Wohn-Riester: Keine Nutzung zur Tilgung von Darlehen des Ehegatten

Das so genannte „Wohn-Riester“ ist nicht gerade leicht zu durchschauen. Und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass es darüber immer wieder zum Streit mit der Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) kommt. Das heißt, es ist fraglich, ob bei der beabsichtigten Entnahme des Kapitals tatsächlich eine wohnungswirtschaftliche Verwendung vorliegt.

Kürzlich hat der BFH jedenfalls entschieden, dass die Tilgung eines von dem Ehegatten aufgenommenen Darlehens keine wohnungswirtschaftliche Verwendung des Kapitals ist (BFH Urteil vom 2.4.2025, X R 6/22).

Der Sachverhalt:

Eheleute erwarben im September 1998 gemeinsam ein Gebäude. Zuvor hatten sie in einer Immobilie gewohnt, die sie im September 2000 verkauft haben. Zur Finanzierung des 1998 erworbenen Objekts hatte der Ehemann mehrere Darlehen aufgenommen. Diese dienten zugleich der Umfinanzierung für die im Zuge der ersten Immobilie aufgenommenen Darlehen. Die Ehefrau wurde nicht Schuldnerin der Darlehen, hatte aber bereits im Oktober 1994 zur Sicherung aller bestehenden und künftigen Ansprüche der Bank gegen ihren Ehemann eine selbstschuldnerische Bürgschaft übernommen. Im August 2020 beantragten die Eheleute nach §§ 92a und b EStG die Entnahme von Kapital aus ihren Altersvorsorgeverträgen zur Sondertilgung der Darlehen. Die ZfA lehnte den Antrag der Ehefrau aber mit der Begründung ab, sie sei nicht unmittelbare Darlehensschuldnerin, so dass für sie keine wohnungswirtschaftliche Verwendung gegeben sei. Einspruch, Klage und Revision blieben ohne Erfolg.

Die Begründung in aller Kürze:

Gemäß § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG kann der Zulageberechtigte das in einem Altersvorsorgevertrag gebildete und geförderte Kapital bis zum Beginn der Auszahlungsphase unmittelbar für die Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung (Alternative 1) oder zur Tilgung eines zu diesem Zweck aufgenommenen Darlehens verwenden (Alternative 2, so genannte Entschuldungsalternative). Allerdings folgt aus der gesetzlichen Systematik, dass die Tilgung eines nicht vom Zulageberechtigten selbst aufgenommenen Darlehens keine begünstigte wohnungswirtschaftliche Verwendung sein kann. Das gilt auch dann, wenn der Darlehensnehmer der Ehegatte ist. Die Übernahme der selbstschuldnerischen Bürgschaft ändert an diesem Ergebnis nichts.

Mit der Möglichkeit, alternativ zur Kapitalverwendung für die Anschaffung oder Herstellung des Wohneigentums ein zur Finanzierung der Anschaffung oder Herstellung aufgenommenes Darlehen zu tilgen, wollte der Gesetzgeber zur Entschuldung des Zulageberechtigten beitragen. Durch die Ablösung von Darlehen, deren Mittel der Finanzierung des Erwerbs von Wohneigentum dienen, soll ein Beitrag zum „mietfreien Wohnen im Alter“ geleistet werden (vgl. BFH-Urteil vom 16.2.2022, X R 26/20). Dieser Zweck wird aber nur dann erreicht, wenn es sich um die Tilgung eines eigenen Darlehens des Zulageberechtigten handelt. Die Entschuldung eines Dritten ist vom Gesetzeszweck nicht gedeckt.

Denkanstoß:

Die Urteilsbegründung ist nicht gerade leicht verdaulich, da der BFH tief in die Gesetzessystematik einsteigt. „Richtig verstehen“ werden das vermutlich nur Fachleute. Unabhängig davon frage ich mich, was den Klägern ein positives BFH-Urteil überhaupt noch genutzt hätte, denn zwischen ihrem Antrag und der BFH-Entscheidung sind fast fünf Jahre vergangen.

 

Ein Beitrag von:

  • Christian Herold

    • Steuerberater in Herten/Westf. (www.herold-steuerrat.de)
    • Autor zahlreicher Fachbeiträge
    • Mitglied im Steuerrechtsausschuss des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe

    Warum blogge ich hier?
    Als verantwortlicher Redakteur und Programmleiter zahlreicher Steuerfachzeitschriften, meiner früheren Tätigkeit in der Finanzverwaltung und meiner über 25-jährigen Arbeit als Steuerberater lerne ich das Steuerrecht sowohl aus theoretischer als auch aus praktischer Sicht kennen. Es reizt mich, die Erfahrungen, die sich aus dieser Kombination ergeben, mit den Nutzern des Blogs zu teilen und freue mich auf viele Rückmeldungen.

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