Corona-Soforthilfen: Seltsames Verständnis des Begriffes „unbürokratisch“

„Schnelle und unbürokratische Hilfe für Unternehmen – darum geht es bei den Corona-Soforthilfen, auf die sich Bund und Länder in kürzester Zeit geeinigt haben“. So steht es noch heute auf der Internetpräsenz der Bundesregierung (https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/corona-soforthilfen-1737444).

Aktuell müssen diejenigen, die die Soforthilfe seinerzeit beantragt haben, allerdings mit einem seltsamen Verständnis des Begriffes „unbürokratisch“ leben. Denn sie werden im Zuge der „Rückmeldung des Liquiditätsengpasses Soforthilfe 2020“ aufgefordert, ihren damaligen Liquiditätsengpass zu berechnen – selbstverständlich nach den seinerzeit bestehenden Regularien, an die sich heute auch noch jedermann erinnern kann. Und selbstverständlich darf der Hinweis auf eine drohende Strafverfolgung wegen eines eventuellen Subventionsbetrugs nicht fehlen. Wo kämen wir denn auch hin, wenn man denjenigen, die Corona-Soforthilfen beantragt haben, nicht wenigstens etwas Angst machen würde?

In der Praxis sieht es derzeit so aus, dass viele Selbstständige, die in 2020 die Soforthilfen allein beantragt haben, nun ihren Steuerberater konfrontieren (müssen). Vielleicht mag es Kolleginnen und Kollegen geben, die an den diversen Anträgen auf Corona-Hilfen bzw. Überbrückungshilfen Freude hatten und die sich nun gleichermaßen über die Überprüfungen freuen. Ich persönlich kenne allerdings niemanden. Ganz zu schweigen davon, dass die Soforthilfen, die zumindest rückblickend betrachtet für viele Selbstständige nur ein Tropfen auf dem heißen Stein waren, sich de facto nunmehr um das Honorar des Steuerberaters mindern.

Zugegeben: Es gab im Frühjahr 2020 sicherlich Mitnahmeeffekte und auch strafrechtlich relevante Tatbestände. Und ich verstehe auch durchaus, dass eine Überprüfung im gewissen Rahmen erforderlich sein muss. Doch aus meiner Sicht lag der Kardinalfehler von Anfang an darin, dass nicht die Finanzämter, sondern die Bezirksregierungen bzw. Wirtschaftsministerien mit dem ganzen Thema „Soforthilfen“ beauftragt wurden. Damit ist eine Art Parallelwelt entstanden, denn das ohnehin für die Finanzverwaltung vorhandene Zahlenmaterial aus der Buchführung war ein zweites Mal aufzubereiten und zu prüfen.

Der Fehler könnte aber noch heute korrigiert werden, indem man sich bei der Überprüfung der Soforthilfen darauf beschränkt, eine Art Selbstbestätigung der Empfänger einzuholen, die per einfachem Brief versichern, dass ein Liquiditätsengpass vorlag. Die stichprobenartige Kontrolle könnte dann im Rahmen der Außenprüfungen der Finanzverwaltung stattfinden. Wenn dann jemand durchs Raster fällt, also seine Soforthilfe unzulässigerweise behält, mag das ärgerlich sein. Angesichts der Milliarden, die an anderer Stelle verschleudert – sorry, ich meine natürlich „klug investiert“ – wurden, wäre das meines Erachtens aber hinnehmbar. Ich nehme jedoch an, dass ich hier zu einfach denke und mir der Blick fürs Große und Ganze fehlt.

Das Wort „unbürokratisch“ wird im Duden übrigens wie folgt definiert: „schnell und unmittelbar; nicht durch Bürokratie und Verwaltung verzögert“. Aber ich habe es in diesem Blog schon häufiger erwähnt: Wir Deutschen können nicht anders. „Bürokratie“ ist in unseren Genen verankert und wird es auch immer bleiben.

2 Gedanken zu “Corona-Soforthilfen: Seltsames Verständnis des Begriffes „unbürokratisch“

    • In Bayern wird übrigens kein allgemeines Rückmeldeverfahren durchgeführt, da die Bewilligungsstellen bereits im Rahmen der Gewährung der Soforthilfen den Liquiditätsengpass zum Teil umfassend geprüft hätten. Die Verfahren seien daher für die Verwaltung – mit Ausnahme noch weniger laufender Nachprüfungen – grundsätzlich abgeschlossen.

      Quelle: https://www.stmwi.bayern.de/soforthilfe-corona/
      und NWB-Onlinenachrichten v. 12.7.2021

      Damit haben wir wieder einmal einen schönen Flickenteppich in Deutschland.

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