Das neue Personengesellschaftsrecht – der ganz große Wurf?

Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrecht (MoPeG=Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz) wird das Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts erstmals seit über 100 Jahren einer größeren Reform unterzogen. Inkrafttreten wird das Gesetz allerdings erst am 01.01.2024.

Auch wenn die Übergangsphase noch sehr lang erscheint, bietet sie betroffenen Gesellschaften den zeitlichen Spielraum, Anpassungen vorzunehmen. Insofern ist der Faktor Zeit aktuell noch der beste Freund. Warum die ganze Thematik jetzt schon relevant ist, soll in diesem Beitrag beschrieben werden.

Grund für die Reform war unter anderem auch die recht späte Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Außen-GbR (BGH, II ZR 331/00) und die Anerkennung der Grundbuchfähigkeit der GbR im Jahre 2009 (BGH, V ZB 74/08), die das Gesetz vor 100 Jahren so noch nicht in die Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch integriert bzw. vorhergesehen bzw.  bedacht hatte. Andererseits wurde immer ein „Publizitätsdefizit“ bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts von manchen Stimmen zu Recht oder zu Unrecht bemängelt. Durch die Reform soll die Gesellschaft bürgerlichen Rechts zur Grundform rechtsfähiger Personengesellschaften werden, sie rückt aber auch näher an die Personenhandelsgesellschaften.

Was ändert sich?

Nun wird ausdrücklich im Gesetz zwischen rechtsfähiger und nicht rechtsfähiger GbR unterschieden. Auf das Gesamthandsprinzip (so noch bestehend bei der Erbengemeinschaft) soll künftig als grundlegende Änderung verzichtet werden. Weiterer wesentlicher Änderungsaspekt aus der Sicht der Praxis ist die nunmehrige Haftung der Gesellschafter unbeschränkt – direkt aus dem Gesetz. Eine entsprechende Anwendung von Regelungen aus dem HGB braucht es dann nicht mehr.

Durch das neue Gesellschaftsregister für die BGB-Gesellschaft besteht diesbezüglich ein Eintragungswahlrecht in Kombination mit Anreizen und teils einem mittelbaren Zwang zur Registrierung. Ein faktischer Zwang zur Eintragung besteht nun künftig dann, wenn eine GbR eingetragene Rechte erwerben will.

Außerdem wird von einer eingetragenen Gesellschaft im Rechtsverkehr mehr Vertrauen entgegengebracht und auch Finanzinstitute werden eine eingetragene Gesellschaft besser bewerten im „Score“ als eine nicht eingetragene Gesellschaft.

Sollten sich bestehende Gesellschaften deshalb eintragen lassen?

Bedacht werden muss dabei, dass durch die Eintragung Bindungswirkung eintritt und die BGB-Gesellschaft nur noch nach den allgemeinen Vorschriften gelöscht werden kann. Außerdem wird die GbR durch die Registereintragung zur rechtsfähigen GbR, die im Rechtsverkehr dann als solche auftritt. Folge aus der Registereintragung ist auch die Einbindung ins Transparenzregister. Dort gab unlängst Gesetzesänderungen, weil das Transparenzregister das neue Vollregister werden soll. Am 01. August 2021 trat zur Verschärfung von Meldepflichten insoweit das Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz (TraFinG) in Kraft, welches die Meldung der wirtschaftlich Berechtigten zum Transparenzregister für alle Gesellschaften verpflichtend machte – auch für Gesellschaften, für die bisher eine Meldung zum Transparenzregister nicht erforderlich war. Nach § 20 II GwG wird aktuell zu den Transparenzpflichten von bestimmten Rechtsträgern und Vereinigungen bestimmt, dass eine juristische Person des Privatrechts oder eine eingetragene Personengesellschaft, die nach § 20 I GwG  mitteilungspflichtig ist und die nicht im Handelsregister, Genossenschaftsregister, Partnerschaftsregister oder Vereinsregister eingetragen ist,  der registerführenden Stelle unverzüglich mitzuteilen ist, wenn sich ihre Bezeichnung oder ihr Sitz geändert hat,

  • sie verschmolzen worden ist,
  • sie aufgelöst worden ist oder
  • ihre Rechtsform geändert wurde.

Folglich gilt die Bestimmung nach § 20 II GwG nicht für (derzeit) nicht eingetragene BGB-Gesellschaften.

Folgen der Registereintragung

Ein Registereintragung verpflichtet die BGB-Gesellschaft dazu, Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten einzuholen und entsprechend zu übermitteln (§ 20 I GwG) . Verstöße gegen die Eintragungspflicht in das Transparenzregister sind bekanntlich bußgeldbewehrt. Jedenfalls wird die registrierte GbR in den Kreis der unmittelbar mitteilungspflichtigen Rechtsträger aufgenommen werden.

Wichtig für die Praxis ist zudem auch die zukünftige Regel im neuen § 720 BGB, der im (ungeachtet der Regelung des § 179 BGB) nicht unwichtigen GbR-Stellvertretungsrecht die Gesamt -Vertretungsbefugnis der GbR-Gesellschafter vorsieht.

Ein Registerauszug über eine Einzelvertretungsbefugnis eines Gesellschafters der BGB -Gesellschaft kann wiederum nur durch die eingetragene GbR vorgezeigt werden. Dadurch ergibt sich so allenfalls mittelbar im Rechtsverkehr nach aussen ein Motiv für eine künftige Eintragung.

Weitere Änderungen

Das Beschluss-Mängelrecht wird durch neues Gesetz auch geändert und nach dem Vorbild der Aktiengesellschaft angepasst, wonach es „anfechtbare Beschlüsse“ und „nichtige Beschlüsse“ gibt, wobei nur bestimmte gravierende Mängel zur Nichtigkeit des Beschlusses in diesem Bereich führen.

Zuvor hatte man eine Feststellungsklage (§ 256 ZPO) jahrzehntelang im Hinblick auf Beschlüsse der Gesellschafterversammlung als den Regelfall gehabt. Man konnte dabei die Rechtsfolge der Nichtigkeit durch Feststellungsklage richterlich feststellen lassen.

Oft gab es keine Befristungen diesbezüglich und es wurde auch nicht nach der Schwere eines Beschluss-Mangels tiefergehend differenziert. Ferner mussten kompliziert alle Gesellschafter in die forensische Auseinandersetzung einbezogen werden. Bei großen Gesellschafterkreisen war dies nicht einfach bzw. eine große Herausforderung, wegen allfälliger Adressen und Umzüge.

Nunmehr sind auch Klagen gegen die Gesellschaft von Gesetzes wegen möglich. Man muss allerdings dazu optieren. Bestehende Gesellschaftsverträge von GbR´s oder Partnerschaftsgesellschaften sollten durchaus darauf geprüft werden, ob die Anwendung des neuen Beschluss-Mängelrechts gewünscht oder gerade weiterhin vermieden werden soll. Regelungen in Satzungen von BGB-Gesellschaften, die gar eine Analogie zum GmbH-Recht betreffend der Beschlussmängel hergestellt haben, sollten auf jeden Fall zur Vermeidung von Missverständnissen neu formuliert werden.

Der große Wurf?

Ob das MoPeG nun der „ganz große Wurf“ ist, wird sich noch zeigen. Auffällig ist auf den ersten Blick die größere Transparenz, die hier eintreten soll, und der für Gesellschafter weniger wichtige Schutz des Rechtsverkehrs, also der Schutz von Dritten. Sicherlich wird in der einen oder anderen Hinsicht Handlungsbedarf bestehen. Anpassungen von GwG und BGB und Registerregelungen werden möglicherweise noch erfolgen. Richtig abschätzen lassen sich die Auswirkungen des MopeG noch nicht, auch nicht für den wirtschaftlich so bedeutenden Immobilienrechtsverkehr, da der Gesetzgeber sich in manchen Punkten entschieden hat, etwa bewusst  offen zu lassen und entsprechende Unklarheiten später durch die Rechtsprechung sowie über die Praxis klären zu lassen.

Auch lässt sich noch nicht abschließend bewerten, was man reinen Ehegatteninnengesellschaften, die jedoch mit der Einkunftserzielung beispielsweise aus Vermietung und Verpachtung nach außen im Rechtsverkehr auftreten, punkto der diversen Neuerungen anraten soll.

Allerdings ist die Übergangsphase bis zum 01.01.2024 noch recht lang und die bestehenden Gesellschaften können sich auf jeden Fall entsprechend darauf einstellen und gewisse Punkte in ihrer Satzung anpassen. Der Vorrang der GbR-Satzung vor gesetzlichen Regelungen ist jetzt noch deutlicher hervorgehoben als zuvor, was die Privatautonomie im Personen-Gesellschaftsrecht stärkt.


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