Aufsichtsräte sind falsch besetzt – harter Vorwurf oder Realität?

Der Titel klingt sehr provokant. Er stammt aus einem Artikel der FAZ vom 20. Mai. Ein erfahrender Aufsichtsrat wird sich dadurch vielleicht angegriffen fühlen. Ist denn nun plötzlich aufgrund der Digitalisierung die jahrzehntelange Erfahrung nichts mehr wert? Sollen nun ältere Aufsichtsräten jüngeren Platz machen? Betrachten wir das Thema im Einzelnen.

Status quo: Nachhaltigkeit des Gremiums oft nicht gegeben

Jung vs. alt. Erfahren vs. unerfahren. Diese Diskussionen werden zuhauf geführt. Doch woher sollen unerfahrene, junge Aufsichtsräte Erfahrung sammeln, wenn sie nie zum Zuge kommen? Über ein Höchstalter für Aufsichtsräte soll an dieser Stelle nicht diskutiert werden, das ist eine andere Baustelle. Wichtig meines Erachtens nach ist die Kontinuität des Gremiums zu gewährleisten. Dazu zählt auch „Nachwuchsarbeit“.

Dazu folgendes Beispiel: Durch meine Gespräche mit erfahrenen Aufsichtsräten kann ich sehr viel von deren Erfahrungen profitieren und lerne vieles dazu. Diesen Austausch möchte ich ungern missen, da dies auch immer wieder zu interessanten Themen wie Veränderungen der verschiedenen Generationen kommt. Ich wiederum habe den Eindruck, dass auch meine Gesprächspartner profitieren, da ich oft nach den Wünschen und Vorstellungen meiner Generation – der Generation Y – gefragt werde.

Mentoringprogramm zur Unterstützung junger Aufsichtsräte

Damit ein Gremium nicht durch den Generationenwechsel wichtiges (Hintergrund-)Wissen und Erfahrungen verliert, sollten die Nachwuchskräfte an die Themen herangeführt werden. Im Rahmen von Mentoringprogrammen kann dies beispielsweise sehr individuell geschehen. Ein solches bietet übrigens das Netzwerk ArMiD (Aufsichtsräte Mittelstand in Deutschland e.V.) seit einiger Zeit an.

Ich habe derzeit auch einen Mentor, selbst wenn ich derzeit kein Mandat mehr habe. Dennoch kann ich so über meine bisherigen Erfahrungen vertraulich mit einem erfahrenen Aufsichtsrat sprechen. Fragen, eigenes Verhalten und Herausforderungen der Aufsichtsarbeit kann ich so mit jemandem diskutieren, der mir mit Ratschlägen weiterhelfen kann.

Wie können erfahrene Aufsichtsräte profitieren?

Auch für Mentoren bzw. ältere Aufsichtsräte kann die Zusammenarbeit mit Jüngeren Vorteilen bringen. Auf diese Weise lernen sie die Unterschiede der Generationen kennen. Dies kann beispielsweise beim Thema Personal zu neuen Erkenntnissen führen. Die Nutzung von digitalen Möglichkeiten – sei es privat in Form von Airbnb beim nächsten Urlaub oder aber der Einsatz von Werkzeugen, die die Arbeit erleichtern und neue Möglichkeiten bieten. Gerade bei Diskussionen zu neuen Geschäftsmodellen im Aufsichtsrat ist es hilfreich, wenn die Mitglieder des Gremiums diese auch selbst ausprobiert haben.

Der Blick über den Tellerrand, der nicht nur  generationenübergreifend, sondern auch länderübergreifend stattfinden sollte, zeigt die Herausforderungen für die Unternehmen. Ein Beispiel: Während bei uns in Deutschland gerade Fahrradleihsysteme ausgebaut werden, gibt es diese in Frankreich schon lange.

Fazit:

Die verschiedenen Generationen können voneinander und miteinander lernen. Dies gilt auch für den Aufsichtsrat.

Lesen Sie dazu auch:

Bauer, Matthias/Linz, Carsten: Aufsichtsräte sind falsch besetzt, FAZ vom 20.05.2019, S. 16

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