduld.

Weitere Informationen:

 

 

Ein Beitrag von:

  • Dr. Carola Rinker

    • Diplom-Volkswirtin und Unternehmensberaterin
    • Erstellung von (Gerichts-)Gutachten, Stellungnahmen und Analysen zu Bilanzierungssachverhalten
    • Fachbuchautorin
    • Anhörung als Sachverständige im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Wirecard Skandal des Deutschen Bundestages und im Finanzausschuss zum FISG
    • Mehr unter carolarinker.de

    Warum blogge ich hier?
    Aus Interesse an den Themen. Aus Spaß. Aus Netzwerk-Gründen. Als Ergänzung zu meiner Arbeit als Unternehmensberaterin und meinen Lehrveranstaltungen ist das Bloggen wunderbar geeignet. Ein Blog bietet die Möglichkeit, sich in einzelne Themen zu vertiefen – und sich anschließend mit Lesern darüber auszutauschen. Da jedes Jahr neue Jahresabschlüsse von Unternehmen vorgelegt werden und sich die Regeln der Bilanzierung ständig ändern, wird mir der Stoff nie ausgehen.

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