Aufreger des Monats Juli: Ein Jahr arbeiten für 46,20 Euro!

Zugegeben: Die Überschrift ist reißerisch. Doch inspiriert wurde ich dazu, als ich kürzlich die Broschüre der Deutschen Rentenversicherung mit dem Titel „Freiwilligendienste und Rente“ in Händen hielt, in der ich unter der schönen Überschrift „Dienstzeit ist Rentenzeit“ auf folgendes Beispiel gestoßen bin:

Claudia S. erhält im Jahr 2020 für eine Tätigkeit im Bundesfreiwilligendienst ein Arbeitsentgelt in Höhe von 4.560 Euro (monatlich 380 Euro Taschengeld einschließlich Sachbezüge). Ihr Arbeitgeber zahlt dafür einen monatlichen Beitrag von 70,68 Euro (Beitragssatz 2020 = 18,6 Prozent). Die spätere monatliche Rente von Claudia S. steigt damit um 3,85 Euro bei einem Dienst in den alten Bundesländern und um 4,00 Euro bei einem Dienst in den neuen Bundesländern.

Claudia S. erwirbt also für ein ganzes Jahr Tätigkeit im Bundesfreiwilligendienst später 12 x 3,85 Euro = 46,20 Euro Rente. Die Deutsche Rentenversicherung schreibt dazu allen Ernstes: „Daher legen Sie auch mit den Pflichtbeiträgen aus den freiwilligen Diensten den Grundstock für eine spätere Vorsorge aus der gesetzlichen Rentenversicherung.“

Wie heißt es derzeit so schön auf der Homepage des Bundesfamilienministeriums: „Zehn Jahre Bundesfreiwilligendienst sind ein Grund zu feiern“. Hoffen wir, dass den Feiernden der Kuchen schmeckt. Sie werden sich an die Feier noch erinnern, wenn sie eines Tages ihren Rentenbescheid in Händen halten.

Kleiner Trost: Die Zeiten, in denen Teilnehmer des Freiwilligendienstes der Versicherungspflicht unterliegen, werden für die Erfüllung der Mindestversicherungszeiten mitberechnet.

Ach, bevor ich es vergesse: Bei der Rentenberechnung des freiwilligen Wehrdienstes werden hypothetische Verdienste zugrunde gelegt. Denn die Rentenbeiträge richten sich nicht nach dem tatsächlichen Sold, sondern betragen (seit 1.1.2020) 80 Prozent der Bezugsgröße für die alten Bundesländer. Damit ist der freiwillige Wehrdienst „rententechnisch“ erheblich lukrativer als der Bundesfreiwilligendienst.

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Soziales Engagement ist ehrenwert und ich freue mich über jeden, der sich einbringt. Ich würde mir aber wünschen, dass dies auch entsprechend gewürdigt wird. Schöne Reden allein reichen nicht.


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