Fahrten zum Betrieb des Arbeitgebers sind nur mit der Entfernungspauschale abziehbar, wenn dort die erste Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers liegt. Wer aber den Betriebssitz nur gelegentlich aufsucht oder dort nur unwesentliche Arbeiten verrichtet, hat dort grundsätzlich keine erste Tätigkeitsstätte und kann Fahrten zum Betrieb folglich nach Reisekostengrundsätzen geltend machen. Fährt ein Arbeitnehmer indes täglich zu einem Sammelpunkt, um von dort mit einem Fahrzeug des Arbeitgebers weiterzufahren, so sind die Fahrten zum Sammelplatz nur mit der Entfernungspauschale zu berücksichtigen.
In diesem Zusammenhang stellte sich die Frage, ob wöchentliche Fahrten eines Berufskraftfahrers zum Betriebssitz nur mit der Entfernungspauschale („Pendlerpauschale“) oder nach Reisekostengrundsätzen abziehbar sind.
Das FG Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass ein Berufskraftfahrer keine erste Tätigkeitsstätte am Betriebssitz des Arbeitgebers hat, wenn er sich dort nur am Wochenanfang bzw. am Wochenende für insgesamt circa vier Stunden die Woche aufhält, seine eigentliche Arbeit aber „auf dem Fahrzeug“ leistet. Auch liegen keine Fahrten zu einem Sammelpunkt vor (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.2.2025, 15 K 3114/23).
Der Sachverhalt:
Der Kläger, ein Lkw-Fahrer, begibt sich einmal pro Woche zum Betriebssitz seines Arbeitgebers, von wo aus er mit dem Lkw seine Wochentour beginnt. Ende der Woche stellt er den Lkw wieder am Betriebssitz ab. Vor- und nachbereitende Tätigkeiten (Überprüfung des Lkw auf Fahrtauglichkeit, Erstellung und Besprechung von Tourenplänen, Be- und Entladen) werden am Betriebssitz durchgeführt. Hierzu hält sich der Kläger Anfang der Woche ca. 1,5 Stunden und Ende der Woche ca. 2,5 Stunden am Betriebssitz auf. Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger 89 Fahrten von seiner Wohnung zum Betriebssitz und zurück nach Reisekostengrundsätzen mit 30 Cent pro Kilometer geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die Fahrten jedoch lediglich mit der Pendlerpauschale. Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg.
Die Begründung:
Die Haupttätigkeit des Klägers wird auf dem Lkw erbracht und nicht am Betriebssitz des Arbeitgebers, und zwar sowohl quantitativ als auch qualitativ. Allein geringfügige Tätigkeiten des Arbeitnehmers am Betriebssitz des Arbeitgebers führen nicht zur Annahme einer ersten Tätigkeitsstätte. Auch die Annahme eines Sammelpunktes kommt nicht in Betracht. Diese setzt gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG voraus, dass der Arbeitnehmer den Sammelpunkt zur Aufnahme der Arbeit aufgrund der Weisung des Arbeitgebers zum einen typischerweise arbeitstäglich und zum anderen auch dauerhaft aufzusuchen hat. Zwar hat der Kläger sich regelmäßig zu Beginn und zum Ende der Woche am Betriebssitz des Arbeitgebers einzufinden, um dort den Lkw in Empfang zu nehmen und vor- und nachbereitende Tätigkeiten zu übernehmen. Dieses Aufsuchen des Betriebssitzes erfolgte jedoch nicht typischerweise arbeitstäglich.
Denkanstoß:
Es wurde war die Revision zugelassen, doch diese wurde seitens des Finanzamts nicht eingelegt. In ähnlich gelagerten Fällen sollten sich Betroffene daher auf das Besprechungsurteil berufen. Auch kann es nicht schaden, das BFH-Urteil vom 19.4.2021 (VI R 6/19) anzuführen: Wenn der Sammelpunkt nicht typischerweise arbeitstäglich aufgesucht wird, sind die Fahrten dorthin mit den Dienstreisesätzen und nicht nur mit der Entfernungspauschale abziehbar.
Interessant ist auch ein Urteil des FG Mecklenburg-Vorpommern. Dieses hat entschieden, dass keine Fahrten zum Sammelpunkt vorliegen, wenn ein Möbelmonteur den betrieblichen Lkw nach der Arbeit jeweils am Straßenrand oder auf einem – wechselnden – öffentlichen Parkplatz abstellt, von dort mit dem eigenen Pkw nach Hause fährt und den Lkw am Morgen darauf wieder übernimmt (Urteil vom 1.9.2022, 2 K 104/19).