Der Fehler hat es in sich: Durch die Fehlerfeststellung der BaFin lag der Umsatz 2022 nicht bei 885 Millionen Euro, sondern nur bei 255 Millionen Euro. Ein Einbruch von rund 70 Prozent. Der Gewinn wird dadurch nicht geschmälert, da auch der Materialaufwand in gleicher Höhe zu hoch ausgewiesen wurde. Was dahinter steckt und welche Fragen sich daraus ergeben, lesen Sie im Blogbeitrag.
Was die BaFin moniert
In der Konzern-Gewinn- und Verlustrechnung der NORDWEST Handel AG für das Jahr, das am 31. Dezember 2022 endete, gibt es ein kleines Problem: Sowohl die Umsatzerlöse als auch der Materialaufwand sind um etwa 630 Millionen Euro zu hoch ausgewiesen. Der Grund dafür? NORDWEST hat im Streckengeschäft fälschlicherweise die gesamten Zahlungen erfasst, die sie für den Verkauf von Stahlwaren erwartet haben.
Dabei trat das Unternehmen nicht als Verkäufer (Prinzipal) auf, sondern nur als Vermittler (Agent). Das bedeutet, dass NORDWEST die Stahlwaren direkt von den Lieferanten an die Fachhändler weitergeleitet hat, ohne selbst die Waren in den Händen zu halten. Normalerweise sollte ein Agent nur seine eigene Provision als Umsatz angeben und nicht den gesamten Wert der Waren, die er vermittelt. Diese falsche Buchung hat dazu geführt, dass sowohl die Umsatzerlöse als auch der Materialaufwand viel zu hoch angegeben wurden. Wenn man das korrigiert, würden beide Positionen um die besagten 630 Millionen Euro sinken.
Was der Fehler für die GuV und spätere Geschäftsjahre bedeutet
In der Summe ergeben sich durch die Fehlerkorrektur keine Auswirkungen auf den Gewinn. Doch ist gerade die Umsatzentwicklung für Anleger eine wichtige Kennzahl, die sie genauer unter die Lupe nehmen. Und eine Korrektur von mehr als 50 % könnte die Anleger der Einkaufsgemeinschaft besorgt zurücklassen, auch wenn die Materialaufwendungen im gleichen Umfang zu hoch ausgewiesen wurden. Denn es geht schließlich auch um die Entwicklung einzelner Kennzahlen, die durch den Fehler verzerrt ist.
Wie wirkt sich der Fehler auf frühere bzw. spätere Geschäftsjahre aus? Aufgrund der Höhe der ausgewiesenen Umsatzerlöse würde ich vermuten, dass das Buchungsverhalten der Umsätze genauso wie im Geschäftsjahr 2022 war. In
Auch stellt sich mir die Frage: Kann man die Einordnung als Prinzipal bzw. Agent unterschiedlich sehen? Denn schließlich unterliegt die NORDWEST Handel AG der Prüfungspflicht und hat ein Testat des Abschlussprüfers erhalten. Der Abschlussprüfer darf sich hierzu öffentlich nicht äußern. Daher wäre es wünschenswert, wenn die Einkaufsgemeinschaft selbst in einer Pressemitteilung informiert. Dies ist bisher nicht erfolgt. Die Fehlerfeststellung wurde zwar erst am 25. November 2024 veröffentlicht, doch dürfte das Unternehmen bereits vorher von der Feststellung der BaFin Bescheid gewusst haben.
Fazit
Die Feststellung der BaFin zeigt, wie gravierend ein Fehler in der Bilanzierung sein kann – selbst wenn der Gewinn unverändert bleibt. Für Anleger bedeutet die Korrektur jedoch einen Schock, da die Umsatzerlöse weit weniger beeindruckend ausfallen als gedacht. Offen bleibt, warum weder die internen Prozesse noch der Abschlussprüfer den Fehler rechtzeitig erkannt haben. Eine klare Stellungnahme des Unternehmens wäre dringend geboten, um Vertrauen zurückzugewinnen.
Weitere Informationen
Ich bin Aktionär bei Nordwest-Handel und sehe die Thematik anders. Mich haben die hohen Umsätze im Stahlhandel noch nie positiv beeindruckt. Mir sind die sehr hohen Umsätze mit quasi 0 Marge ein Dorn im Auge, da aufgrund der sehr hoch ausgewiesenen Umsätze die Firma als sehr margenschwach dargestellt wird und das den Eindruck eines eher minderwertigen Geschäftsmodells hat. Dadurch dass dieses Geschäft im Umsatz ausgewiesen wurde hat sich die Firma m.E. schlechter dargestellt und nicht besser. Ich sehe es positiv, wenn da künftig nur noch die Provision im Umsatz ausgewiesen wird.
Vielen Dank für Ihre Rückmeldung. Da sprechen Sie einen guten Punkt an: Die Margen werden durch die geringeren Umsätze (und geringeren Personalaufwendungen) positiv beeinflusst. Dies zeigt doch auch sehr deutlich: Einzelne Kennzahlen können die Aussagekraft der Zahlen verzerren.
Viele Grüße
Dr. Carola Rinker