DSGVO – Neues aus Klingel-Schilda?

Lautes Rauschen im Blätterwald. Ein Fall aus Österreich ist zum Aufreger geworden: Die Hausverwaltung „Wiener Wohnen“ hatte anscheinend nach der Beschwerde eines Mieters beschlossen, bis zum Jahresende alle Namen an den Klingelschildern an 220.000 Wohnungen zu entfernen. Offenbar erhielt die Verwaltung von der für Datenschutzangelegenheiten der Stadt zuständigen Magistratsabteilung die Einschätzung, dass die Verbindung von Nachname und Wohnungsnummer gegen die DSGVO verstoße (s. bild.de und faz.net).

Der Verband Haus und Grund Deutschland griff das auf, hat das aber gleich wieder berichtigt, weil die Bundesdatenschutzbeauftragte gleich klargestellt hat, dass das kein Problem ist
(s. https://www.bfdi.bund.de/DE/Home/Kurzmeldungen/Klingelschilder.html).

Es besteht also für Vermieter und Hausverwaltungen kein Grund zur Panik!

Ganz klar war mir das sowieso nicht. Es hätte – wenn überhaupt – nur darum gehen können, ob der Vermieter berechtigt ist, die Klingelschilder für die Mieter anzubringen.

Man hätte zwar darüber nachdenken können, ob darin vielleicht eine „Datenverarbeitung“ nach Art 4. Ziff. 2 DSGVO vorliegen könnte, weil auch der gute alte Karteikasten eine „Datenverarbeitung“ sein kann, weil darin eine „Verarbeitung in einem Dateisystem“ liegt (Art. 2. Abs. 1 DSGVO). Aber ein Klingelschild ist kein Dateisystem.

Und selbst wenn: M.E. kann sich der Vermieter jedenfalls auf verschiedene Rechtsgrundlagen stützten. Die Vertragserfüllung (Art. 6 Abs. 1 lit b DSGVO) und die Wahrung berechtigter Interessen (Art. 6 Abs. 1 lit f). M.E. lässt sich vertreten, dass die Anbringung des Klingelschildes durch den Vermieter zur Vertragserfüllung gehört. Der Mieter dürfte das vom Vermieter auch erwarten – es sei denn, es handelt sich um  handziselierte Platin-Schilder mit Diamant-Einsätzen zu 1.000,- € das Stück, die er bezahlen soll. Darüber hinaus muss der Vermieter in der Lage sein, dem Mieter Briefe zustellen zu können. Gerade im Wohnraummietrecht müssen sehr viele Erklärungen dem Mieter nach wie schriftlich – also per unterschriebenen Brief im Original – zugehen. Daher meine ich, dass jedenfalls dies als Rechtsgrundlage ausreicht.

Allerdings sollte auch dieser Fall jedem Vermieter und jeder Hausverwaltung Anlass geben, die DSGVO ernst zu nehmen und die betrieblichen Prozesse auf Verarbeitungsvorgänge hin zu untersuchen, sich Gedanken zu machen und vor allem die Entscheidungen zu dokumentieren. Wenn die Behörde sieht, dass das Problem erkannt und eine begründete Entscheidung getroffen wurde, etwas so oder so zu machen, hilft das auf jeden Fall. Im besten Fall gibt es einen Hinweis, das zu ändern und im schlimmsten Fall, falls ein Bußgeld droht, dürfte das zumindest die Höhe beeinflussen.

In der Praxis dürfte es sowieso weniger nach Mackie Messer, sondern nach dem hessischen Datenschutzbeauftragter Michael Ronellenfitsch gehen: Also nicht „…und der Haifisch, der hat Zähne…“, sondern eher dürfte gelten: „Wir haben Zähne bekommen, sind aber nicht bissig geworden“ (s. https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/dsgvo-und-die-folgen-die-grosse-datenschutzpanik/22585960.html).

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