Corona-Bonus und Gehaltsumwandlung – was gilt denn nun?

Wie Herr Professor Jahn hier im Blog bereits berichtet hat, können Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern in der Zeit vom 1. März bis zum 31. Dezember 2020 aufgrund der Corona-Krise Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1.500 Euro nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewähren. Voraussetzung ist, dass diese zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet werden (vgl. „Update: BMF klärt Einzelheiten für steuerfreie Arbeitgeberzuschüsse in der Corona-Krise“).

Für die Arbeitgeberleistungen gelten die Grundsätze des BMF-Schreibens vom 5.2.2020 (BStBl 2020 I S. 222). Das BMF-Schreiben steht allerdings den BFH-Urteilen vom 1.8.2019 (VI R 32/18, VI R 21/17, VI R 40/17) zum Thema “Gehaltsumwandlung” entgegen. Ohnehin geschuldeter Arbeitslohn ist nach den BFH-Urteilen nur derjenige Lohn, den der Arbeitgeber verwendungsfrei und ohne eine bestimmte Zweckbindung (ohnehin) erbringt. Damit kommt eine – steuergünstige – Lohnsteuerpauschalierung oder eine Steuerfreiheit selbst dann in Betracht, wenn Arbeitnehmer auf Teile ihres bisherigen Arbeitslohns zugunsten von zweckgebundenen Zuschüssen verzichten. Es liegt kann keine schädliche “Gehaltsumwandlung” vor

Das BMF will hingegen zum alten Rechtszustand zurück bzw. diesen sogar noch verschärfen und begründet seine abwehrende Haltung mit dem „Vorgriff auf eine entsprechende Gesetzesänderung“. Nur: Die Gesetzesänderung gibt es bis heute nicht. Sie war im so genannten Grundrentengesetz vorgesehen, ist aber wieder gestrichen worden (siehe Blog „Zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Arbeitgeberleistungen – Gesetzgeber verschiebt Neuregelung!“). Kann das BMF-Schreiben damit überhaupt (noch) Bestand haben? Ich meine nein; das BMF ist seinerzeit übers Ziel hinausgeschossen. Es ist schon fast peinlich, dass das BMF-Schreiben – soweit ersichtlich – bis heute nicht zurückgezogen worden ist.

Damit können sich Arbeitgeber meines Erachtens auf die BFH-Urteile berufen. Nun kommt das große „Aber“, denn zu unterscheiden ist zwischen der Abwehrberatung und der Gestaltungsberatung. Im ersten Fall ist die Sache klar: Einspruch einlegen, Finanzgericht anrufen, auf die BFH-Rechtsprechung berufen und auf eine schnelle Entscheidung hoffen. Doch traut man sich, auch im Hinblick auf anstehende Gestaltungen darauf zu vertrauen, dass die „Sache“ steuerlich und vor allem auch sozialversicherungsrechtlich durchgeht?

Warum greife ich das Thema auf? Weil eine „gut gemeinte“ steuerliche Begünstigung wie jüngst der „Corona-Bonus von 1.500 Euro“ immer auch Begehrlichkeiten weckt. Der eine oder andere Arbeitgeber würde seinen Mitarbeitern nämlich gerne 1.500 Euro zahlen, nur eben nicht „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten“ Lohn, sondern anstelle des Lohns – und zwar entsprechend der genannten BFH-Rechtsprechung.

Lassen wir nun einmal moralische Aspekte beiseite: Ich selbst würde mich jedenfalls scheuen, einem Mandanten einen Freibrief mit dem Inhalt auszustellen, er könne sicher sein, dass der Bonus steuer- und sozialversicherungsfrei bleibt, wenn er nicht wirklich „on top“ für besondere Leistungen gezahlt wird. Der Gesetzgeber beweist momentan, wie schnell er handeln kann. Und so ist nicht ausgeschlossen, dass er das „Gehaltumwandlungsthema“ nun doch zeitnah aufgreift. Aber am Ende des Tages muss es jeder selbst wissen ­– die BFH-Rechtsprechung ist ja eindeutig.

Wie ist Ihre Meinung zu dem Thema? Würden Sie eine Zahlung von 1.500 Euro auch dann steuer- und sozialversicherungsfrei belassen, wenn Arbeitnehmer auf Teile ihres bisherigen Arbeitslohns zugunsten von zweckgebundenen Zuschüssen verzichten bzw. würden Sie den Arbeitgebern zu entsprechenden Gestaltungen raten?

2 Gedanken zu “Corona-Bonus und Gehaltsumwandlung – was gilt denn nun?

  1. Ich würde einen Rechtsstreit um den Corona-Bonus unbedingt vermeiden. Selbst wenn man mit dem „Zusätzlichkeits-Kriterium“ durchkommt, wackelt § 3 Nr. 11 EStG als Rechtsgrundlage erheblich. Dieses Risiko muss man m.E. mit weit über 50 % beziffern.

  2. Ich halte § 3 Nr. 11 EStG als Rechtsgrundlage auch nicht für sicher. Es muss nur ein Finanzamt das Ganze bis zum BFH treiben. Wie schnell sich Meinungen ändern können, sieht man ja gerade jetzt fast täglich.

    Wenn überhaupt dann „On-Top“.

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