COVID-19-Impfstoffe werden nicht von der Umsatzsteuer befreit – warum eigentlich?

Am 5.3.2021 hat der Bundesrat dem vom Bundestag am 26.2.2021 verabschiedeten 3.Corona-Steuerhilfe-Gesetz zugestimmt. Dabei wurde die Chance verpasst, COVID-19-Impfstoffe, andere Diagnostika und damit verbundene Dienstleistungen von der Umsatzsteuer zu befreien. Ein teurer Spaß!

Hintergrund

Die anhaltenden pandemiebedingten Einschränkungen stellen für viele Wirtschaftsbranchen, aber auch Privathaushalte eine erhebliche Belastung dar. Das „Dritte Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise“ soll Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft bei der Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie unterstützen.

Bundestag und Bundesrat haben dabei den ermäßigten Umsatzsteuersatz in Höhe von 7 Prozent für erbrachte Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen mit Ausnahme der Abgabe von Getränken wird über den 30. Juni 2021 hinaus befristet bis zum 31. Dezember 2022 verlängert (§ 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG). Für jedes im Mai 2021 kindergeldberechtigte Kind wird das Kindergeld für den Monat Mai 2021 um einen Einmalbetrag in Höhe von 150 Euro erhöht (§ 66 Abs. 1 EStG). Der steuerliche Verlustrücktrag wird für die Jahre 2020 und 2021 nochmals erweitert (§§ 10d, 110 und 111 EStG).

Entschließungsantrag zur Umsatzsteuerbefreiung von COVID-19-Impfstoffen gescheitert

Zu einer gerade jetzt ganz wichtigen Entlastungsmaßnahme für Unternehmen, Pflegeversicherungen und öffentliche Haushalte konnten sich Finanzausschuss und Bundestag erstaunlicherweise aber nicht durchringen: Der zeitlich befristeten Umsatzsteuerbefreiung auf COVID-19-Impfstoffe, In-vitro-Diagnostika und die damit verbundenen Dienstleistungen.

Hintergrund ist, dass die EU seit 7.12.2020 die Umsatzsteuerbefreiung eigentlich zulässt – ich habe berichtet. Am 7.12.2020 hat der EU-Rat die am 11.12.2020 in Kraft getretene Richtlinie 2020/2020 beschlossen (ABl. EU L 419, 1), mit der die Richtlinie 2006/112/EG zeitlich befristet bis 31.12.2022 geändert wird.

Damit ging der EU-Rat über den Kommissionsbeschluss (EU) 2020/491 (3) an (ABL. EU L 103 I, S.1) hinaus, der bislang nur Einfuhrlieferungen und nicht innergemeinschaftliche Lieferungen oder Inlandslieferungen abdeckte. Der Beschluss erlaubt den Mitgliedstaaten, Gegenstände, die zur Bekämpfung der Auswirkungen des COVID-19-Ausbruchs zwingend benötigt werden – darunter auch In-vitro-Diagnostika -– vorübergehend von der Mehrwertsteuer und von Eingangsabgaben zu befreien. Andere europäische Staaten haben hiervon längst Gebrauch gemacht.

Mit einem Entschließungsantrag hatte die FDP im Gesetzgebungsverfahren zum 3. Corona-SteuerhilfeG noch versucht, die Umsatzsteuerbefreiung mit Vorsteuerabzugsrecht für die Lieferung von COVID-19-In-Vitro Diagnostika und aller damit verbundenen Dienstleistungen auch in Deutschland für alle erlaubten Fälle umzusetzen (BT-Drs.19/26883).

Dieses Ansinnen ist sowohl im Bundestag wie auch zuvor im Finanzausschuss gescheitert – die Gründe hierfür sind nicht verschriftlicht.

Was hat das jetzt für praktische Auswirkungen?

Corona-Impfstoffe, Schnell- und Selbsttests einschließlich der damit verbundenen Logistik- und Dienstleistungskosten sind vor allem für alle Betroffenen auch ein Kostenfaktor. Der Bund, der die Beschaffung übernimmt und an die Länder verteilt, stellt nach Angaben der Bundesregierung rund 8,8 Mrd. Euro zur Verfügung, um 635,1 Mio. Impfdosen zu besorgen.

Nachdem nun die Entschließung von Bundestag und Bundesrat nicht aufgegriffen worden ist, fallen je Impfdosis 19 Prozent Umsatzsteuer an. Gleiches gilt für andere Medizinprodukte, wie etwa Schnelltests und den damit verbundenen Dienstleistungen, etwa Einsatz von Fachpersonal. Bei Einführung einer „echten“ Umsatzsteuerbefreiung nach § 129a MwStSystRL würden trotz Umsatzsteuerbefreiung Unternehmer das Vorsteuerabzugsrecht behalten. Das wäre eine Entlastung gewesen!

Berücksichtigt werden muss ferner, dass auch die Pflegeversicherungen, die schon genug Corona-Aufwand haben, „ihr Fett wegkriegen“. Denn diese müssen sich z.B. bei Schnelltests in Pflegeheimen und Pflegediensten anteilig an den Kosten beteiligen (§ 11 Corona-Testverordnung). Ähnliche Entlastungen wäre bei einer Umsatzsteuerbefreiung für die Krankenkassen denkbar gewesen.

Mein Fazit: Hier haben Bundestag und Bundesrat am falschen Ende gespart!

Quellen


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