Die Erbschaftsteuer im Visier: Ist eine Erhöhung sinnvoll?

Die Diskussion um die Erbschaftsteuer gewinnt in den Tagen des Wahlkampfes deutlich an Fahrt. Insbesondere die Bundestagsfraktionen von SPD und die Linke fordern, diese zu erhöhen. Rückenwind bekommen Sie dabei nunmehr von recht ungewöhnlicher Seite.

Hintergrund

Gerade in Zeiten des Wahlkampfes steht die Diskussion um eine Veränderung der steuerlichen Koordinaten in unserem Land fast immer hoch im Kurs. Neben den großen Einnahmequellen, wie Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, geraten auch andere Steuern während dieser Zeiten in das Visier der kämpfenden Parteien. So etwa die Erbschaftsteuer. Beispielsweise fordert die SPD, dass eine Abschaffung der Überprivilisierung großer Betriebsvermögen mit einer effektiven Mindestbesteuerung zu erfolgen habe. Allgemeingültig konstatiert sie in ihrem Zukunftsprogramm, dass die Erbschaftsteuer „reformbedürftig“ sei. Die Bundestagsfraktion die Linke findet noch deutlichere Worte. Da gerade die Superreichen „ihr Millionenvermögen in Unternehmensanteilen steuerfrei vererben oder verschenken“ können, wollen sie dafür sorgen, „dass die Steuerschlupflöcher geschlossen werden. Zu dem Zweck sollen die heute existierenden Privilegien für Betriebsvermögen bei Erbschaften und Schenkungen entfallen.“ Und weiter liest man: „Wir werden die Erbschaftsteuer auf hohe Erbschaften erhöhen.“ Man rechnet hier mit Mehreinnahmen im Jahr i.H.v. 8 bis 10 Milliarden Euro.

Rückenwind von ungewöhnlicher Seite

Unterstützung erhalten diese Forderungen nunmehr von einer Stimme, der man eine solche eher nicht zugetraut hätte. Der Chef des Allianz-Konzerns Oliver Bäte positionierte sich in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung in der vergangenen Woche sehr deutlich und stellte fest: „Es geht nicht mehr gerecht zu“. Reichtum komme nach seiner Überzeugung heute nicht mehr durch Einkommen, sondern durch Erbschaften zustande. Das Plädoyer daher: „Die Erbschaftsteuer muss steigen.“

OECD: Forderung nach höherer Erbschaftsteuer – nicht nur in Deutschland

Eine neue Studie der OECD, welche kürzlich Anfang Juli veröffentlicht wurde, stützt diese These. Sie zeigt, dass im Vergleich zu anderen OECD-Ländern Deutschland eine starke Vermögenskonzentration aufweist. So besitzt das reichste Zehntel der Bevölkerung circa 60 Prozent des gesamten Vermögens. Und ferner: Das reichste Prozent vereint noch über 20 Prozent des gesamtgesellschaftlichen Reichtums auf sich und vererbt dieses am Ende seines Lebens an die privilegierten Nachkommen. Die OECD empfiehlt aus diesem Grunde nicht nur Deutschland, sondern auch ihren anderen Mitgliedstaaten eine Anhebung der Erbschaftsteuer. Gerade die Erbschaftsteuer, die auf eine relativ hohe Vermögensübertragung abzielt, könnte ein geeignetes Instrument sein, „um die Chancengleichheit zu erhöhen und die Vermögenskonzentration zu verringern“.

Erbschaftsteueranhebung – ein zweischneidiges Schwert

Ob eine Anhebung der Erbschaftsteuer der richtige Weg ist, um Chancengleichheit in Deutschland zu erhöhen und die Konzentration von Vermögen zu verringern, sollte hinterfragt werden. Ohne Zweifel könnte eine höhere Erbschaftsteuer mehr Einnahmen generieren und auch für „etwas mehr“ Gerechtigkeit sorgen, da jährlich in Deutschland bis zu 400 Mrd. Euro vererbt oder anderweitig vermacht werden. Insgesamt macht die Erbschaftsteuer hingegen lediglich 0,52 Prozent des gesamten Steueraufkommens aus, wie die Studie der OECD ebenfalls zeigt. Gleichzeitig sind es gerade die Betriebsvermögen, die dafür sorgen, dass Arbeitsplätze gesichert und Löhne und Gehälter gezahlt werden können. Dass eine Reformierung des Steuersystems an vielen Stellen sinnvoll wäre und der oftmals existierende Flickenteppich mit einer groß angelegten Neuauslotung der steuerlichen Koordinaten angegangen werden könnte, steht sicherlich außer Frage. Eine singuläre Maßnahme, wie die Erhöhung der Erbschaftsteuer, dürfte hingegen wenig bewirken.


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