Deckel drauf: Reformiertes Fachkräfteeinwanderungsgesetz passiert Bundesrat

Ausländische Fachkräfte werden künftig leichter nach Deutschland kommen können. Nach dem Beschluss des Bundestages vom 21.6.2023 hat das Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung am 7.7.2023 auch den Bundesrat passiert. Was ändert sich?

Hintergrund

Deutschland kann den Arbeits- und Fachkräftebedarf schon seit Jahrzehnten nicht aus eigener Kraft bewältigen. Der deutsche Arbeitsmarkt ist auf Zuwanderung angewiesen, deshalb gibt es schon seit 1.3.2020 ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz (BGBl. 2019 I S. 1307). Dessen Defizite sollen mit der jetzigen Gesetzesnovelle behoben werden, über die schon früher im Blog berichtet habe.

Neues Drei-Säulen-System:

Fachkräftesäule: Die Fachkräftesäule bildet dabei das zentrale Element. Im Mittelpunkt steht der Fachkräftebegriff, der eine Gleichwertigkeit der ausländischen Berufsqualifikation verlangt. Zukünftig kann eine Fachkraft jede qualifizierte Beschäftigung ausüben. Das Gesetz senkt die bestehenden Gehaltsschwellen der Blauen Karte EU ab und erleichtert die Bedingungen für Berufsanfänger – ebenso die Regelungen zur Mobilität und zum Familiennachzug. Es setzt die erforderliche Voraufenthaltsdauer für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis für Inhaber einer Blauen Karte EU-, sowie für Fachkräfte und deren Familienangehörige herab. Ausländische Studierende erhalten erweiterte Nebenbeschäftigungsmöglichkeiten. Das Gesetz vereinfacht zudem den Wechsel zwischen Aufenthalten zu Bildungs- und zu Erwerbszwecken.

Erfahrungssäule: Die Einreise und die Aufnahme einer qualifizierten Beschäftigung ohne einen in Deutschland formal anerkannten Abschluss wird für alle Berufsgruppen geöffnet. Voraussetzung ist eine zweijährige einschlägige Berufserfahrung, ein Mindestgehalt sowie eine im Herkunftsland staatlich anerkannte mindestens zweijährige Ausbildung.

Potenzialsäule: Das Gesetz führt die sogenannte „Chancenkarte“ als neuen Aufenthaltstitel ein, der auf einem Punktesystem basiert und Arbeitskräften zur Arbeitsplatzsuche einen gesteuerten Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht. Dafür müssen Arbeitskräfte zunächst eine Vorqualifikation nachweisen und über deutsche Sprachkenntnisse auf dem Niveau A 2 oder englische Sprachkenntnisse auf dem Niveau B 2 verfügen. Das Potenzial für eine nachhaltige Arbeitsmarktintegration wird anhand festgelegter Kriterien wie u.a. Qualifikation, deutsche Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Deutschlandbezug ermittelt.

Ergänzende Verordnung der Bundesregierung

Der Bundesrat hat in der Plenarsitzung auch der Verordnung zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung zugestimmt, die das Gesetz ergänzt und umsetzt.

Ausblick

Angaben der Bundesregierung zufolge gab es Ende 2020 rund zwei Millionen offene Arbeitsstellen in Deutschland. Unternehmen – egal in welcher Branche – suchen händeringend Personal, können offene Stellen aber bislang häufig nicht besetzen – ein ausgesprochener Wachstumskiller. Zur Bedarfsdeckung wird es weiterhin den Versuch geben, in erster Linie inländische und innereuropäische Potenziale zu heben. Das wird aber nicht reichen, um den Fach- und Arbeitskräftebedarf in Deutschland zu sichern. Deswegen müssen auch drittstaatsangehörige Fachkräfte für eine Erwerbsmigration nach Deutschland gewonnen werden und ihnen hierzu ein rechtmäßiger Aufenthalt gewährt werden. Für diesen Weg öffnet das reformierte Gesetz jetzt die Tür: Allein die Einwanderung qualifizierter Drittstaatsangehöriger zum Zweck der Erwerbsmigration kann um jährlich 60.000 Personen erhöht werden. Für eine praxistaugliche Umsetzung müssen jetzt aber Verfahren gestrafft, Bürokratie abgebaut und Anwendungsspielräume genutzt werden.

Weitere Informationen:

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