Die „bösen Revisoren“ – Kritik am Bundesrechnungshof als schlechtes Beispiel für den Umgang mit Prüfern

Jüngst war zu lesen, Politiker auf Bundesebene mokierten sich über den Bundesrechnungshof, der mit seinen Berichten gerade auch schon in der Frühphase von Projekten Bedenken geltend macht. Kritisch geäußert hatte sich der Bundesrechnungshof im Hinblick auf Risiken aus der Reform des Euro-Rettungsfonds ESM und der Beibehaltung des Solidaritätszuschlags. Formal wird hier teils mit der Qualität der Berichte argumentiert. Dabei drängt sich sofort die Frage auf, ob es sich um „Hilfsargumente“ handelt, um die „Revisoren“ zum Schweigen zu bringen und selbst freie Hand bei Entscheidungen zu haben?

Prüfer bzw. Revisoren im weiten Sinne sind nicht immer beliebt. Eine ihrer wichtigsten Aufgaben ist, Mängel und Risiken aufzudecken. Das gilt grundsätzlich unabhängig davon, ob es sich etwa

  • um Abschlussprüfer handelt, die für einen Abschluss feststellen sollen, ob er frei von wesentlichen Mängeln ist,
  • um die interne Revision handelt, die u.a. die Einhaltung der im Unternehmen geltenden Regelungen und Prozesse analysiert oder
  • um einen Rechnungshof handelt, der die Haushalts- und Wirtschaftsführung prüft und die Einhaltung der Spielregeln im öffentlichen Bereich im Auge haben muss. Im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgaben unterstützt etwa der Bundesrechnungshof den Deutschen Bundestag, den Bundesrat und die Bundesregierung bei ihren Entscheidungen (§ 1 BRHG).

Vor dem Hintergrund, dass die Vermeidung von Fehlern und Risiken besser ist, als im nachhinein Fehler festzustellen oder die Folgen der verwirklichten Risiken händeln zu müssen, ist es gute Praxis und dringend zu empfehlen, den Prüfer bzw. Revisor frühzeitig zu hören.

So empfiehlt es sich, bei komplexen Transaktionen die bilanziellen Folgen mit dem Abschlussprüfer  zu erörtern, bevor die Transaktionen realisiert werden. Das erspart beiden Seiten, Mandant und Prüfer, später unangenehme Diskussionen. Wenn der Prüfer frühzeitig signalisieren kann, dass die Vorstellungen nicht wie gewünscht umsetzbar erscheinen, kann man die Transaktion umgestalten oder vielleicht auch ganz sein lassen.

In der Praxis der internen Revision hat es sich nicht erst heute eingebürgert, die Revisoren frühzeitig in wesentliche Projekte einzubinden, um Probleme schon während der Projektierungsphase zu erkennen. Das erspart die spätere Feststellung von Mängeln nach der Implementierung und Reparatur etwa von mangelhaften Prozessen. Insoweit kann man die Revision auch als Inhouse-Consultant verstehen. Bei manchen Großprojekten, wie etwa dem Bayer-Monsanto-Deal, fragt man sich bei Betrachtung von außen, ob im Vorfeld der Analyse der Risiken ausreichendes Gewicht gegeben wurde oder festgestellte Risiken im Rahmen „strategischer Entscheidungen“ geschäftspolitisch gering gewichtet wurden.

Bundes- und Landesrechnungshöfe werden nicht selten gefürchtet, weil sie u.a. durchgeführte Transaktionen im Nachhinein auf Regelkonformität und Wirtschaftlichkeit prüfen. Die Entscheidungsfreiheit der Exekutive kann dadurch faktisch eingeschränkt werden. Aufgedeckte Mängel können etwa die Grundlage für ggf. künftig regelkonformes bzw. wirtschaftliches Verwaltungshandeln sein.

Damit der Bundesrechnungshof seiner Aufgabe zur Entscheidungsunterstützung von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung nachkommen kann, ist es unvermeidlich, sich vor Entscheidungen Gehör zu verschaffen. Dabei kann es dann nicht verwundern, wenn die Konsequenzen ideologisierter oder politisch motivierter Entscheidungen frühzeitig adressiert werden. Dass verschafft den Entscheidungsträgern Klarheit über die Folgen ihres Handelns.

Fraglich ist, ob Entscheidungsträger immer wissen wollen oder zumindest vorab nachweislich ausgesprochen haben wollen, was die Folgen von Entscheidungen sein werden oder sein können. Die vom Rechnungshof adressierten Risiken aus Reformvorschlägen für den ESM und aus der kaum mehr abstreitbaren Verfassungswidrigkeit einer (teilweisen) Beibehaltung des Solidaritätszuschlags sind offensichtlich und bereits vielfach sachverständig vorgebracht worden. Warum sich hier politische Akteure aufregen, lässt sich wohl nur damit erklären, dass der Äußerung des Rechnungshofs besonderes Gewicht beigemessen wird. Umso mehr sei dem Bundesrechnungshof der Rücken gestärkt bei der Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgabe, den verantwortlichen Entscheidungsträgern die Folgen ihres Handelns oder Nichthandelns transparent und mit Gewicht vorzutragen.

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