Coronabedingte staatliche Schließungsmaßnahmen – Ein Fall für die Betriebsausfallversicherung des Unternehmers?

Am 26.1.2022 hat der BGH (IV ZR 144/21) grundsätzlich die Frage entscheiden, dass bei einer behördlich angeordneten, coronabedingte Schließungsmaßnahme kein versichertes Risiko im Rahmen der Betriebsausfallversicherung vorliegt mit der Folge, dass die Versicherung den Ausfallschaden nicht ersetzen muss.

Welche praktischen Folgen resultieren aus der BGH-Entscheidung für Unternehmen und ihre Versicherer?

Sachverhalt

Der Kläger hatte beim beklagten Versicherer eine sogenannte Betriebsschließungsversicherung abgeschlossen. Er begehrte die Feststellung, dass der beklagte Versicherer verpflichtet ist, ihm aufgrund der Schließung seines Restaurants eine Entschädigung aus dieser Versicherung zu zahlen. Dem Versicherungsvertrag lagen die „Zusatzbedingungen für die Versicherung von Betrieben gegen Schäden aufgrund behördlicher Anordnung nach dem Infektionsschutzgesetz (Betriebsschließung) – 2008 (ZBSV 08)“ zugrunde. Nach § 3 Nr. 1 Buchst. a ZBSV 08 ersetzt der Versicherer hiernach dem Versicherungsnehmer im Falle einer bedingungsgemäßen Betriebsschließung den Ertragsausfallschaden bis zu einer Haftzeit von 30 Tagen. Die Vorinstanz, das OLG Schleswig-Holstein (10.5.2021 – 16 U 25/21) hatte die Klage abgewiesen.

Wie hat der BGH entschieden?

Der BGH hat am 26.1.2022 entschieden), dass einem Versicherungsnehmer auf der Grundlage der im Einzelfall vereinbarten Versicherungsbedingungen keine Ansprüche aus einer Betriebsschließungsversicherung wegen einer im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie erfolgten Schließung eines Gewerbebetriebs zustehen. Eine Betriebsschließung zur Verhinderung der Verbreitung der Krankheit COVID-19 oder des Krankheitserregers SARS-CoV-2 ist hiernach nicht vom Versicherungsschutz nach § 2 ZBSV 08 umfasst. Sinn und Zweck der Versicherungsklausel sprächen für die Abgeschlossenheit des versicherten Schutzes. Eine solche Versicherungskontrolle halte auch der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand, sei insbesondere auch für den Versicherungsnehmer hinreichend transparent; es werde gerade nicht der Eindruck vermittelt, dass jede Betriebsschließung auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes vom Versicherungsschutz erfasst sei.

Welche praktischen Konsequenzen hat das?

Der BGH hat mit seiner Entscheidung für eine Vielzahl von zivilgerichtlichen Entscheidungen Klarheit geschaffen, die gegen Versicherungsgesellschaften wegen coronabedingter Schließungsmaßnahmen und dadurch bedingter Ausfallschäden von Gewerbebetrieben (insb. Hotellerie, Gastronomie) von Gerichten anhängig waren und sind.Im Einzelfall kommt es stets auf den Wortlaut der Versicherungsbedingungen an, die Vertragsgrundlage sind – hier kann der Blick ins Kleingedruckte durch einen Anwalt durchaus lohnen. Sind aber – wie im Streitfall – die ZBSV 2008 im Versicherungsvertrag vereinbart, sind derartige Schadensereignisse nicht vom Versicherungsschutz gedeckt. Dies begründet der BGH mit dem Wortlaut, ferner mit Sinn und Zweck der Versicherungsklausel, die den Versicherungsnehmer auch nicht unangemessen benachteiligt.

Damit kann der Gewerbetreibende seinen coronabedingten Ausfallschaden in der Regel jedenfalls nicht bei seiner Betriebsausfallversicherung erfolgversprechend geltend machen. Das wird die Versicherungswirtschaft freuen: Sie kann darauf vertrauen, dass bei eindeutigem Wortlaut der Versicherungsbedingungen für nicht namentlich benannte und unvorhersehbare Schadensereignisse keine Einstandspflicht besteht.

Ob bei behördlichen Schließungsmaßnahmen Haftungsansprüche gegen den Staat (§ 839 BGB, Art. 34 S. 1 GG) geltend machen kann, entscheidet der BGH am 3.3.2022 (III ZR 79/21).

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