Das neue BMF-Schreiben zum Reverse-Charge Verfahren bei Telekommunikationsdienstleistungen (Teil II)

Wegen des vermehrten Aufkommens von Steuerausfällen im Bereich des Voice over IP hat der Gesetzgeber im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2020 die umsatzsteuerlichen Regelungen für Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation neu koordiniert. Sie unterliegen seit dem 01.01.2021 dem Reverse-Charge-Verfahren (§ 13b Abs. 2 Nr. 12 i.V.m Abs. 5 UStG). In einem BMF-Schreiben hatte die Finanzverwaltung kurz vor Inkrafttreten der neuen umsatzsteuerlichen Regelungen dazu Stellung genommen und ein neues Nachweisformular für Wiederverkäufer etabliert (BMF-Schreiben v. 23.12.2020, und die Ausführungen im Teil I dieses Blog-Beitrags). Nachfolgend werden die im BMF-Schreiben angesprochenen Anwendungs- und Übergangsregelungen vorgestellt.

Nichtbeanstandungsregelung bis 01.04.2021

Für das 1. Quartal 2021 schafft das BMF für die nunmehr dem Reverse-Charge unterliegenden Leistungen eine Übergangsregelung: Bei Leistungen, die nach dem 31.12.2020 und vor dem 01.04.2021 ausgeführt werden, wird es beim leistenden Unternehmer und beim Leistungsempfänger nicht beanstandet, wenn die Vertragspartner einvernehmlich noch von der Steuerschuldnerschaft des leistenden Unternehmers ausgehen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Umsatz vom leistenden Unternehmer in zutreffender Höhe versteuert wird.

Anwendungsregelungen mit Blick auf den Jahreswechsel

In einem gesonderten Abschnitt nimmt das BMF Stellung zu besonderen Sachverhalten, die mit Blick auf den Jahreswechsel und die korrekte Abrechnung der entsprechenden Leistung zu beachten sind.

  • Soweit der leistende Unternehmer das Entgelt (oder Teile des Entgelts) vor dem 01.01.2021 vereinnahmt hat und hierfür auch eine Rechnung mit offenem Steuerausweis erstellt hat, so hat er die Rechnung über diese Zahlung im Voranmeldungszeitraum der tatsächlichen Ausführung der Leistung zu berichtigen (§ 27 Abs. 1 Satz 3 UStG). Soweit keine Berichtigung erfolgt, schuldet der Rechnungsaussteller die ausgewiesene Steuer nach § 14c Abs. 1 Sätze 1 und 2 UStG. Allerdings wird es nicht beanstandet, wenn bei der Anwendung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nur das um das vor dem 01.012021 vom leistenden Unternehmer vereinnahmte Entgelt oder die vereinnahmten Teile des Entgelts geminderte Entgelt zugrunde gelegt wird (Nichtbeanstandungsregelung). Voraussetzung hierfür ist, dass diese Anzahlung vom leistenden Unternehmer in zutreffender Höhe erklärt und gezahlt wurde(n).
  • Vereinnahmt der leistende Unternehmer das Entgelt für die dem Reverse-Charge unterliegende Leistung nach dem 31.12.2020, ist hierfür der Leistungsempfänger stets Steuerschuldner, wenn die dazu vom leistenden Unternehmer erstellte Rechnung vor dem 01.01.2021 erstellt worden ist und die Umsatzsteuer offen ausgewiesen wurde. Die Rechnung ist dann entsprechend zu berichtigen. Erfolgt keine Berichtigung, schuldet der Rechnungsaussteller die ausgewiesene Steuer nach § 14c Abs. 1 Sätze 1 und 2 UStG.
  • Rechnungen, die nach dem 31.12.2020 gestellt werden und sich auf Leistungen beziehen, die vor dem 01.01.2021 erbracht wurden, sind mit Umsatzsteuer auszuweisen; der Leistungserbringende bleibt Steuerschuldner.
  • Stellt sich nach dem 31.12.2020 heraus, dass eine vor dem 01.01.2021 erstellte und bezahlte Rechnung in der Höhe unrichtig war, so muss die ursprüngliche Rechnung – aufgrund der Nichtbeanstandungsregelung bis zum 01.04.2021 – nur insoweit berichtigt werden, als der überzahlte Betrag zurückgezahlt wurde und insoweit die Grundlage für die Versteuerung der Anzahlung entfallen ist. Entsprechend wird der Leistungsempfänger bei Inanspruchnahme der Nichtbeanstandungsregelung nur dann der Steuerschuldner der Umsatzsteuer, soweit ein weiteres Teilentgelt (nach dem 31.12.2020) vom leistenden Unternehmer vereinnahmt wird.

Nachweisdokument zeitnah beantragen

Mit dem Ende des vergangenen Jahres veröffentlichten Schreiben nimmt das BMF umfangreich Stellung zu den nunmehr dem Reverse-Charge-Verfahren unterliegenden Telekommunikationsdienstleistungen und schafft mit einer Nichtbeanstandungsregelung für das 1. Quartal 2021 den Unternehmen die Möglichkeit, sich mit den neuen Vorgaben schrittweise vertraut zu machen. Betroffene Unternehmer sollten die Zeit nutzen, um zu überprüfen, inwiefern sie tatsächlich ein Wiederverkäufer i.S.d Vorgaben des BMF sind. Wichtig ist in diesem Zusammenhang vor allem, das Nachweisdokument, welches im BMF-Schreiben als Vordruckmuster enthalten ist, zu beantragen.


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