BVerfG: Abschöpfung von Übergewinnen im Rahmen der Strompreisbremse verfassungsgemäß

Am 28.11.2024 hat das BVerfG entschieden, dass der Eingriff in die Berufsfreiheit (Art.12 Abs.1 GG) von privaten EEG-Anlagenbetreibern durch die Umverteilung der „Überschusserlöse“ von bestimmten Stromerzeugern zugunsten der privaten und gewerblichen Stromverbraucher (§§ 13 ff.; 29 StromPBG) als Reaktion auf eine nach Beginn des Ukraine-Krieges im Februar 2022 entstandene Ausnahmesituation auf dem Strommarkt gerechtfertigt war.

Rechtlicher Hintergrund

Die Strompreisbremse wurde im Dezember 2022 vom Bundestag als Reaktion auf den massiven Strompreisanstieg als Folge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine beschlossen (StromPBG, BGBl 2022 I  S. 2512). Die §§ 13-18, 29 StromPBG regeln unter anderem, dass Betreiber von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien für Überschusserlöse, also deutlich über den Investitionserwartungen und Kosten liegende Zufallsgewinne aus dem Verkauf des im Zeitraum vom 1.12.2023 bis 30.6.2024 erzeugten Stroms Abschöpfungsbeträge an die Netzbetreiber zahlen müssen, um Letztverbraucher von krisenbedingt hohen Stromkosten zu entlasten.

Sachverhalt der Verfassungsbeschwerden

Die Beschwerdeführer betreiben Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Solarenergie, aus Windenergie oder aus fester Biomasse. Sie wenden sich unmittelbar gegen die gesetzlich vorgeschriebene Abschöpfung ihrer über die festgelegten Obergrenzen hinausgehenden „Überschusserlöse“ sowie gegen die mit administrativen Lasten einhergehenden Pflichten zur Mitwirkung bei dieser Abschöpfung (§§ 13, 14, 15, 16, 17, 18, 29 Strompreisbremsegesetz).

Dieser Eingriff in ihre Berufsfreiheit sei nicht gerechtfertigt. Die Erlösabschöpfung sei als Sonderabgabe zur Finanzierung der Verbraucherentlastung zu beurteilen, die die für solche Abgaben geltenden finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen nicht erfülle. Ihre Stromerzeugungsanlagen hätten im Unterschied zu den Gaskraftwerken nicht zu den hohen Strompreisen beigetragen, sondern im Gegenteil preisdämpfend gewirkt. Auch sonst komme ihnen keine besondere Verantwortung für die Entlastung der Stromverbraucher zu. Hierbei handele es sich um eine Maßnahme, die im Allgemeinen sozial- und konjunkturpolitischen Interesse liege und daher allein aus Steuermitteln zu finanzieren sei. Die Beschwerdeführer betreiben Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Solarenergie, aus Windenergie oder aus fester Biomasse. Sie wenden sich unmittelbar gegen die gesetzlich vorgeschriebene Abschöpfung ihrer über die festgelegten Obergrenzen hinausgehenden „Überschusserlöse“ sowie gegen die mit administrativen Lasten einhergehenden Pflichten zur Mitwirkung bei dieser Abschöpfung (§§ 13, 14, 15, 16, 17, 18, 29 Strompreisbremsegesetz).

Dieser Eingriff in ihre Berufsfreiheit (Art.12 Abs.1 GG) sei nicht gerechtfertigt. Die Erlösabschöpfung sei als Sonderabgabe zur Finanzierung der Verbraucherentlastung zu beurteilen, die die für solche Abgaben geltenden finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen nicht erfülle. Ihre Stromerzeugungsanlagen hätten im Unterschied zu den Gaskraftwerken nicht zu den hohen Strompreisen beigetragen, sondern im Gegenteil preisdämpfend gewirkt. Auch sonst komme ihnen keine besondere Verantwortung für die Entlastung der Stromverbraucher zu. Hierbei handele es sich um eine Maßnahme, die im allgemeinen Interesse liege und daher allein aus Steuermitteln zu finanzieren sei.

Entscheidung des BVerfG

Die Verfassungsbeschwerden (1 BvR 460/23; 1 BvR 611/23) blieben jetzt vor dem BVerfG erfolglos. Der Eingriff in die Berufsfreiheit der EEG-Anlagenbetreiber sei gerechtfertigt, insbesondere verhältnismäßig. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes bestehe nach Art 74 Abs.1Nr.11 GG (Energiewirtschaft), eine zusätzliche finanzverfassungsrechtliche Kompetenz sei nicht erforderlich, weil die Erlösabschöpfung weder eine Steuer noch eine nichtsteuerliche Abgabe. Die Erlösabschöpfung verschaffe dem Bund keine Einnahmen, sondern würden vielmehr auf der Grundlage privater Rechtsbeziehungen von den Betreibern von Stromerzeugungsanlagen über die Netzbetreiber, Übertragungsnetzbetreiber und die Elektrizitätsversorgungsunternehmen bis zu den Stromverbrauchern „gewälzt“. Zwar liege ein Eingriff in die Berufsfreiheit (Art.12 Abs.1 GG) der EEG-Anlagenbetreiber vor, weil auf Erlöse zugegriffen wird, die das Ergebnis einer freien wettbewerblichen Preisbildung sind.

Zudem kann gerade den von der Abschöpfung betroffenen Stromerzeugern der massive Anstieg der Strompreise nicht zugerechnet werden. Hinzu kommen die auch mit finanziellem Aufwand verbundenen Erschwernisse der beruflichen Tätigkeit durch umfangreiche Mitwirkungspflichten bei der Selbstveranlagung der Überschusserlöse. Der mit der Abschöpfung von Übergewinnen beabsichtigte Ausgleich zwischen den krisenbedingten Begünstigungen und den krisenbedingten Belastungen sei schon angesichts der außergewöhnlichen Dimension dieses Ungleichgewichts für die Anlagenbetreiber zumutbar, auch weil die Belastungsdauer (1.12.2022 bis 30.6.2023) überschaubar kurz gewesen sei.

Erste Bewertung

Die Strompreisbremse ist zwar abgewickelt und erledigt. Die Entscheidung des BVerfG schafft jetzt aber Klarheit: Die Abschöpfung von Zufallsgewinnen einer überschaubaren Zahl von Anlagenbetreibern im Kontext der Strompreisbremse war verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das BVerfG sieht hierin keine rechtfertigungsbedürftige Sonderabgabe mit Einnahmenmehrung des Staates, sondern nur eine Umverteilung von Erlösen unter Privaten, die der Staat koordiniert. Das mag den Beschwerdeführern nicht schmecken, ist aber hinzunehmen. Denn BVerfG-Urteile haben Gesetzeskraft, § 31 Abs.2 S.2 BVerfGG.

Weitere Informationen:
BVerfG-Pressemitteilung Nr. 102/2024 v. 28.11.2024

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