Auch eine Art Weihnachtsgeschichte: Im „Lager mit Laden“ dürfen auch Kinder einer Krippe gelagert werden…

…denn Kinderlärm ist keine schädliche Umwelteinwirkung

Passend kurz vor Weihnachten hat der BGH entschieden, dass in einer Teileigentumseinheit, die in der Teilungserklärung als „Laden mit Lager“ bezeichnet ist ein Eltern-Kind-Zentrum betrieben werden darf.

Worum geht es?

In vielen Teilungserklärungen ist die Zweckbestimmung für ein Teileigentum eher weit gefasst. Meist heißt es nur „Laden“ oder „Restaurant“. Das ist nachvollziehbar, weil bei der Teilung ja oft noch nicht klar ist, wer das Teileigentum erwirbt und dort selbst tätig ist oder es gewerblich vermietet. Umgekehrt kann manchmal genau festgelegt sein, was damit gemacht werden soll, etwa bei Hotelapartments. Immer wieder kommt es vor, dass es Streit gibt, ob ein bestimmter Zweck zulässig ist. Meist beschweren sich…

…die genervten Bewohner, die ihre Ruhe haben wollen

Wer aber in einer Wohnungseigentumsanlage über einer Teileigentumseinheit wohnt, kann nicht verlangen, dass dort eine Einrichtung „verboten“ wird, in der sich Kinder aufhalten, die auch schon mal lauter sein können. Das hat der BGH im Urteil vom 13. Dezember 2019 (V ZR 203/18) entschieden.

Warum ist das so?

Der Grundsatz lautet: Ein Wohnungseigentümer kann von dem Mieter einer anderen Einheit gemäß § 1004 Abs. 1 BGB Unterlassung verlangen, wenn dieser die Einheit anders nutzt als in der Teilungserklärung vorgesehen.

Dann folgt aber die erste Ausnahme: Das gilt dann nicht, wenn die tatsächliche Nutzung bei typisierender Betrachtung nicht mehr stört als die erlaubte Nutzung. Sprich: Auch wenn in der Teilungserklärung „Restaurant“ steht, kann auch eine andere Art von Gaststätte betrieben werden – solange es keine Disco (für die Millenials: so nannte man früher Clubs) ist, die wohl störender sein dürfte.

Auf den Fall angewandt:  Geräusche, die von einem Eltern-Kind-Zentrum ausgehen, sind angesichts der dort für gewöhnlich stattfindenden Aktivitäten typischerweise lauter und störender als die eines Ladens mit Lager. Eigentlich würde das die Nutzung ausschließen.

Aber:  Im konkreten Fall können die Wohnungsnutzer dennoch keine Unterlassung verlangen, weil § 22 Abs. 1a Satz 1 BImSchG auf das Wohnungseigentumsrecht ausstrahlt. Nach dieser Bestimmung sind Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen, wie beispielsweise Ballspielplätzen, durch Kinder hervorgerufen werden, im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Das ist grundsätzlich auch in der Abwägung nach dem WEG zu beachten.

Danach, so der BGH, kann die Unterlassung zum einen verlangt werden, wenn die Nutzung der Einheiten als Einrichtung i.S.d. § 22 Abs. 1a BImSchG ausdrücklich oder konkludent ausgeschlossen ist.

Liegt kein ausdrücklicher Ausschluss vor, kann Unterlassung zweitens auch verlangt werden, wenn die Nutzung als Kindertageseinrichtung auch unter Berücksichtigung des Privilegs von § 22 Abs. 1a BImSchG mehr stört als die nach der Zweckbestimmung zulässige. Weil eine Kindertageseinrichtung erhöhten Publikumsverkehr mit sich bringt, wird deshalb eine Wohneinheit regelmäßig nicht zu diesem Zweck genutzt werden dürfen; anders kann es wiederum bei einer Tagesmutter liegen.

Im konkreten Fall liegen diese beiden Ausnahmen nicht vor, weil es um die Nutzung einer Teileigentumseinheit in einer gemischten Anlage geht, in der sowohl eine Wohnnutzung stattfindet als auch Teileigentumseinheiten vorhanden sind, die als Büros und Läden genutzt werden dürfen.

Und was folgt daraus?

Die Bewohner können nicht die generelle Untersagung der Einrichtung verlangen. Allerdings hat der BGH die Sache zurückverwiesen: Denn es muss geprüft werden, ob die Bewohner vom Verein die Unterlassung von einzelnen besonders störenden Handlungsweisen verlangen können.

Das Urteil dürfte auch für die Konflikte im Hinblick auf andere „störende“ Nutzungen von Bedeutung sein. Und künftig dürften wohl Teilungserklärungen häufiger einen Ausschluss von Kindertagesstätten enthalten.

Weitere Informationen:
Pressemitteilung Nr. 160/2019 zum BGH Urteil v. 13.12. 2019 – V ZR 203/18

 

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