Corona-Erleichterungen beim Bezug von Kurzarbeitergeld werden verlängert

Am 25.8.2020 hat sich der Koalitionsausschuss darauf verständigt, die Erleichterungen während der Corona-Krise beim Bezug von Kurzarbeitergeld auf 24 Monate zu verlängern. Was ist davon zu halten?

Hintergrund

Bereits in der Finanzkrise 2008/2009 haben sich die Regelungen zur Kurzarbeit als richtiges arbeitsmarktpolitischen Instrument erwiesen, um die deutsche Wirtschaft vor dramatischen Verwerfungen zu bewahren: Die befristete Unterstützung von Unternehmen bei der Finanzierung von Arbeitsausfällen ist besser als eine ausufernde Arbeitslosigkeit zu riskieren. Diese Zielsetzung verfolgen auch die bislang in der Corona-Krise beschlossenen Erleichterungen beim Kurzarbeitergeld. Im August 2020 hat sich die Regierungskoalition nun auf eine Verlängerung der bisherigen Erleichterungen verständigt, diese aber von Bedingungen abhängig gemacht.

Welche coronabedingten Änderungen gab es bislang beim Kurzarbeitergeld ?

Das „Gesetz zur krisenbedingten Verbesserung beim Kurzarbeitergeld“ vom März 2020 (BGBl. I S. 493; BT-Drs. 19/17893; BR-Drs. 138/20 (B)) sieht zwei – zeitlich bis Ende 2021 befristete – Verordnungsermächtigungen (§ 109 Abs. 5 SGB III) für die Bundesregierung vor:

  • Erleichterte Zugangsvoraussetzungen für das Kurzarbeitergeld: Das Quorum der vom Arbeitsausfall betroffenen Beschäftigten im Betrieb wird auf bis zu zehn Prozent abgesenkt. Das bislang geltende Recht sah vor, dass mindestens ein Drittel der Beschäftigten von einem Arbeitsausfall betroffen sein muss.
  • Arbeitszeit: Auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden wird teilweise oder vollständig verzichtet. Das bislang geltende Recht verlangt, dass in Betrieben, in denen Vereinbarungen zu Arbeitszeitschwankungen genutzt werden, diese auch zur Vermeidung von Kurzarbeit eingesetzt werden und Minusstunden aufgebaut werden.
  • Sozialversicherungsbeiträge: Dem Arbeitgeber werden die Sozialversicherungsbeiträge vollständig oder teilweise erstattet.
  • Leiharbeitnehmer: Auch für Leiharbeitnehmer kann jetzt Kurzarbeitergeld gezahlt werden, die vollständige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge übernimmt die Bundesagentur für Arbeit. Mit der Regelung in
    11 a Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) wird sichergestellt, dass die Bundesregierung differenzierte und passgenaue Maßnahmen beim Kurzarbeitergeld ergreifen kann, die im Bedarfsfall auch Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern zugutekommen können.

Ende April 2020 wurde durch Rechtsverordnung des BMAS (KUGBeV, BGBl. 2020 I S. 801) folgendes geregelt:

  • Anhebung des Kurzarbeitergeldes: Für Arbeitnehmer, die Kurzarbeitergeld für eine um mindestens 50 Prozent reduzierte Arbeitszeit beziehen, wurde das Kurzarbeitergeld ab dem 4. Bezugsmonat auf 70 Prozent (Ledige), bzw. 77 Prozent (Haushalte mit Kindern) angehoben werden. Ab dem 7. Bezugsmonat wurde das Kurzarbeitergeld auf 80 Prozent (Ledige) bzw. 87 Prozent (Haushalte mit Kindern) angehoben werden.
  • Hinzuverdienst: Die bereits mit den erleichterten Voraussetzungen für den Kurzarbeitergeldbezug seit 1.3.2020 eingeführten Hinzuverdienstmöglichkeiten sollen ab 1.5.2020 nochmals erweitert werden.
  • Bezugsdauer und Befristung: Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis zum 31.12.2019 entstanden ist, wird über die normale Bezugsdauer von zwölf Monaten hinaus die Bezugsdauer auf bis zu 21 Monate verlängert.  Alle entsprechenden Regelungen gelten bislang befristet bis längstens 31.12.2020.

Mit dem „Arbeit-von-morgen-Gesetz“ v. 15.5.2020 (BR-Drs. 197/20) wurde Folgendes geregelt:

  • Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge bei beruflicher Weiterbildung
    (§ 106a SGB III -neu):
    Dem Arbeitgeber werden von der Agentur für Arbeit auf Antrag für den jeweiligen Kalendermonat 50 Prozent der von ihm allein zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung in pauschalierter Form für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erstattet, wenn diese vor dem 31.7.2023 Kurzarbeitergeld beziehen und an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme nach § 82 SGB III teilnehmen, deren zeitlicher Umfang mindestens 50 Prozent der Arbeitsausfallzeit beträgt. Die Erstattung erfolgt für die Zeit, in der die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer jeweils vom vorübergehenden Arbeitsausfall betroffen ist.
  • Verlängerung der Laufzeit von Kurzarbeitergeld (§ 109 Abs. 1a SGB III- neu): Die Bundesregierung wird ermächtigt, in krisenhaften Situationen mit Branchen oder Regionen übergreifenden erheblichen Auswirkungen auf die Beschäftigung die Laufzeit des Kurzarbeitergeldes befristet auf bis zu 24 Monate zu verlängern, ohne dass der gesamte Arbeitsmarkt betroffen sein muss.

Welche Erleichterungen sind jetzt noch geplant ?

Der Koalitionsausschuss hat am 25.8.2020 folgende Eckpunkte beschlossen:

  • Verlängerung der Kurzarbeit bis Ende 2021: Die Bezugsdauer für Kurzarbeitergeld soll auf maximal 24 Monate verlängert werden, längstens allerdings bis zum 31.12.2021. Die verlängerte Bezugsdauer soll für Betriebe gelten, die bis zum 31.12. 2020 Kurzarbeit eingeführt haben. Gleichzeitig soll das Kurzarbeitergeld wie bisher auf 70 beziehungsweise 77 Prozent, ab dem vierten Monat und auf 80 beziehungsweise 87 Prozent ab dem siebten Monat erhöht werden. Diese Regeln sollen bis 31.12.2021 für alle verlängert werden, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis zum 31. März 2021 entstanden ist.
  • Erstattung Sozialversicherungsbeiträge: Die Sozialversicherungsbeiträge sollen bis 30.6.2021 vollständig erstattet werden. Vom 1.7.2021 bis längstens 12.2021 sollen für alle Betriebe, die bis zum 30.6. 2021 Kurzarbeit eingeführt haben, die Sozialversicherungsbeiträge zur Hälfte erstattet werden. Nutzen die Betriebe die Kurzarbeit-Phase für die Weiterbildung und Qualifizierung der Mitarbeiter, kann die Erstattung auf 100 Prozent erhöht werden.

Bewertung

Zugegeben: Kurzarbeitergeld (§§ 95 ff. SGB III) ist und bleibt ein sinnvolles arbeitsmarktpolitisches Instrument, um bei vorübergehendem Arbeitsausfall die Weiterbeschäftigung von Arbeitnehmern zu ermöglichen und Entlassungen zu vermeiden. Nach zunächst 7 Mio. Kurzarbeitern waren es im Juni immerhin noch 5,6 Mio. Bundesweit. Das belegt, dass die Corona-Krise noch lange nicht überwunden ist, sie hinterlässt ihre Spuren am Arbeitsmarkt. Das erleichterte Kurzarbeitergeld hat jedoch seinen Preis: Die Rücklagen der Arbeitslosenversicherung mit über 26 Mrd. € sind aufgezehrt. Das bedeutet, dass die jetzt beabsichtigte Verlängerung des Bezugs von Kurzarbeitergeld aus Steuermitteln finanziert werden muss, das wird weitere 5 bis 10 Mrd. € kosten.

Mit Rücksicht auf diese solidarische Finanzierungsverpflichtung sollte deshalb nicht nur die Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen, sondern bereits der Bezug von Kurzarbeitergeld an die Bedingung geknüpft werden, dass sich während der Bezugsdauer Mitarbeiter weiterqualifizieren müssen, um sich für den Nach-Corona-Arbeitsplatz fit zu machen. Andernfalls droht das verlängerte Kurzarbeitergeld eine „verdeckte Arbeitslosigkeit“ zu fördern, die Umstrukturierungen in den Unternehmen blockiert, den Wechsel in andere Berufe und Branchen hindert, in denen Arbeitnehmer dringend gebraucht werden und unerwünschte Mitnahmeeffekte fördert. Und: bei aller gut gemeinten Absicht darf sich der Staat nicht zur einer finanziellen Herz-Lungen-Maschine für Betriebe machen, die ohnehin auf Dauer nicht überlebensfähig sind.

Weitere Informationen:

BT-Drs. 19/17893; BR-Drs. 138/20 (B)

BT-Drs. 19/18753 ; BR-Drs. 197/20

BT-Drs. 19/17740 u. 18753

 

 

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