Zwangsversteigerung als Veräußerungsvorgang i.S. des § 23 EStG? Nun ist der VIII. Senat am Zuge

„Zwangsversteigerung einer Immobilie gilt als Veräußerungsvorgang i.S. des § 23 EStG“ – so lautete die Überschrift eines Blog-Beitrages, den ich erst kürzlich veröffentlicht hatte. Er beruht auf dem BFH-Urteil vom 12.11.2024 (IX R 6/24). Sofern also im Rahmen der Zwangsversteigerung einer Immobilie ein „Gewinn erzielt“ wird, unterliegt dieser nach Ansicht des IX. Senats des BFH der Einkommensteuer – vorausgesetzt natürlich, die Zehn-Jahres-Frist ist noch nicht überschritten und es handelt sich nicht um die Versteigerung des Eigenheims.

Doch ist das Thema damit erledigt? Die Antwort lautet „Nein“. Denn – für mich durchaus sensationell – hat es eine Revision in einer ähnlichen Sache über den Umweg einer Nichtzulassungsbeschwerde zum VIII. Senat des BFH geschafft. Das Az. lautet VIII R 25/24.

Denkanstoß:

Die Vorinstanz, das Niedersächsische FG, hat zwar einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn aufgrund der Versteigerung angenommen (Urteil vom 7.12.2023, 10 K 239/20). Und die Erfolgsaussichten des aktuellen Revisionsverfahrens sind sicherlich nicht allzu groß. Dennoch sollten entsprechende Fälle zunächst weiter offen gehalten werden.

Im Jahre 2019 hat der BFH übrigens entschieden, dass der Eigentumsverlust durch Enteignung eines Grundstücks gegen den Willen des Eigentümers keine Veräußerung und somit kein privates Veräußerungsgeschäft gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG darstellt. Folglich ist eine Entschädigung für die Enteignung auch innerhalb des Zehn-Jahres-Zeitraums nicht steuerpflichtig (BFH-Urteil vom 23.7.2019, IX R 28/18). Die Fälle „Enteignung und „Zwangsversteigerung“ sind also voreinander zu unterscheiden.

Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass es in dem oben genannten Revisionsverfahren auch um folgende Frage geht: Ob und wie ist ein Übergangsgewinn nach einer Betriebsaufgabe im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit bei dem Wechsel der Gewinnermittlungsart von § 4 Abs. 3 EStG zu § 4 Abs. 1 EStG zu bilden?

Ein Beitrag von:

  • Christian Herold

    • Steuerberater in Herten/Westf. (www.herold-steuerrat.de)
    • Autor zahlreicher Fachbeiträge
    • Mitglied im Steuerrechtsausschuss des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe

    Warum blogge ich hier?

    Als verantwortlicher Redakteur und Programmleiter zahlreicher Steuerfachzeitschriften, meiner früheren Tätigkeit in der Finanzverwaltung und meiner über 25-jährigen Arbeit als Steuerberater lerne ich das Steuerrecht sowohl aus theoretischer als auch aus praktischer Sicht kennen. Es reizt mich, die Erfahrungen, die sich aus dieser Kombination ergeben, mit den Nutzern des Blogs zu teilen und freue mich auf viele Rückmeldungen.

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