Bürokratieabbau: Bundesregierung will Unternehmensgründungen beschleunigen

Im Rahmen der Start-up-Strategie arbeitet die Bundesregierung nach einer aktuellen Antwort auf eine Oppositionsanfrage (BT-Drs. 20/11487 v. 22.5.2024) an der Verknüpfung von gründungsrelevanten Online-Diensten, um dem Ziel der Umsetzung eines One-Stop-Shops für Unternehmensgründungen näherzukommen.

Hintergrund

Immer weniger Menschen in Deutschland wollen nach dem aktuellen DIHK-Gründerreport 2023 ein Unternehmen gründen. Für das Jahr 2022 vermelden die Industrie- und Handelskammern, die und vier Mio. Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistungen repräsentieren, abermals einen Rückgang der Informations- und Beratungsgespräche zur Neugründung. Die Zahl der Gespräche ist im Vergleich zum Vorjahr um drei Prozent gesunken und erreicht mit 154.785 einen Tiefstand in der seit 2002 geführten Zählung.

Auch der längerfristige Trend zeigt nach unten. Seit 13 Jahren erkundigen sich jeweils weniger Personen bei den IHKs zu Unternehmensgründungen, unterbrochen von Ausnahmen in den Jahren 2016 und 2019. Das rückläufige Gründungsinteresse beruht auf einer Vielzahl von Gründen wie Fachkräftemangel, Folgen des Krieges Russlands in der Ukraine, hohen Energiepreise und hartnäckiger Inflation. All das erhöht die Unsicherheiten bezüglich zukünftiger Marktentwicklungen, erhöht das unternehmerische Risiko und hemmt so das Interesse an Neugründungen. Vor allem aber beklagen Gründungswillige auch eine hohe Bürokratielast bei der der Unternehmensgründungen mit einer Vielzahl beteiligter Stellen, Nachweispflichten und Formvorschriften.

Bisherige Initiativen der Bundesregierung zur Beschleunigung von Gründungsverfahren

Angestrebt wird von der Bundesregierung eine integrierte volldigitale Lösung für den gesamten Gründungsprozess. Bisher erfolgt sind dabei folgende Maßnahmen:

Digitalisierte Gründung bei Kapitalgesellschaften: Bereits durch das Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie vom 5.7.2021 mit Wirkung zum 1.8.2022 das notarielle Online-Verfahren, d. h. die Möglichkeit der notariellen Beurkundung bzw. Beglaubigung per Videokommunikation, für bestimmte gesellschaftsrechtliche Vorgänge eingeführt. Zum 1.8.2023 wurde der Anwendungsbereich des notariellen Online-Verfahrens ausgeweitet. Möglich sind nunmehr u. a. Bar- und Sachgründungen von GmbHs, ohne dass die beteiligten Gründerinnen oder Gründer physisch bei der Notarin oder beim Notar anwesend sein müssen. Gleiches gilt für sämtliche Anmeldungen zum Handels-, Gesellschafts-, Genossenschafts-, Partnerschafts- und Vereinsregister. Bis zum 1.8.2024 wird eine weitere Ausweitung des Anwendungsbereichs auf weitere gesellschaftsrechtliche Vorgänge (etwa die Gründung von AGs) evaluiert.

Entwurf des Vierten Bürokratieentlastungsgesetzes (BEG IV): Dort vorgesehen ist eine Klarstellung, dass Notarinnen und Notare, die im Rahmen von Unternehmensgründungen erforderlichen Anzeigen und Mitteilungen gegenüber Behörden (etwa Gewerbeanzeige, steuerliche Anzeigen) in Vertretung für die Gründerinnen und Gründer übernehmen können. Ziel ist eine Entbürokratisierung von Unternehmensgründungen und Umsetzung des „Once-Only“-Prinzips, indem zu übermittelnde Daten nur einmal gegenüber dem Notar angegeben werden müssen. Eine Bündelung beim Notar kann Unternehmensgründungen beschleunigen und Deutschland als Unternehmensstandort insbesondere für ausländische Gründerinnen und Gründer, die sich gegebenenfalls mit dem Ausfüllen deutscher Behördenformulare besonders schwertun, attraktiver machen.

Praxischeck „Einfach(er) gründen“: Mit dieser Initiative zu Neu- und Nachfolgegründungen des BMWK wird das Ziel verfolgt, gemeinsam mit Gründerinnen und Gründern sowie Verwaltungsstellen sämtliche im Gründungsprozess notwendigen administrativen Schritte zu untersuchen, unnötige bürokratische Hürden zu identifizieren und deren Beseitigung zu prüfen.

Bewertung aus Sicht der Wirtschaft

Um den Gründungsstandort Deutschland zu verbessern, muss aus Sicht der Wirtschaft vor allem der bürokratielastige Gründungsprozess verbessert werden. Nach dem DIHK-Gründungsreport 2023 wünschen sich 69 Prozent der befragten Gründer schnellere und einfachere Regularien, 58 Prozent wollen einfachere steuerrechtliche Regeln.

Die Wirtschaft erwartet rasche, gebündelte und einfache Prozesse. Die hierfür im Onlinezugangsgesetz (OZG) vorgesehenen Verfahren müssen zeitnah umgesetzt werden – das war bislang nicht der Fall und belegt die Dringlichkeit der Umsetzung des OZG-Änderungsgesetzes, das jetzt im Vermittlungsausschuss des Bundestages beraten wird. Grundlegend sind aus Wirtschaftssicht das bundesweit einheitliche Unternehmenskonto und die einheitliche Identifikationsnummer für Unternehmen, beides Voraussetzungen für ein funktionierendes „Once-only“- Prinzip mit dem Ziel, die Gründung eines Unternehmens durchgängig medienbruchfrei und digital innerhalb von 24 Stunden zu ermöglichen.

Alle gewerblich Gründenden müssen ihr Gewerbe anmelden (§ 14 GewO). Die entsprechende OZG-Schnittstelle sollte deshalb technologieoffen allen gründungsrelevanten Institutionen ermöglichen, Gewerbeanmeldungen online anzubieten. Auf diese Weise könnten Institutionen wie die IHKn die Online-Gewerbeanmeldung in ihre weiteren Services einbinden und so den Gründenden Wege deutlich verkürzen.

Auch Europa gibt Gas: Auf Basis der vorläufigen Einigung von EU-Parlament und Ministerrat v. 13.3.2024 zur Änderung der Richtlinie 2019/1151/EU. Ziel der Änderungsrichtlinie (2023/0089(COD)) ist es, durch Digitalisierung den Verwaltungsaufwand in grenzüberschreitenden Situationen zu verringern und verlässliche und aktuelle Gesellschaftsdaten leichter verfügbar zu machen, um dadurch das Vertrauen und die Transparenz zu stärken.

Nachdem der Rat dieser Richtlinie am 24.4.2024 final zugestimmt hat, kann diese nach Verkündung im EU-Amtsblatt in Kraft treten – ich habe im Blog berichtet. Auch auf EU-Ebene wird damit durch die Ausweitung der Registerverknüpfung ein wichtiger Schritt zur Verwirklichung des Once-Only-Prinzips und damit zur Beschleunigung von Gründungsverfahrens geleistet.

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