Das Finanzamt ermittelt in sozialen Netzwerken

Wer kontrolliert die Kontrolleure?


Öffentlich zugängliche Informationen wurden schon immer vom Finanzamt ausgewertet. Nun sollen die Prüfer aber auch in sozialen Netzwerken ermitteln und hierzu auch pseudonymisierte Kontaktanfragen stellen dürfen – so geht es aus der Kurzinformation vom 07.06.2019 der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen hervor.

Ermittlung in sozialen Netzwerken

Mit der o.g. Kurzinformation hat sich die OFD Nordrhein-Westfalen ausführlich zur Nutzung von sozialen Netzwerken zur Sachverhaltsermittlung durch die Prüfungsdienste geäußert. Hiernach hält die Verwaltung die Ermittlungen im Internet und insbesondere in sozialen Netzwerken grundsätzlich für geeignet und sogar auch für erforderlich, um steuerlich erhebliche Sachverhalte vollständig aufzuklären.

Wörtlich heißt es hierin: „Neben der Kenntniserlangung in Bezug auf Tatsachen, die unmittelbar steuerlich relevant sind (unbekannte Einnahmequellen, Höhe der Einnahmen, etc.), dienen Ermittlungen auch der Erkenntnis von Hilfstatsachen, die Hinweise oder Schlüsse auf unmittelbar steuerlich relevanten Tatsachen geben oder zulassen können.“

Gegenstand der Ermittlungen

Gegenstand der Ermittlungen sind die veröffentlichten Informationen der Profilinhaber sowie die hierzu hinterlassenen Kommentare anderer Nutzer. Es geht insbesondere um die Informationen, die außerhalb des geschützten Raums preisgegeben werden und von Dritten in Abstufungen, wie zum Beispiel Abonnent, Freund, Mitglied wahrgenommen werden können. Diese Ermittlungen sollen der gewöhnlichen Internetrecherche entsprechen.

Profilbetreiber sind nicht schutzwürdig

Nutzt ein Steuerpflichtiger sein Profil zur Verbreitung von Informationen über Grenzen des Netzwerks hinaus, begibt er sich hierdurch außerhalb seines Schutzes aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, so dass die Sichtung und Verwertung der betreffenden Informationen keinen rechtfertigungsbedürftigen Grundrechteeingriff darstellen, so die OFD.

Diese gelte auch für die anonyme bzw. pseudonymisierte Nutzung sozialer Netzwerke durch die Ermittler und die mit einem derartigen Profil erfolgte Kontaktaufnahme. Dies soll sich bereits daraus ergeben, dass der Steuerpflichtige selbst entscheiden kann, wessen Verbindungsanfrage er zustimmt. Er soll demnach kein berechtigtes Vertrauen darauf haben, dass sich hinter einem Profil eine Privatperson oder eine Amtsperson verbirgt. Nach einer positiven Verbindungsaufnahme hat sich der Steuerpflichtige damit abgefunden, dass die nun zugänglichen Informationen auch zu Ermittlungszwecken genutzt werden dürfen.

Prüfer dürfen kein rechtswidriges Verhalten provozieren

Bei der Kontaktaufnahme mit dem Steuerpflichtigen über ein entsprechendes pseudonymisiertes Profil darf kein rechtswidriges Verhalten des Steuerpflichtigen provoziert werden. Die Nutzung des Profils soll lediglich der zur Sachverhaltsaufklärung dienen. Nicht zulässig ist somit eine entsprechend provozierende Kommunikation mit dem Steuerpflichtigen in den sozialen Medien.

Zusammengefasst

Die Verwaltung hält sieht in der Nutzung sozialer Medien zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlage grundsätzlich keine Bedenken. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse dürfen nach ihrer Auffassung im Besteuerungsverfahren berücksichtigt werden. Die OFD weist aber bereits darauf hin, dass auf ein rechtmäßiges Verhalten der Prüfer zu achten ist.

Rechtlich fragwürdig

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich soll meine Mandanten Mittels vorgelegtem Personalausweis identifizieren. Fragen werden telefonisch nur bei entsprechender Legitimierung beantwortet und sollte doch mal ein Vertreter der Verwaltung vor der Tür stehen, ist er gezwungen sich auszuweisen. Nur im Internet darf er sich „eine Kapuze“ überziehen und anonym ermitteln? Vielleicht sogar auch noch ohne Prüfungsanordnung? Dieses Vorgehen halte ich für nicht rechtens, schließlich ist der Profilnutzer (Steuerpflichtige) hier besonders gutgläubig. Wer lehnt denn schon die Kontaktanfrage eines potentiellen Kunden ab?

In der Kurzinformation vom 07.06.2019 verteilt die OFD Nordrhein-Westfalen den Nutzern von sozialen Netzwerken eine Ohrfeige nach der anderen. Es bleibt zu hoffen, dass entsprechende Fälle dokumentiert werden und Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen werden.

Hinweis:

Lesen Sie hierzu auch meinen Beitrag „Das Finanzamt ermittelt in sozialen Netzwerken – Wer kontrolliert die Kontrolleure?“ (NWB 46/2019 S. 3328) – für Abonnenten kostenfrei.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

26 − = 23