Corporate Governance: Hat das dualistische System mit Vorstand und Aufsichtsrat ausgedient?

Wahlmöglichkeiten zwischen monistischem und dualistischem System gewünscht

Bei beratungsresistenten Vorständen haben die Aufsichtsräte einer deutschen Aktiengesellschaft ein Problem: Sie können ihn nicht überstimmen. Keine Weisungsbefugnis. Was also tun? Entweder abwarten. So lange, bis der Vorstand wieder bestellt werden muss. Und dies dann eben nicht wieder tun. Alternative? Denn Vorstand dazu hinzubewegen, vorzeitig zu gehen. Lösung dauert zu lange? Dann Pech. Negativ? Möglich. Vor allem für das Unternehmen.

Hätte so die eine oder andere Negativschlagzeile großer Unternehmen vermieden werden können? ThyssenKrupp, Deutsche Bank…Gute Frage. Nächste Frage. Doch nun der Reihe nach.

Zwischen einer Aktiengesellschaft (AG) und einer Societas Europaea (SE) gibt es einen entscheidenden Unterschied: Bei der SE besteht die Möglichkeit, zwischen dem One-Tier-System (monistisches System) und dem Two-Tier-System (dualistisches System) zu wählen. Der Unterschied?

Beim „klassischen deutschen System“ kontrolliert der Aufsichtsrat den Vorstand. Der Vorstand ist jedoch gegenüber dem Aufsichtsrat nicht weisungsbefugt. Der Aufsichtsrat kann also lediglich seine Zustimmung bei sog. zustimmungspflichtigen Geschäften verweigern. Der Strategie und Unternehmensplanung müssen die Aufsichtsräte somit nicht zustimmen. Hierbei handelt es sich nicht um zustimmungspflichtige Geschäfte. Was aber, wenn der Vorstand in die falsche Richtung geht aus Sicht des Aufsichtsrates? Beratung möglich, Weisung unmöglich. Dies zeigt: Der Entscheidung, welcher Vorstand vom Aufsichtsrat berufen wird, kommt eine hohe Bedeutung zu. Fehlentscheidungen können sehr teuer werden.

Wie ist dies beim monistischen System? Hier gibt es keine Trennung zwischen Unternehmensführung und Überwachung. Auf den ersten Blick wirkt dies befremdlich. Das sog. Board besteht aus zwei unterschiedlichen Mitgliedern: Boardmitgliedern, die gleichzeitig die Geschäfte führen und Boardmitglieder, die nicht in der Geschäftsführung des Unternehmens sind. Die nicht-geschäftsführenden Mitglieder des Boards sollen im Gegensatz zum Aufsichtsrat die geschäftsführenden Boardmitglieder eher überstützen als überwachen. Diese „externen“ Mitglieder sind also außerhalb des Unternehmens tätig und verhindern so einen möglicherweise entstehenden Tunnelblick.

Unterschied für die Mitglieder des Boards? Der Zeitaufwand für das Mandat. Im Gegensatz zu Aufsichtsratsmitgliedern diskutieren sie bei der Unternehmensstrategie mit und müssen sich nicht nur sehr intensiv auf die Sitzungen vorbereiten, sondern auch meistens mehr Präsenztermine wahrnehmen. Im Gegensatz zum Aufsichtsrat sind die Boardmitglieder an den Entscheidungen beteiligt.

Bisher müssen Unternehmen, die das monistische System umsetzen wollen, ihre Rechtsform in eine SE ändern. Wünschenswert wäre für deutsche Aktiengesellschaften eine Wahlmöglichkeit zwischen den beiden Systemen.

Das wars? Fast. Als Aufsichtsrätin wünsche ich mir weitere Diskussionen der Unterschiede der beiden Systeme. Bei einer ersten Betrachtung des monistischen Systems war ich sehr skeptisch. Begründung? Keine Berührung bisher mit dem „anderen“ System. Wissen schützt vor Skepsis und ermöglicht Diskussion.

 

 

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