Champions-League: Finalticket-Urteil unter dem Aspekt der Besteuerung von Kryptowährungen

Anmerkungen zum BFH-Urteil v. 29.10.2019 – IX R 10/18 (veröffentlicht am 04.02.2020)

Mit dem Urteil des FG Baden-Württemberg vom 2. März 2018 (5 K 2508/17) bestand für Privatleute, die im Bereich der Kryptowährungen (i.S.v. Kauf u. Verkauf (Handel)) aktiv waren, die Hoffnung, dass die daraus erzielten Gewinne (Verluste) nicht der Besteuerung nach § 22 Nr. 2 EStG i.V.m. § 23 EStG unterliegen. Diese Hoffnung stützte sich auf die nachfolgende Passage des Urteils, in der das FG Baden-Württemberg auch bei Spekulationsgeschäftigen mit Kryptowährungen ein verfassungsrechtlich bedenkliches strukturelles Vollzugsdefizit in Erwägung zog:

Die Besteuerung von Gewinnen aus dem Verkauf kontingentierter und damit hochpreisiger Eintrittskarten war bislang ebenso wenig wie die im Hinblick auf ein strukturelles Vollzugsdefizit ggf. ähnlich zu beurteilenden Spekulationsgeschäfte mit Kryptowährungen Gegenstand höchstrichterlicher sowie verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung.“

Vor diesem Hintergrund wurde das nunmehr veröffentlichte BFH-Urteil v. 29.10.2019 – IX R 10/18 und die darin ggf. enthaltenen Äußerungen seitens des BFH zu der Besteuerung von Spekulationsgeschäften mit Kryptowährungen mit Spannung erwartet. Gleichwohl sei an dieser Stelle betont, dass der BFH mit keinem Wort „Kryptowährungen“ nennt.

Dennoch lassen die Ausführungen des BFH zu dem nach seiner Auffassung nicht gegebenen strukturellen Vollzugsdefizit bei dem Verkauf von Finaltickets zu dem Champions League-Finale erkennen, dass allein die Tatsache eines anonymisierten Verkaufs über eine Internet-Ticketplattform und der damit verbundenen Anonymität von Käufer und Verkäufer die Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 EStG nicht ausschließt, wie die nachfolgende Passage aus dem Urteil zu erkennen gibt:

Der Umstand einer etwaig anonymen Veräußerung zwischen den Vertragsparteien genügt aber nicht, um ein strukturelles, in der gesetzlichen Regelung selbst angelegtes Vollzugsdefizit zu begründen. (…) Von Bedeutung ist insoweit vielmehr, dass –unabhängig von den Rahmenbedingungen der Veräußerung– für Finanzbehörden regelmäßig unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit besteht, z.B. im Rahmen von Sammelauskunftsersuchen, die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte auch bei Internethandelsplattformen einzuholen (…). Die Steuerbelastung bei privaten Veräußerungsgeschäften der vorliegenden Art beruht somit nicht nahezu allein auf der Erklärungsbereitschaft des Steuerpflichtigen (…).

In Anbetracht dessen lässt sich als Ergebnis festhalten, dass die bei Kryptowährungen i.d.R. gegebene Anonymität der Vertrags- bzw. Handelspartner der Erfassung und Besteuerung von Spekulationsgeschäften mit Kryptowährungen als privates Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 EStG grundsätzlich nicht entgegensteht. Dies gilt insbesondere für die Fälle, in der die Finanzbehörde die Möglichkeit hat – wie durch ein Sammelauskunftsersuchen – die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte auch bei Internethandelsplattformen einzuholen. Ob und in welchem Maß dem Wort „Möglichkeit“ bei der Informationseinholung Wert beizumessen ist, bleibt abzuwarten. Für Steuerpflichtige, die in dem Bereich von Kryptowährungen aktiv sind und für den steuerberatenden Berufsstand könnte dies noch ein Argumentationspunkt darstellen.

Weitere Informationen:
BFH, Urteil v. 29.10.2019 – IX R 10/18

 

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